Kapitel 7

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Der Hoodie gehörte doch nicht mir...

Ich zog ihn mir schnell über und lief aus dem Badezimmer. "Mein Hoodie steht dir gut. Auch wenn es für dich eher ein Kleid ist", hörte ich die Stimme von Alex, der auf dem Sofa saß. "Warum gibst du mir deinen Pulli?", fragte ich ihn verwirrt. "Ich wollte halt wissen, wie viel zu groß er dir ist. Freiwillig hättest du ihn doch eh nicht angezogen", antwortete er auf meine Frage. Das stimmte wohl. Doch nun merkte ich, wie sehr das Kleidungsstück nach ihm roch. "Dann kann ich ihn ja auch direkt anlassen oder? Ich bin jetzt echt zu faul mich umzuziehen.", redete ich mich raus. Er nickte nur zustimmend und ich grinste zufrieden in mich hinein.

Später, nachdem auch Ruby geduscht hatte, setzten wir uns alle auf das Sofa und stellten den Alkohol und die Becher auf den kleinen Beistelltisch. Plötzlich guckte mich meine beste Freundin komisch an. "Alles ok Ruby?", fragte ich. "Ist das etwa Alex' Hoodie?? Omg, Manu! Ich habs doch gesagt, du schuldest mir 5€!", kreischte sie begeistert. "Hä? Sie hat doch nur meinen Hoodie an, weil ich wissen wollte wie viel zu groß er ihr ist. Was ist daran jetzt so toll?", meldete sich Alex zu Wort. "Oh, na dann. Aber warte ab Schatz, irgendwann passiert es noch", zwinkerte sie. Was zur Hölle meinte sie damit?! Ich blickte verwirrt zu Alex, der mich nur genauso ratlos ansah.

"Egal, lasst uns über was anderes reden. Wie wärs mit Wahrheit oder Pflicht?", schlug Manu vor und reichte jedem von uns einen Becher Vodka-Cola. Danach machte er Musik an. Alle stimmten zu und so kam es, dass Manu anfing sich jemanden auszusuchen. "Alex, Wahrheit oder Pflicht?" Er nahm Pflicht.

Ein paar Sekunden später stand Alex in Boxershorts an der Tür und blickte auf die schneebedeckte Fläche draußen. "Machst du es heute noch?", drängte ihn seine kleine Schwester. Er atmete einmal tief ein und stürmte dann raus. Nachdem er sich in den Schnee gelegt hatte und wir runtergezählt hatten, sprank er auf und rannte wieder in die Hütte. Er zitterte. "Ooch ist dem armen, kleinen Alex etwa kalt?", neckte Manu ihn. "Ach was, nein", wehrte er sich halb überzeugend und zog seine Hose und Oberteil wieder an.

Ein paar Runden später waren wir alle schon ziemlich witzig drauf. Es waren noch viele lustige Dinge passiert. Zum Beispiel musste Ruby mit Klamotten duschen, ich musste ein Glas Öl trinken und andere Sachen.

Wir entschieden uns dazu "Ich hab noch nie" zu spielen. Ich fing also an. "Ich hab noch nie geklaut" Alle tranken. Dann war Manu an der Reihe. "Ich hab noch nie gekifft" Manu und Alex tranken. Ruby und ich wollten es mal ausprobieren, jedoch hatten wir keine Ahnung, woher wir Gras bekommen konnten und Alex wollten wir auch nie fragen. "Ich bin keine Jungfrau mehr", meinte Alex plötzlich. Alex, Manu und ich tranken. Normalerweise hätte ich nicht getrunken, doch ich war schon echt gutdrauf und so war ich ehrlicher als sonst. Erstaunt sah mich Alex an. "Du?", fragte er ungläubig. Bei dem Gedanken, wie ich meine Unschuld verlor, kamen wieder Tränen hoch. Eine kleine Träne floss mir über die Wange. Schnell wischte ich sie weg und hoffte, dass es niemand gesehen hatte. Ruby sah mich mitleidig an und ich lächelte sie nur dankend an. Sie war immer für mich da, egal ob sie mir nur einen Blick zuwarf oder mich in den Arm nahm.

Ich schaltete die Musik lauter und tran noch einen großen Schluck. Dann zog ich Ruby hoch und wir begannen einfach zu tanzen. Etwas später kamen die Jungs ach dazu und bewegten sich mit uns zum Takt der Musik.

Plötzlich verlor ich das Gleichgewicht und taumelte nach hinten. Ich machte mich schon bereit dazu, auf dem Boden aufzuschlagen, als mich zwei starke Arme am Fallen hinderten. Ich drehte mich verwundert um. "Hey, vorsicht Zwerg", meinte eine noch sehr nüchtern wirkende Stimme. Er hielt mich an meinen Schulter.

Er zog mich unter dem Bett hervor und stellte mich wieder auf die Beine. Ich wollte weglaufen, meine Mutter anrufen oder einfach um Hilfe schreien, doch er packte mich mit seinen großen Händen unsanft und hielt mich an den Schultern viel zu brual fest. Dann kam er immer näher.

Abrupt riss ich mich von meinem Gegenüber los und blickte in Alex' wunderschöne, blaue Augen, in denen man sich sehr gut verlieren konnte. Ich ging einen Schritt zurück und war schlagartig wieder nüchterner. "Hey, Sam. Was ist los?", meinte Alex besorgt. "Ich..du. Du bist nicht er.", sagte ich überzeugt. "Wer? Der Typ, von dem du beträumt hast? Wer ist er? Rede mit mir, ich würde es nie jemandem sagen oder dich auslachen.", versicherte er. Ich hatte ja sowieso schon darüber nachgedacht, es ihm zu sagen. Ich wusste nicht warum, doch ich vertraute ihm irgendwie. "K-kann ich oben mit dir reden?", fragte ich unsicher. Er nickte und wollte den anderen bescheid sagen. Doch diese waren gerade mehr als gut beschäftigt mit sich selbst und so gingen wir hoch. Ich war etwas unsicher auf den Beinen und stolperte leicht auf die Seite. Er stützte mich, bis wir oben angekommen waren. Wir setzten uns auf die Matratzen, dann sah er mich fürsorglich an. "Du musst es nicht erzählen. Du musst nichts tun, dass du nicht möchtest", fing er besorgt an, als er sah, wie schwer es mir fiel anzufangen. "D-doch..ich möchte es dir erzählen. Ich weiß nicht warum, aber irgendwie will ich es keinem anderen als dir erzählen.", meinte ich schüchtern.

"Als  ich 10 Jahre alt war, kam mein Vater mal wieder betrunken nach Hause. Er war arbeitslos und trank seinen Frust weg. Meine Mutter war wieder einmal länger arbeiten. Es war schon öfter vorgekommen, dass mein Dad mich geschlagen hatte, aber ich liebte ihn immernoch über alles. Er war immerhin mein Vater...", ich schluchzte laut los. "Hey, alles ist ok. Komm her", redete Alex auf mich ein und zog mich in seine Arme. "An diesem Abend tat er etwas, das um einiges schlimmer war, als mich zu schlagen. Ich bin an dem Abend freudig zu ihm gelaufen, da ich ihn den ganzen Tag nicht gesehen hatte. Doch als ich sein Gesicht sah, fing ich an wegzulaufen. Ich lief jedes Mal weg, wenn er mich schlagen wollte. Er schnappte mich trotz diesen Fluchtversuchen immer wieder. An diesem Abend fand er mich wieder. Aber er schlug mich nicht einfach wie immer. Er-er" Ich brach ab und vergrub meinen Kopf in seiner Brust. Er streichelte zögerlich über meinen Kopf und fing nach einer Weile an, mit meinen Haaren zu spielen. "Er hat mich vergewaltigt.", platzte es plötzlich aus mir heraus. Alex verspannte sich. Er atmete einmal hörbar aus. "Scheiße", murmelte er. "Was ist jetzt mit ihm? Ist er noch bei euch? Er ist doch dann irgendwann ausgezogen" "Er ist im Gefängnis für das,was er getan hat.", meinte ich. Er drückte mich näher an sich und sagte nichts mehr. Dafür war ich ihm sehr dankbar, denn ich genoss diese Ruhe. Ich fühlte mich sicher und geborgen in seinen Armen, ich liebte es, wenn er mit meinen Haaren spielte. "Ich habe seitdem sehr große Berührungs- und Vertrauensängste", murmelte ich. "Als du mich vorhin an den Schultern gepackt hast, da-" Ich stockte, "Genau so hat er mich festgehalten, damit ich nicht wegrenne..." "Warum lässt du dann zu, dass ich dich umarme?" "Weil ich dir vertraue"


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