Kapitel 10

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Überglücklich lehnte ich mich wieder an seiner Schulter an und er legte einen Arm um mich.

Ich lag auf meinem großen Bett zuhause mit meinen schwarzen Kopfhörern in den Ohren. Seit unserem Ausflug hatte ich Alex nicht mehr gesehen. Dabei wollte ich nur in seiner Nähe sein. Vielleicht hatte es ihm doch nichts bedeutet und er hatte nur mit mir gespielt.

Plötzlich flog ein Stift gegen meine Balkontür. Ich sah auf und blickte in Alex' wundervolle Augen. Er stand auf dem Balkon, der genau gegenüber von meinem war. Dort lag sein Zimmer. Früher nervig, jetzt praktisch. Ich stand auf und lief auf die Tür zu. Nachdem ich diese geöffnet hatte, nahm ich den Stift und warf ihn einfach wieder zurück. Das hatte der Junge auf der anderen Seite wohl nicht erwartet, denn der Stift traf ihn direkt auf die Stirn. "Eyy das war unfair", beschwerte er sich gleich. "Du hast zuerst geworfen", meinte ich nur unbeeindruckt. "Du hast dich nicht mehr gemeldet seit dem Ausflug..also...war das ernst gemeint? Ich meine das alles...", fing er etwas unsicher an. Wow, Alex und unsicher. Normalerweise war er der Badboy, der direkt und beleidigend war. "Ich ehm dachte...du hast dich nicht gemeldet, weil es für dich nur..naja...ein Spiel war.", gab ich kleinlaut zu. Er schüttelte direkt den Kopf. "Warte, ich komme einfach rüber"  Warte, wollte er etwa springen?! Als er meinen Gesichtsausdruck sah, lachte er los. "Dachtest du gerade, ich springe? Nein, ich laufe rüber zu dir, meinte ich damit", beruhigte er mich wieder. Erleichtert atmete ich aus.

Meine Mum war wieder einmal nicht zuhause, das hieß, ich musste sie noch nicht darüber aufklären warum der große Bruder meiner besten Freundin bei mir war. Ich ließ Alex rein und ging mit ihm zusammen in mein Zimmer, wo ich mich direkt auf mein Bett schmiss. Er legte sich zu mir und ich kuschelte mich etwas schüchtern an ihn. "Da kann ja jemand schüchtern sein", meinte er belustigt. "Ich bin immer schüchtern" "Ja schon, aber nicht bei mir" "Das ist etwas anderes.", rechtfertigte ich mich ganz einfach. Er kicherte nochmal kurz auf, weshalb ich auf seine Brust schlug. Er legte sanft einen Arm um mich und zog mich näher an sich ran. Auf einmal seufzte er genervt auf. Fragend sah ich ihn an. "Morgen ist wieder Schule" Stimmt. Das hatte ich komplett verdrängt. "Aber in einer Woche fahren wir ja auf Klassenfahrt.", beschönigte ich die schlechte Nachricht. "Stimmt, wisst ihr schon, wohin ihr fahrt?" Ich schüttelte den Kopf. Alex war einen Jahrgang über mir und fuhr gleichzeitig wie meine Klasse auf Klassenfahrt. "Wir auch nicht. Ich hoffe wir fahren irgendwo mit Strand und Palmen hin. Hoffentlich fahren wir nicht irgendwo kaltes hin, wo man nur Burgen besichtigen kann und sich langweilt." Da hatte er recht. Ich hatte auch nicht sonderlich Lust darauf, irgendwelche unbedeutende Orte zu besichtigen oder wandern zu gehen, wenn es kalt war. Ich war einer dieser Menschen, die lieber in der warmen Sonne am Strand lagen, sich sonnten, Volleyball oder Fußball spielten oder schwimmen gingen. Als verfrorener Mensch war es nicht mein Ziel irgendwo in der Kälte auf einen Berg zu klettern, den ich danach sowieso wieder runterlaufen konnte. Ich nahm meinen Laptop auf meinen Schoß und schaltete ihn an. Anschließend öffnete ich Netflix und sah Alex fragend an. "Was willst du sehen?", fragte ich ihn. "Mir egal, entscheide du", grinste er. Ok, wenn er meinte. Sein Gesicht war unbeschreiblich lustig, als er realisierte, dass ich eine Romanze heraussuchte. Als ich mich letztendlich für einen Film entschieden hatte, meckerte er auch schon los. "Ach nee, nicht so einen Mädchenfilm!" "Du hast gesagt, ich darf aussuchen!", wehrte ich mich gegen seine Beschwerde. Er gab relativ schnell nach und so sahen wir uns den Film bis zur Hälfte an, als Alex meinte er hätte keine Lust mehr und der Film wäre langweilig. Er nahm sein Handy in die Hand und ging auf Instagram. Um ihn zu provozieren wartete ich auf eine Stelle, an der man einen der Hauptdarsteller ohne Shirt sah. Ich seufzte auf. "Man ist der heiß...", murmelte ich vor mich hin. Alex hob seinen Blick von seinem Handy und sah neugiereig auf den Bildschirm meines Laptops. "Ich bin viel heißer.", protestierte er arrogant. "Bist du dir da sicher?", überlegte ich gespielt nachdenklich. Natürlich war mir klar, dass Alex besser aussah, obwohl der Typ im Film mehr Sixpack hatte. Jedoch mochte ich persönlich nicht so viel Sixpack , sondern nur guten Ansatz. So wie bei dem Jungen, der mich nun von sich wegdrückte, um sein Shirt hochzuziehen um mir seinen Oberkörper zu zeigen. Kritisch sah ich ihn an. "Hmm", gab ich nachdenklich von mir. Er nahm meine Hand und legte sie auf seine Brust. Ok, reiß dich zusammen Sam. "Macht dich das nervös?", fragte er frech. "Ich-" Auf einmal hörte man Schritte auf der Treppe. Das konnte nur meine Mutter sein. Warum war sie schon so früh da? Und wieso hatte ich sie nicht gehört, wie sie die Haustüre geöffnet hatte? Ich rutschte schnell von Alex weg, der sein Shirt wieder runterzog. Keine Sekunde zu früh, denn schon wurde die Tür geöffnet. "Hey Schatz, ich bin wieder da. Hast du- Oh, hallo Alexander." Sie blickte verwirrt von Alex zu mir. "Mom, ich kann das erklären. Also ähm-" "Sam meinte, sie kann das erklären. Ich gebe ihr Nachhilfe in Physik. Das Newtonsche Gesetz ist etwas komplizierter und morgen beginnt ja wieder der Unterricht, da möchte sie vorbereitet sein. Ich hoffe, du bist damit einverstanden, Monika.", unterbrach mich der Junge neben mir. "Achso, natürlich ist das in Ordnung. Ich kenne dich ja schon dein ganzes Leben. Wie geht es denn deinen Eltern?"

Solange die beiden Smaltalk führten, dachte ich nach. Ich weiß, dass meine Mutter nicht erfreut wäre, wenn sie wüsste, dass ich mit Alex zusammen war. Immerhin hatte sie von seinen Eltern schon erfahren, dass er zwei Schulverweise hatte und schon mehreren Mädchen das Herz gebrochen hatte. Doch er war kein schlechter Mensch, das wusste ich. Natürlich konnte er unendlich nervig sein und einen echt verletzen, jedoch konnte er auch süß und beschützerisch sein.

"Hallooo, Sam!" Ich sah auf eine große Hand, die vor meinem Gesicht herumfuchtelte. Ich schüttelte meinen Kopf leicht und sah ihm in die Augen. "Was?" "Hörst du mir zu? Deine Mutter ist wieder weg und ich sagte, dass ich nicht glaube, dass sie mir vertraut. Zumindest nicht, wenn es darum geht mit dir eine Beziehung zu führen. Vielleicht sollten wir es vorerst noch keinem sagen, bis ich meinen Ruf etwas verbessert habe.", erklärte er mir. "Ja, da hast du wohl recht...", antwortete ich nickend.

Nachdem Alex wieder gegangen war, lief ich in die Küche und stellte mich an den Herd, um etwas zu Essen für meine Mum und mich zu kochen. Plötzlich stand meine Mutter im Türrahmen. "Verstehst du das Thema jetzt?" Ein Nicken meinerseits. "Mir ist aufgefallen wie du Alexander angesehen hast. Halte dich von solchen Jungs fern. Sie verletzen dich nur." "Mum, ich habe ihn komplett normal angeschaut. Er ist doch nur der große Bruder meiner besten Freundin, nichts weiter. Außerdem gibt es viel schlimmere Jungs und er hat auf unserem Ausflug erzählt, dass er sich bessern möchte.", log ich gekonnt. "Dann ist ja gut. Ich mag den Jungen ja auch, ich möchte nur nicht, dass dich jemand verletzt." Ich nickte und kochte weiter unser Abendessen. Wir aßen meistens abends warm, da meine Mutter immer den ganzen Tag auf der Arbeit war und deshalb nur Abends mit mir zusammen essen konnte. Ich genoss diese Zeit des Tages immer, da es einer der einzigen Momente war, in denen ich mit meiner Mutter entspannt über fast alles reden konnte.



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