Nach dem Duschen fühle ich mich gleich NOCH wohler und habe mir neues Zeug angezogen. Einen langen schwarzen Pulli mit Katzenohren auf der Kapuze, eine kurze schwarze Hose, die nur ganz knapp unter dem Pulli hervorsieht, Unterwäsche und graue Socken mit einem Stormtrooper aus Star Wars drauf. Dann setze ich mich auf das Bett, nehme mir ein Buch und fange an, eine alte Geschichte neu zu lesen. Ich will mich nicht daran erinnern, dass ich nun eigentlich nichts mehr habe und lenke mich so die ganze Zeit ab. Ausserdem habe ich nun einen anderen Blick auf die Geschichte und kann so einige Entscheidungen eher nachvollziehen, von denen ich vorher dachte, dass sie hirnrissiger nicht sein könnten.
"Sera mein Kind?" kommt es dumpf durch die Türe und ich sehe auf. "Was ist?" frage ich zurück und die Tür geht auf. Slenderman kommt herein und trägt wieder ein Tablett. "Du hast nichts gegessen und musst langsam wirklich etwas zu dir nehmen!" Seine Stimme ist besorgt und ich seufze. "Danke für die Mühe Slenderman. Aber ich habe immer noch keinen Hunger." Kopfschüttelnd kommt er auf mich zu und setzt sich zu mir auf das Bett. "Ich weiß, dass es dir im moment nicht so gut geht und dass es ziemlich an dir nagt. Aber es bringt nichts, wenn du dich jetzt für das Leben entschieden hast, dass du verhungerst!"
Ich lege meinen Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen. "Ich verhungere nicht. Ich habe einfach keinen Hunger. Das ist alles!" entgegne ich und er seufzt. "Du bist Psychisch im moment so belastet, dass sich das auf deinen Magen auswirkt. Und du wirst es immer sein, wenn du nicht einmal zulässt, dass du trauerst! Du sollst weinen, wütend sein und schreien! Stattdessen spielst du mit BEN um irgendeinen dummen wetteinsatz und arbeitest die ganze Zeit in der Werkstatt!" Ich nicke. Denn was soll ich anderes tun? Er hat recht! Ich verdränge das geschehene. Will keine direkte Konfrontation, weil ich keine Gefühle zulassen will. Ich weiß, dass ich das verdränge. Ich weiß, dass ich mir damit indirekt Schade, aber ich kann es nicht anders machen. Will es nicht anders.
"Könntest du bitte gehen...?" flüstere ich und sehe auf die Seite. Kann es nicht ertragen, wie er mir die harte Realität vor meine Nase hält. Er seufzt und steht auf. "Und du willst wirklich nichts essen?" Ich schüttle den Kopf. "Ich lasse wenigstens etwas zu trinken da." meint er, stellt eine Flasche mit Wasser neben mein Bett und geht aus dem Zimmer. Ich beisse mir auf die Lippe und hebe mein Buch wieder hoch. Verliere mich zu meinem Glück recht schnell wieder in der Geschichte und trinke zwischendurch das Wasser, was er mir dagelassen habe. Das bekomme ich runter, ohne dass ich irgendwelche Probleme habe.
Plötzlich kratzt es an der Tür und ich runzle die Stirn. Sehe verwirrt von dem Buch auf und höre ein Winseln, wie von einem Hund! Langsam lege ich das Buch auf die Seite und stehe auf. Gehe vorsichtig zur Türe und vernehme immer wieder dieses kratzen. Die Tür öffne ich einen Spalt und bevor ich sehen kann, was da los ist, wird die Tür aufgedrückt und ein rot-schwarzer Husky kommt rein! Überrascht beobachte ich ihn, wie er sich im Zimmer umsieht und dann zu mir umdreht. Alles an seinem Fell ist rot, bis auf einen schwarzen breiten Streifen an Haaren, die ihm von seinem Kopf bis zu seinem Schwanz gehen. Die großen haben noch größere und furchteinflößende Krallen, die auf dem dunkelbraunen Boden klackern.
Doch ich runzle wieder die Stirn, als er etwas in der Schnauze hat, dass er mir überreicht und sich dann hechelnd und mit der Zunge draussen vor mich hinsetzt. Verwirrt schließe ich die Tür und sehe auf das durchsabberte und eingewickelte Päckchen hinunter. Ich gehe an dem Hund vorbei zu meinem Bett und setze mich darauf. Er folgt mir, springt neben mich auf das Bett und legt sich hinter mich. Sein großer Körper drückt an meinem und ich fühle mich wohl. Ich liebe Tiere und sie beruhigen mich. Bringen meine rasenden Gedanken zum erliegen. Aber noch habe ich ein Paket zu öffnen und dies tue ich auch!
Und ich muss echt lächlen, als ich den inhalt sehe, der irgendwie liebevoll verpackt wurde. In einem kleinen und durch die Zähne des Hundes etwas lädiertem Karton liegt ein Himbeerkuchen und ein Schokokeks. Daneben eine Kuchengabel. Lächelnd sehe ich zu dem roten Hund und kraule ihm am Kopf. "Danke Smile..." flüstere ich und er schließt nur die Augen, während ich durch seine Mähne wuschle. Dann richte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die kleine Schachtel und denke nach. Ist das nur ein zufall, dass es ein Himbeerkuchen ist? An sich können es nämlich nur Jeff und EJ wissen und EJ habe ich schon lange nicht mehr gesehen...!
Dann fällt mir ein, dass Smile ja zu Jeff gehört und ich schnaube amüsiert. "Jeff kann's nicht ab, dass ich nichts esse oder?" frage ich Smile und er nickt. Seufzend breche ich den Keks und halte ihm die hälfte hin. "Dafür, dass du extra hier her musstest, weil er genau weiß, dass ich von ihm nichts annehme!" sage ich und Smile nimmt die hälfte vorsichtig in sein, mit verdammt vielen und verdammt spitzen Zähnen ausgestattetem Maul. Ich esse die andere hälfte und lehne mich an den roten Hund, der das alles zulässt und sich sogar ein wenig auf die Seite legt, damit ich es gemütlich habe. Nachdenklich sehe ich ihn an. "Mit wie viel hat er dich bestochen, damit du mich nicht umbringst und alles mit dir machen lässt...?" murmle ich und er hebt den Kopf.
Allein sein Blick reicht aus, dass es meine Vermutung bestätigt. "Ich hätte mehr gefordert." erwiedere ich und er grummelt irgendwas vor sich hin, bevor ich anfange, den Himbeerkuchen zu verputzen. Der Hunger kommt mit jedem Bissen und selbst nach dem auffuttern, habe ich noch ein wenig Hunger. In der zwischenzeit ist es dunkel geworden und ohne auf meinen Wecker zu sehen würde ich behaupten, dass es ungefäht acht Uhr abends ist. "Lust zu gucken, was in der Küche alles ist?" frage ich und Smile richtet sich auf. Seine weißen Augen auf schwarzem Hintergrund fixieren mich und ich grinse. "Mal sehen, ob für dich auch was dabei ist!"