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Nach ein paar Minuten des stillen blöd-dahinguckens, wird wieder weitergegessen und ich lehne mich satt und irgendwie zufrieden nach hinten. Jeff lässt seine Arme von hinten über meine Schultern baumeln und legt seinen Kopf auf meinen. Seine schwarzen Haare kitzeln in meinem Gesicht und ich habe mühe, nicht deswegen auszuflippen. Als alle fertig sind, stehen sie auf und ich tue dies ebenfalls, nachdem ich Jeff von meinem Kopf gescheucht habe. "Ich räume auf! Also geht ihr wieder hoch oder wo auch immer ihr euch rumtreibt!" rufe ich lächelnd und finde es amüsant, wie Jeff sich dagegen wehrt, dass ich ihn schon wieder aus der Küche jage!

Doch nach einer Stunde des zusammenräumens ist es vollbracht und ich lasse mich erschöpft auf einen der vielen Stühle fallen, die hier am Tisch stehen. "Die anderen wollen, dass du immer für sie kochst!" meint eine Stimme hinter mir und ich kann sie sofort Jeff zuordnen. "Ich kann das einmal in der Woche machen... Aber nicht jeden Tag!" erwiedere ich und spüre, wie der schwarzhaarige mir einen Kuss auf meinen entblößten Nacken gibt. "Stimmt... Du kannst nicht immer so ausgelaugt sein!" raunt er mir zu und ich richte mich auf. Müde lehne ich mich nach hinten und spüre seinen Oberkörper an meinem Hinterkopf. "Das ist überhaupt nicht schlecht... Vor allem im moment."

Seine Hände gehen zu meinen Wangen und legen sich dort warm an meine Haut. "Du weißt, dass du das nicht aufschieben sollst." seine Stimme ist ernst und auch besorgt und ich sehe ihn an. "Ich verdränge es, so gut es geht. Vielleicht wird es irgendwann besser..." murmle ich und er legt seine Lippen auf meine Stirn, bevor er mir sanft eine Strähne aus dem Gesicht streicht. "Du sollst deine Gefühle rauslassen. Es wird dich irgendwann von innen auffressen und das werde ich nicht verhindern können! Stattdessen werde ich nur verzweifelt daneben sitzen und dir bei deinem Verfall zusehen können. Also bitte..." Er überstreckt meinen Kopf und gibt mir einen langen und schon fast bittenden Kuss, bevor er sich löst und mich ansieht. "Tu mir das nicht an!"

Seufzend stehe ich auf und schüttle den Kopf. "Was soll ich sonst machen? Eine psychisch instabile braucht ihr hier nicht und du brauchst das auch nicht!" Entschlossen sieht er mich an, schnappt sich mein Handgelenk und zieht mich hinter sich her. Die Treppen rast er schon fast rauf und ich muss stolpernd folgen, ehe wir nach rechts in richtung meines Zimmers abbiegen. "Was hast du vor?!" frage ich misstrauisch, bekomme aber keine Antwort. Stumm zieht er mich weiter und hält nur an, um meine Zimmertüre auf zu machen, mich rein zu schubsen, selbst rein zu gehen und die Tür hinter sich zu schließen. Ich stolpere und kann mich mit rudernden Armen gerade noch auf meinen Beinen halten, bevor ich mich aufrichte und Jeff ansehe, als hätte er schon längst den Verstand verloren.

"Sag mal spinnst du?! Was soll das?! Ich wäre fast auf die Fresse geflogen!" knurre ich und sein Ausdruck wird kalt. "Setz dich auf dein Bett." sagt er emotionslos und ich verschränke die Arme. "Aber sonst ist bei dir alles noch in bester ordnung oder?" zische ich wütend und er kommt auf mich zu. "Setz. Dich." Kalte schauer laufen meinen Rücken hinunter und langsam macht er mir Angst. Die kalte Aura um ihn herum erinnert mich daran, dass er schon mehrere Menschen umgebracht und es ebenfalls mit mir vorhatte. Dass er nicht wirklich mitleid mit ihnen hatte. Dass er ein lupenreiner Mörder ist, den die Leute nur aus Geschichten kennen und keine Ahnung haben, dass er real ist.

Langsam gehe ich rückwärts, lasse ihn aber nicht aus den Augen. Er verfolgt mich mit aufmerksamen und gleichzeitig misstrauischem Blick. Als ich das Bett an meinen Kniekehlen spüre, lasse ich mich sinken und starre ihn leicht wütend und gleichzeitig ein wenig ängstlich an. Ich bin mir noch nicht sicher, welches der beiden Gefühlen im moment Dominiert und so lasse ich es einfach eine Mixtur aus beidem sein, ehe ich mich entschieden habe. Seine Beine bewegen sich und er kommt zu mir. Misstrauisch verziehe ich mich in das hinterste Eck des Bettes und Jeff setzt sich auf die Matratze. Es erinnert mich irgendwie an die Szene, als wir in meiner Wohnung waren.

"Und jetzt lass alles raus. Wir sind allein." meint er plötzlich sanft und ich sehe ihn verwirrt an. Runzle die Stirn und habe nicht wirklich eine Ahnung, von was er redet. "Deine Familie, deine Freunde... Was weiß ich, was du alles verloren hast! Du redest ja nicht wirklich darüber!" Ich erstarre und sehe auf die Seite. Unterdrücke die Trauer. Diese droht nämlich, alles zu übernehmen und das will ich nicht. Will nicht, dass ich heulend irgendwo in irgendwelchen Armen liege. Verletzlich. Schwach! Auf einmal legt Jeff eine Hand unter mein Kinn und drückt es mit sanfter Gewalt zu sich. Er sitzt nun direkt vor mir und ich habe nicht einmal bemerkt, dass er sich bewegt hat.

"Kleine... Ich weiß genau, dass du jetzt mit Absicht versuchst, alles drinn zu lassen und nichts nach aussen dringen zu lassen. Aber ich sags dir nochmal. Das ist das schlechteste, was du machen kannst! Ich habe es erlebt, was mit Menschen passiert ist, die alles in sich reingefressen haben. Irgendwann ist ihnen alles über den Kopf gewachsen und sie wussten nicht mehr, wer sie selbst sind!" Er wird leise und streicht mir über die Wangen. "Bitte tu mir das nicht an Sera... Tu mir nicht an, dass ich dich so leiden sehen muss! Es tut mir selbst so weh!" Er muss kurz schnauben und sieht lächelnd auf die Seite, bevor er mir wieder in meine Augen sieht. "Ich hätte nie gedacht, dass ich mich jemals wieder verletzen lassen würde. Dass ich jemals wieder etwas in der hinsicht zulassen würde!" Seine Hand streicht durch meine Haare und es fällt mir immer schwerer, meinen aktuellen Gefühlsstand aufrecht zu erhalten. "Aber du bist es wert. Du bist alle Schmerzen wert! Ich vertraue dir blind und würde alles für dich tun!" Er seufzt und sieht mich nun etwas ernst an. "Also vertrau auch mir. Lass es einfach los. Den Balast, den du mit dir trägst!"

Das etwas UnerwarteteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt