Kapitel 9

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Stundenlang saß Markus mit Katharinas Vater an ihrem Bett, nur das monotone Piepen der Überwachungsgeräte klang durch den Raum. Er hielt unaufhörlich ihre Hand als wollte er ihr mit dieser Geste Kraft und Beistand geben. Peter beobachtete aus Sorge nicht nur seine Tochter, sondern auch Markus.
Er wusste von der ehemaligen Beziehung der beiden und hatte auch schon lange die Vermutung, dass die Gefühle nie ganz vergangen waren. Er schätzte Markus als Mensch und auch in seiner Funktion, aber in diesen Stunden war von dem starken Mann, der sich regelmäßig zu helfen wusste, nicht viel übrig. Mit feuchten Augen und sprachlos saß er ihm gegenüber, die Liebe zu Katharina war nicht zu übersehen und dabei stand ihnen das schlimmste noch bevor.
Tobias hatte inzwischen die Männerrunde erweitert als Katharina endlich die Augen öffnete. Wie befürchtet galt Katharinas erste Frage ihrem Baby und mit ängstlichen Augen suchte sie Markus Blick. Er hätte alles dafür getan, wenn er sie in diesem Moment hätte beruhigen können, doch leider blieb ihm nichts anderes übrig als langsam den Kopf zu schütteln. Die darauffolgende Stunde brach ihm das Herz. Noch nie hatte er Katharina so verzweifelt und traurig gesehen. Er fühlte ihren Schmerz und zugleich fühlte er sich im Kreise ihrer Familie fehl am Platz.
Verena hatte ihr Beruhigungstabletten gegeben und nachdem sie endlich wieder eingeschlafen war, verließen die drei ihr Zimmer. Peters Einladung ins Hotel hatte Markus abgelehnt, er wollte heim. Mia wartete schon lange genug, zudem konnte er nicht einschätzen, wie lange er noch Kraft hätte.
Emilie und Mia erwarteten ihn zusammen in der Küche. Er zwang sich zu einem kleinen Lächeln um Mia kein schlechtes Gefühl zu geben, aber die Kleine durchschaute ihn. „Papa, Dir geht's nicht gut. Hast Du Angst um Katharina – wie geht es ihr?" Auch Emilie wollte mehr wissen, sah aber, dass er nicht in der Lage war, darüber zu reden. Er wirkte wie gelähmt. „Mia holst Du seine Sachen von oben. Ich muss kurz mit Markus reden" Mia nickte und entschwand aus der Küche.
„Markus sie wird wieder gesund. Der Verlust des Babys wird sie noch länger beschäftigen, aber sie ist nicht allein. Sie hat ihre Familie und Freunde und Dich." „Es war furchtbar.. sowohl sie da oben vor dem brennenden Auto zu sehen als auch wie ein Häufchen Elend im Krankenhaus. Sie tut mir so leid." „Sei für sie da, wenn sie es braucht. Weißt Du was da oben in der Hütte passiert ist? Warum Thomas weg wollte?" Markus verneinte, all das wüsste er selbst nur zu gern. Mit einem leisen Danke verabschiedete er sich von Emilie und machte sich mit Mia auf den Heimweg.
Die Kleine meinte es gut, aber er hatte keine Antworten auf ihre Fragen. Nach ihrem abendlichen Ritual einer gute Nacht Geschichte ließ sich Markus auf sein Bett fallen. Er fühlte sich leer und machtlos. Was immer dort heute Morgen auch geschehen war, es muss etwas Gravierendes gewesen sein. Immer wieder sah er Bilder von ihr auf dem Handy an – was ist da oben passiert, warum bist Du Dickkopf darunter geklettert? Wir kriegen das schon hin, aber nochmals lasse ich Dich nicht allein.
Langsam aber sicher überkam ihn die Müdigkeit. So grausam der Tag auch war, er musste Kraft tanken für alles, was vor ihnen lag.

Die Bergretter - HerzensentscheidungenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt