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"Du glaubst nicht was ich heute gesehen habe." kreischte Piper schon fast in ihr Handy.

Es war Mittwoch, nach der Schule. Piper hatte mich angerufen. Ich war gerade dabei zu zeichnen da riss mich mein schrecklicher Klingelton aus meiner kreativen Phase.

"Was denn?" fragte ich genervt. Ich hatte keine Lust mit ihr oder irgendjemand anderem zu sprechen. Diese Kraft konnte ich heute einfach nicht aufbringen. Mittlerweile lag ich auf meinem Bett und versuchte nicht einzuschlafen. "Riley und Kyle. Sie waren im Park. Und haben sich geküsst."

Ich seufzte. Piper war schon die ganze Woche so aufgeregt weil Riley und Kyle beim Mittagessen nicht mehr an unserem Tisch saßen und sich auch sonst nicht mehr blicken ließen.

Kyle hatte mir vor einiger Zeit einmal anvertraut das er ziemlich auf Riley abfuhr aber ich hatte gedacht das sich das mit der Zeit erledigt hatte. Doch anscheinend nicht. Es war kein Problem für mich. Warum sollte es das? Piper sah das jedoch anders.

"Das ist absolut abartig. Als wir uns am Sonntag getroffen haben war doch noch alles normal." Sie tat als sei ich dabei gewesen. Aber das war ich nicht.

Ich war nicht aufgetaucht weil ich nach dem nächtlichen Ausflug mit dir, den ganzen Tag verschlafen hatte. Montag morgen um halb 2 bin ich dann aufgewacht und war hellwach.

"Ich meine wir sind doch alle Freunde. Mehr als das. Das ist als...als" sie suchte verzweifelt nach den richtigen Worten.

Ich stellte sie mir vor wie sie durch ihr Zimmer tigerte. Ihr Kopf war rot vor Aufregung und ihre Haare zottelig. Sie gestikulierte mit ihrer freien Hand beim sprechen als könnte ich sie sehen.

"als würde sie mit ihrem Bruder rum machen. Das ist eklig. Oder machst du etwa mit Nathan rum?" Ihre Stimme war hoch und laut. Unerträglich für meine Ohren.

"Bist du bescheuert?" antwortete ich ihr auf diese absolut unangebrachte Frage.

"Siehst du. Ich hab sie natürlich gleich zur Rede gestellt. Und stell dir vor: Riley hat mir unterstellt ich wäre eifersüchtig. Dieses Miststück. Sie redet jetzt auch nicht mehr mit mir weil ich ja angeblich die Idiotin bin." Nun wurde ich hellhörig.

"Du hast Riley und Kyle gesagt das du ihre Beziehung ekelhaft findest?"

"Ja. Tu nicht so überrascht. Du bist doch auch dieser Meinung." Ich seufzte und fuhr mir genervt übers Gesicht.

"Oh Gott Piper."

-

"Seid wann holst du mich vom Bus ab?" fragte ich misstrauisch.

Ich hatte meine beste Freundin schon durch das Busfenster, an der Haltestelle vor der Schule, stehen sehen. Das kam noch nie vor.

"Seid heute." strahlte sie mich an.

Ihr Verhalten bereitete mir ein mulmiges Gefühl im Magen. Piper war nicht der Typ für solche Aktionen. Das konnte nichts gutes heißen. Wir liefen den Weg zur Schule entlang.

Ich konnte nicht verhindern mir weiter den Kopf über sie zu zerbrechen. Ich vermutete es hatte etwas mit Riley und Kyle zu tun. Doch ich hatte keine Lust sie darauf anzusprechen. Wenn sie etwas zu sagen hatte dann sollte sie das tun.

Allerdings hatte Piper an diesem Tag anscheinend gar nichts zu sagen, denn sie lief stumm neben mir her. Ich genoss es einfach.

Gespräche waren noch nie mein Ding.

Mein Kopf tat schon seid ich aufgewacht war höllisch weh und mein Mund war staub trocken. Meine Beine fühlten sich schwer an als wollten sie mich daran hindern wollen, die Hölle zu betreten.

Piper seufzte. Ich sah zu ihr rüber. Ihr Blick war auf den Weg vor uns gerichtet, ihre Augen zusammen gekniffen. Ich ließ den Kopf in den Nacken fallen und atmete die kühle Luft genüsslich ein. Dann sah ich wieder zu ihr.

"Ist etwas?" wollte ich wissen. Meine Stimme klang, wie ich sie klingen lassen wollte. Genervt. Piper schnaubte. "Nein." Ihre Stimme klang verächtlich und ihre Antwort war offensichtlich gelogen. Jedoch hatte ich keine Lust mich auf ihre Spielchen einzulassen.

Wir betraten das Gebäude. Eine unerträgliche Hitze schlug uns entgegen.

Wir schlängelten uns an den Schülern die dort standen vorbei, bis zur Treppe. Unser Klassenraum war oben und unsere erste Stunde heute Französisch.

Wir stiegen die ersten Stufen nach oben als Piper ihr Schweigen brach.

"Ich meine was sollte auch los sein? Es ist alles in bester Ordnung." Ich war verwirrt und wusste gleichzeitig, das es das noch nicht war. Und ich hatte Recht. "Wenn man davon absieht das unsere besten Freunde es miteinander treiben natürlich." ich verdrehte die Augen.

Wir erreichten den 2. Stock. Ich hatte gewusst das es um die beiden ging. Wir bogen um die Ecke in unseren Gang.

Der Flur war bereits leer doch die Türen zu den Klassenräumen standen offen. Aus jedem von ihnen drangen laute Stimmen die durcheinander redeten. Unser Raum war die letzte Tür der rechten Seite.

"Wie können sie nur so etwas tun." murmelte das schlecht gelaunte Mädchen neben mir. Wir betraten den Klassenraum. Ich eilte auf meinen Platz in der letzten Reihe.

Meinen Rucksack, ließ ich achtlos auf den Boden fallen und setzte mich danach auf meinen Stuhl. Die Lautstärke war unerträglich. Ich fuhr mir übers Gesicht.

Einige meiner Mitschüler begrüßten mich und ich versuchte mir so etwas wie ein Lächeln auf mein Gesicht zu zaubern. Es gelang mir kein Stück.

Der Stuhl neben mir war noch frei. Kyle fehlte. Ich holte meine Wasserflasche aus meinem Rucksack und trank ein paar Schlucke daraus. Die kühle Flüssigkeit tat gut und löste das brennen in meinem Hals. Auch die Kopfschmerzen ließen einen Moment nach. Doch nicht lange.

Ich schraubte die Flasche wieder zu und stellte sie auf den Tisch vor mich. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir das es jeden Moment klingeln würde. Meine Augen wanderten weiter runter und erkannten Kyle und Riley die gerade durch die Tür kamen.

Ihre Hände waren ineinander verschränkt und ein Lächeln lag auf den Gesichtern der beiden. Mein Blick schweifte zu Piper. Sie sah mich ebenfalls an und steckte sich anschließend ihren Finger in den Hals.

Ich schüttelte nur den Kopf. Kyle ließ sich neben mich fallen. Er starrte gerade aus.

"Hey." begrüßte ich ihn knapp aber freundlich. So taten wir es immer. Doch heute nicht.

Kyle würdigte mich nicht mal eines Blickes. Er packte seinen Block aus, ohne mir zu antworten. Ich dachte mir nicht viel dabei. Ich dachte Kyle wäre erwachsen genug, um sein Verhalten mit sich selber auszumachen. Der schrille Ton der Klingel tat höllisch in den Ohren weh als er ertönte. Mein Tag war gelaufen.

Just for a Moment || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt