Kapitel 13

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"Wird zwar nicht passieren, aber ein bisschen Heimlichtuerei ist auch ganz spannend", grinste er.

Stolz gab ich den fertig bearbeiteten Test am Pult ab und verließ erleichtert den Raum. Endlich hatte ich diesen Mathetest hinter mir. Alex hatte mir in den letzten Tagen noch viel erklärt und erst dann nachgegeben, wenn ich es verstanden hatte. Der eben genannte stand auch an der Mauer vor dem Schulgebäude und wartete, als ich das Gebäude verließ. Als er mich erblickte, sah er mich erwartungsvoll an. "Und? Wie lief es? Haben die Nachhilfestunden etwas gebracht?", löcherte er mich eine Sekunde später schon mit Fragen. "Hey, dir auch einen guten Tag" "Sam! Jetzt sag schon!" Ich seufzte. "Ja, es hat glaube ich etwas gebracht. Ich wusste zu fast allem eine Antwort. Zufrieden?", entgegnete ich. Er legte einen Arm um mich. "Ich hab doch gesagt du schaffst das." "Beruhig dich mal, wir wissen doch noch nicht mal die Note." Er lachte nur kurz leise auf und wechselte dann das Thema. "Hast du deine Sachen schon gepackt? Immerhin fahren wir übermorgen.", fing er an. "Noch nicht ganz, aber ich habe ja noch Zeit. Du etwa schon? Mit wem gehst du eigentlich in eine Hütte?" "Mit Simon und ja ich habe schon gepackt", grinste er mich an, dann sprach er weiter: "Ich nehme mal an, du belegst eine Hütte mit Maya?" Ich nickte und lächelte ihn an.

Zuhause angekommen, gingen wir erstmal in die Küche, um uns etwas zu kochen. Meine Mutter hatte bis jetzt immer nur mitbekommen, dass Alex mir Nachhilfe gab. Dass ich mit ihm zusammen war, wusste sie jedoch noch nicht. Sie mochte ihn zwar wirklich gerne und kannte ihn ja auch schon ihr ganzes Leben, aber sie wusste auch, wie vielen Mädchen er schon das Herz gebrochen hatte und wäre sicherlich nicht erfreut über ihn und mich. Ich stellte den großen Topf mit dem Eintopf von gestern auf den Herd und schaltete diesen an. Plötzlich spürte ich zwei Hände an meiner Taille, die mich kurz darauf hoch hoben. Ich quiekte kurz auf, da ich mich ziemlich erschrocken hatte, doch fing mich relativ schnell wieder. "Lass mich runter!", jammerte ich, doch mein Freund lachte nur. "Warum sollte ich?", provozierte er mich. "Biiiiitte" "Nö" "Ach komm schon Alex!" "Neiiiin" So ging das noch eine Weile, da er einfach nicht nachgeben wollte. Auf einmal fiel mir etwas auf. "Alex..?" "Ja Süße?" "Riechst du das?" Kurz darauf ließ er mich auch schon los und rannte hecktisch zum Herd, woher auch der verbrannte Geruch kam. Er nahm den Topf vom Herd und schaltete die Herdplatte aus. "Essen fertig", meinte er außer Atem. Lachend lag ich am Boden und versuchte mich wieder zu beruhigen. Alex stand einfach nur überfordert daneben uns starrte abwechselnd den Topf und dann mich an, wie ich wie ein gestrandetes Walross am Boden lag und keine Luft mehr bekam.

Später saß ich mit meiner besten Freundin auf meinem Bett und redete. Mit seiner besten Freundin zu reden ist manchmal einfach das befreihendste und vertrauteste Gefühl, das man haben kann. Mit keinem anderen Menschen konnte ich so offen reden wie mit Ruby. "Und? Wie weit seid ihr schon gegangen?", fing sie plötzlich an und legte ihren Pedoblick auf. "Naja alsoo...da ist eigentlich noch gar nichts passiert", gab ich kleinlaut zu. "Was?? Alex hat noch nie bei einem Mädchen so lange gewartet. Ich dachte ehrlich gesagt nicht, dass er es so lange ohne Sex aushält!" Was sie sagte, verunsicherte mich. Was, wenn er bald wollte, ich aber nicht? Was wenn er Schluss machte, wenn er erfahren würde, dass ich noch Zeit brauche? Aber drängen lassen wollte ich mich auch nicht. So war ich einfach nicht. Andererseits hatte Ruby es ja gesagt: Er hat sich schon ziemlich lange für seine Verhältnisse zusammengerissen. Vielleicht bedeutete ich ihm ja doch etwas...

Zu diesem Thema hatte ich nach der Aussage meiner besten Freundin nichts mehr gesagt. Ich war unsicher, aber auch entschlossen mich zu rechtfertigen wenn er fragen würde. Ich war vielleicht unsicher, schüchtern und nicht besonders selbstbewusst, aber das hieß noch lange nicht, dass ich nichts sagte, wenn mir etwas nicht gefällt. Ich hatte nur verdammt Angst, dass ich es bereuen könnte, wenn ich es zu schnell anging. Nicht, dass ich ihm nicht vertraute. Jedoch kannte ich auch die ganzen Geschichten der Mädchen, die von ihm verletzt wurden, weil er sie nur ausgenutzt hatte und sie dann fallen gelassen hatte. Ich wollte nicht eine von vielen sein. Ich wollte etwas besonderes für ihn sein, nicht eine seiner vielen Mädchen, für die er keine Gefühle hatte. Andererseits wusste ich auch, dass er mir das niemals antun würde. Wir kannten uns seit 16 Jahren, so etwas warf man nicht einach so weg. Außerdem hatte er noch nicht mal Andeutungen in die Richtung gemacht. Alex würde mich nicht verletzen. Ich wusste nicht, woher dieser Gedanke kam, aber ich wusste das einfach. Selbst wenn wir in der Kindheit nur gestritten und gezankt hatten, waren wir trotzdem immer mal in schlechten Zeiten für einander da gewesen. So hatte Alex die Jungs zusammengeschlagen, die mir in der Grundschule an den Haaren gezogen hatten oder dem ersten Typ, der mich verletzt hatte eine Lektion erteilt. Wir waren einander trotz dem Streit eigentlich immer wichtig gewesen.

Zwei Tage später klingelte mein Wecker schon um 04:30 Uhr. Viel zu früh. Heute würden wir nach Italien fahren, was bedeutete, dass ich pünktlich um 06:00 Uhr an der Schule stehen müsste. Man könnte es jetzt für übertrieben halten schon so früh aufzustehen, immerhin musste ich mich für eine lange Busfahrt nicht groß schminken oder sonst irgendwie fertig machen. Jedoch war es eines meiner vielen Talente immer und überall zu spät zu kommen, weshalb ich mich dazu entschieden hatte, heute auf Nummer sicher zu gehen. Geduscht hatte ich schon am Vortag,  deshalb musste ich mich nur noch umziehen, mein Gepäck in den Kofferraum räumen und frühstücken. Danach würde Alex rüber kommen und mit meiner Mum und mir zur Schule fahren, wo auch der Bus warten würde. Mit erstaunllich viel Motivation stieg ich aus meinem über die Nacht aufgewärmten Bett und begann mich umzuziehen. Viel tat ich selbst hierbei nicht. Meine gemütliche Jogginghose behielt ich einfach an und zog mir nur einen BH und ein anderes T-Shirt an, da auf meinem Schlafshirt kleine Mickeymäuse mit Herzchen abgebildet waren. Das jetzige Oberteil war schlicht schwarz und bauchfrei. Meine große Motivation kam daher, dass ich lange Busfahrten liebte. Ich mochte es, einfach meine Kopfhörer aufzusetzen, alles um mich herum auszublenden und in meiner eigenen Welt zu versinken, die vorbeiziehenden Bäume zu beobachten und mich wie in einem Musikvideo zu fühlen. Das war eins meiner liebsten Gefühle, weil ich alles um mich herum vergessen konnte und Zeit für mich hatte. Maya wusste dies, weshalb sie sich extra immer Serien herunterlud und Bücher mitnahm, da ich kein guter Gesprächspatner auf langen Reisen war.

Als ich mit allem fertig war, stand Alex schon draußen am Wagen. Ich schleppte mein Gepäck zum Auto und hiefte es in den Koferraum, wo die Sachen meines Freundes auch schon lagen. Meinen Freund küsste ich kurz zur Begrüßung. Eigentlich hatte ich vor, es meiner Mutter zu verheimlichen, aufgrund ihrer Meinung von Alex. Jedoch war mir dies langsam egal, weil ich mir mit ihm immer sicherer wurde. Ich würde es ihr nicht erzählen, aber wenn sie sehen würde, wie ich ihn küsste, wäre es mir egal. Es war mein Leben, damit sollte sie sich abfinden.

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