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"Danke." waren die letzten Worte von dem schnöseligen Brillenträger.

Es war keine ernst gemeinte Bedankung. Eher aus reiner Höflichkeit.

Nathans Freunde waren nicht nur die seltsamsten Menschen die ich jemals kennen gelernt hatte, sie konnten mich auch absolut nicht ausstehen. Allerdings beruhte das auf Gegenseitigkeit.

Mein Bruder hatte unsere Verspätung selbstverständlich auf mich geschoben und tatsächlich war sein Theater, bevor wir losgefahren waren, gar nicht so unbegründet.

Die Jungs hatten uns mit ihren Blicken umgebracht, als wir beim vereinbarten Treffpunkt erschienen waren. Die kompletten drei Stunden hatten sie mich wütend angesehen und nur das nötigste mit mir gesprochen.

Sie hatten mir für ihren Versuch einige Fragen gestellt und mein Gesicht haargenau, mit einem Bild von meinem dreizehn jährigen-Ich, verglichen. Ich glaubte es war nicht viel dabei rausgekommen und sie wollten es bloß nicht zugeben.

Ich nickte ihnen zum Abschied unfreundlich zu und verließ dann eilig den miefenden Raum.

Wir hatten uns in Nathans Schule getroffen. Einer seiner Freunde hatte sich einen Raum für den Versuch erbetteln können.

Ich und mein Bruder stiegen die Treppen des alten Hauses nach unten und verließen das Gebäude. Die frische Luft tat gut.

Ich hatte die fünf gefragt ob ich eines der Fenster in dem Raum aufmachen könnte. Sie hatten kreischend abgelehnt, als wäre ich vollkommen durchgedreht.

Ich ließ mich wieder hinter das Lenkrad fallen und mein Bruder neben mich. Ich stöhnte auf.

"Gib mir mein Geld." forderte ich und streckte die Hand aus. Nathan brummte unzufrieden, zog aber einen 50 Dollar Schein aus seiner Hosentasche und legte ihn in meine Hand. Ich entfaltete ihn und hielt ihn gegen das Licht. Ich wusste das er echt war, aber nach diesen drei Stunden musste ich auf Nummer sicher gehen.

"Ich hoffe, das ich und deine Freunde uns nie wieder sehen." murmelte ich und drehte den Schlüssel herum. Der Motor brummte leise vor sich hin.

"Das hoffe ich auch." seufzte mein Bruder neben mir.

-

Es war 4 Uhr Nachmittags als wir zu Hause ankamen.

Ich ging ohne Umwege direkt in mein Zimmer und warf die Tür hinter mir zu. Die Ruhe tat unglaublich gut. Ich setzte mich auf mein Bett und rieb mir über die Stirn.

Die Tests hatten mich tatsächlich müde gemacht doch ich verspürte nicht die geringste Lust, mich jetzt schlafen zu legen.

Draußen hatte es angefangen zu nieseln als wir auf der Autobahn waren. Der Regen wurde langsam stärker aber ich hatte absolut nichts dagegen einzuwenden. Ich liebte das Geräusch der Tropfen, die auf meiner Fensterbank aufschlugen. Regen war ein schönes Wetter. Und man fühlte sich nicht verpflichtet etwas Produktives zu tun.

Ich zog mein Handy aus meiner Hosentasche. Eine neue Nachricht von Piper. Ein Bild von Kyle und Riley. Sie küssten sich.

'Was ist nur los mit ihnen?' stand darunter.

Ich verdrehte die Augen und schloss die Nachricht ohne etwas darauf zu antworten. Piper ging mir auf die Nerven mit ihrem ständigen rumgenörgel über die beiden.

Sie war eifersüchtig auf ihre Liebe. Das wusste sie genauso gut, wie jeder andere. Sie wollte es bloß nicht zugeben. Dafür war sie viel zu stolz.

Ich hatte das Gefühl, Kyle anrufen zu müssen. Wir hatten ewig nicht mehr miteinander gesprochen. Bei 'K' in meinen Kontakten fand ich seinen Namen. Ich drückte darauf ohne zu zögern. Das regelmäßige Geräusch des Wartens, traf auf mein Ohr.

Ich ließ mich zurück fallen. Mein Rücken berührte die weiche Matratze und ich schloss kurz die Augen um das weiche Polster zu genießen. Ich kaute auf meiner Lippe herum, während ich auf Kyles vertraute Stimme wartete. Ich hatte ihm so wahnsinnig viel zu erzählen.

Über dich und unser Abenteuer. Und über Nathans seltsame Freunde. Ich freute mich schon, mit ihm über sie zu lästern und mit ihm zu lachen.

Doch leider wurde ich enttäuscht. Die Mailbox meldete sich. Ich wartete geduldig bis die Frau ihren Text gesagt hatte und das Aufnahmesignal der Mailbox erklang.

"Hey Kyle." meine Stimme klang ungewöhnlich hoch und leise. Schnell räusperte ich mich. "Ich wollte mich nur mal melden. Wir haben lange nicht mehr miteinander geredet, also ruf mich an wenn du das abhörst." Ich drückte auf den roten Hörer auf meinem Display und seufzte.

Mein Handy fiel aus meiner Hand auf die weiche Matratze. Ich starrte eine Weile an die Decke, bis meine Augen sich mit Tränen füllten. Ich hatte das blinzeln vergessen.

Um nicht weiter über Dinge nachzudenken an die ich nicht erinnert werden wollte, stand ich auf und setzte mich vor das Bild dass ich letztes Mal angefangen hatte zu zeichnen. Es zeigte einen Jungen mit braunen Haaren und blauen Augen.

Just for a Moment || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt