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Ich fuhr auf den Parkplatz des Evergreen Head Hostpitals. Es war schon relativ spät und trotzdem standen nicht viele Autos dort. Ich stieg aus dem Auto und schloss es ab. Ich spazierte den kurzen Weg bis in das Krankenhaus. Es war mittlerweile Routine für mich Mum jeden Woche mindestens zwei Mal zu besuchen.

Die junge Frau am Empfang lächelte mir freundlich zu und zeigte auf den Aufzug am Ende des Westflügels. Ich nickte dankend und ging darauf zu. Ich kannte sie mittlerweile. Sie saß vier Mal die Woche auf dem grünen Stuhl hinter einer Scheibe. Der Raum in dem sie sich befand war klein und unordentlich. Tausende von gefüllten Ordnern und riesige Stapel an Papieren lagen unordentlich hinter ihrem Rücken. Sie lächelte immer. Ich mochte sie. Sie war immer nett zu mir gewesen.

Der Gang war lang. Ich war ihn schon zu oft entlang gelaufen. Es langweilte mich. Ich drückte auf den Knopf neben den geschlossenen Fahrstuhltüren. Ein roter Pfeil leuchtete auf. Ich fuhr mir über die Stirn. Jedes Mal wenn ich hier war bereitete der Geruch mir Kopfschmerzen.

Die Türen öffneten sich und ich trat in den silbernen kleinen Raum. Ein großer Spiegel war an einer der Wände befestigt. Ich drückte auf den Knopf mit der 4 drauf und die Türen schlossen sich einen Moment später wieder. Ich sah mir durch den Spiegel selbst beim warten zu. Mein Gesicht sah furchtbar eigefallen aus. In meinen Augen stand nichts. Keine Emotion. Die brauchte ich an diesem Ort nicht.

Der Raum in dem Mum lag war klein. Zwei Betten standen darin. In dem einen lag Mum und das andere war zurzeit unbenutzt. Wie immer wenn ich dort war setzte ich mich auf die breite Fensterbank genau neben Mums Bett. Sie hatte sie Augen wie immer friedlich geschlossen und atmete ruhig. Ein kleiner Plastikschlauch lag unter ihrer Nase und das regelmäßige piepen welches ihren Herzschlag bekannt gab, war das einzige was zu hören war.

Die Ärzte sagten ihr ginge es sehr gut und sie würde bald wieder aufwachen. Dad konnte das nicht glauben und traute sich nicht sie zu besuchen. Er vertraute niemandem mehr. Erst Recht keinem Arzt.

"Hey Mum. Wie geht's dir?" natürlich wusste ich das sie nicht antworten würde aber es gehörte zu meiner Routine. Es war immer das gleiche. Ich erzählte erst von mir. Egoistisch ich weiß.

"Die Woche war schrecklich. Zu viele Menschen die ich nicht ausstehen kann. Aber ich hab es überlebt." Ich seufzte und dachte zurück an die Zeiten an denen ich mir von zu vielen Menschen nicht den Tag vermiesen gelassen hatte. Ich glaubte mich erinnern zu können so etwas wie gute Laune verspürt zu haben.

"Piper hat gestern ihren Geburtstag gefeiert. Ich komme gerade von ihr." Meine Stimme klang schwach. Ich hatte das Gefühl gegen eine Wand zu reden. Mum hörte mich nicht. Und selbst wenn sie es täte, würden sie meine Erzählungen nicht interessieren. Sie konnte Piper nicht leiden. Eigentlich konnte sie überhaupt niemanden leiden außer Nathan. Er war schon immer das Wunschkind. Und ich war der Sohn, der sich unerwünschter Weise, mit ihrem Liebling eine Gebärmutter geteilt hatte. Ich überlegte was ich noch erzählen könnte. "Dad's Arbeit läuft gut aber er kann sich nicht richtig konzentrieren seid du weg bist. Und Nathan ist eben Nathan." Immer das gleiche.

Ich sah einige Minuten schweigend aus dem Fenster. Gedanken schwirrten in meinem Kopf herum die sich nicht einsortieren ließen. Ich beobachtete einen Mann im Rollstuhl. Er wurde von einer Krankenschwester über den Parkplatz geschoben. Obwohl er weit weg war erkannte ich seinen ausdrucksloses Gesicht. Er hatte sein Leben gelebt und das wusste er. Ich konnte es genau erkennen. Seine trübe Miene und die eingefallene Haltung gaben es bekannt. Er schrie es förmlich jedem entgegen der ihn ansah. 'Ich möchte sterben!' Es machte mich traurig. Er wurde zum Eingang geschoben und die beiden verschwanden im Krankenhaus.

"Ich hab Dad's Auto kaputt gemacht. Also eigentlich nicht ich sondern irgendjemand anderes. Aber ich weiß nicht wer." Dad würde es nicht kümmern. Er benutzte das Auto nicht. Es würde ihm nicht einmal auffallen. Und selbst wenn dann wäre er nicht böse. Es machte ihm nichts mehr aus. Das Leben machte ihm nichts mehr aus.

"Wärst du wach würdest du vermutlich ausrasten." Ich musste lächeln obwohl es in keinster Weise lustig war. Mum konnte so wahnsinnig wütend werden. Als Kind hatte ich mich immer unter der Treppe versteckt wenn sie sauer auf mich war. Ich hatte eine riesen Angst vor ihr.

"Tut mir leid Mum." Mein Handy klingelte in meiner Jackentasche. Ich holte es heraus und las deinen Namen auf dem Display. Ich wunderte mich doch nahm ab.

"Hallo?" meldete ich mich."Hallo Manhattan. Ich sterbe vor Langeweile. Was machst du heute?" Ich war überfordert und hoffte du hattest meinen Namen mit Absicht falsch genannt. Ich hatte vergessen wie weich deine Stimme klang.

"Ich weiß nicht. Nichts?" antwortete ich."Perfekt ich auch nicht. Wir müssen etwas gegen dieses Unproduktive Verhalten zweier Teenager unternehmen." säuseltest du. Ich runzelte die Stirn und sah aus dem Fenster. "Müssen wir das?" "Ja. Was wollen wir machen?" Ich zuckte mit den Schultern auch wenn du mich nicht sehen konntest. Doch es schien auch nicht so als hättest du eine Antwort hören wollen. "Gehen wir einfach etwas essen. Ich hab Todeshunger. Kannst du mich abholen? Ich bin an meiner Schule." Ich sah zu meiner Mum. Sie lag unbewegt im Bett. Auch mein Magen machte sich bemerkbar. Ich hatte seid dem Jogurt nichts mehr gegessen. Piper hatte sich bei der Planung ihrer Party ausschließlich auf Getränke spezialisiert. "Okay." lenkte ich also ein. "Ich bin in einer Viertelstunde da." Du verabschiedetest dich und wir legten auf. Ich ließ mein Handy wieder in meiner Jackentasche verschwinden.

"Das war ein bekannter." berichtete ich meiner Mum. Ich hatte das Gefühl mich vor ihr rechtfertigen zu müssen. "Er scheint ganz okay zu sein. Und er scheint mich als seinen Freund zu sehen. Ich glaube du würdest ihn mögen." Lüge. Sie würde dich hassen.

"Ich treffe mich gleich mit ihm." Ich stand auf und ging zur Tür. "Tschüss Mum." verabschiedete ich mich. Mein Herz klopfte schnell aus Angst das sie mich hören konnte. Und das sie wusste das ich gehen würde. Schnell schob ich den Gedanken bei Seite und verließ eilig den Raum.

Just for a Moment || boyxboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt