XVII

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Ich weiß nicht wie viel Zeit vergeht, während ich verzweifelt über dem Klodeckel sitze und versuche mich zu beruhigen. 

Irgendwann hören die Bilder auf jede Synapse meines Kopfs zu behindern, damit einhergehend hört auch das Grummeln in meiner Magengegend auf. Ich bin wieder stabil. 

Oder zumindest meinen körperlichen Zustand einigermaßen so einschätzen. Kathrine Cook Briggs und Isabel Myers würden mir an dieser Stelle getrost widersprechen, da meine Persönlichkeit sowieso in die T Fraktion einzuordnen ist. T für turbulent

,, Jimin, komm kurz her", ruft mein Vater.
,, Komme ", erwidere ich und laufe aus dem Bad, das noch immer von dem weißen Bündel blockiert wird. 
Schließlich treffe ich ihn inklusive Jihyun in der Küche an. Mein Bruder sitzt mit gesenktem Kopf am Tisch. Ich will auf ihn zu gehen. 
Doch ich werde von meinem Vater daran gehindert.

,, Setz dich ", sagt Papa streng. 
Wortlos leiste ich seiner Aufforderung  Folge. Im Vorbeigehen fasse ich meinem Bruder kurz an die Schulter. Ich bin auf deiner Seite. 
Er zuckt zusammen, mit wässrigen Augen schaut er mich stillschweigend an. 

,, Jungs, wir müssen reden. '' Er setzt sich ebenfalls. ,, Es kann so nicht weitergehen. " 

Erschöpft reibt er sich mit seinem Handrücken die Stirn. Weder Jihyun oder ich reagieren auf irgendeine Weise auf das Gesagte. Wie paralysiert sitzen wir da. 
Papa seufzt. 

,, Damit habe ich gerechnet... Jihyun, ", ein Blick zu ihm, dann ein Blick zu mir, ,, Jimin. Es tut mir leid."  Er senkt seinen Kopf in dem selben Moment, in welchen Jihyun seinen in Schock hebt. 

,, Es tut mir leid, dass ich so ein miserabler Vater war. Nach Eujis Tod... ", seine Lippen beginnen zu beben, er atmet tief ein, ,, Nach dem Tod eurer Mutter bin ich in ein Loch gefallen.

Ein sehr tiefes Loch aus Schmerz, Trauer und Selbstmitleid. Es gab Tage, da habe ich es nicht mehr ausgehalten. Ich habe den Fehler begangen und zur Flasche gegriffen hinter eurem Rücken. " 

Ich werfe einen wissenden Blick zu meinem Bruder. Daher stammen also damals die Flaschen.

,, Benebelt vor Schmerz und dem Whisky habe ich alles um mich herum verdrängt, einschließlich euch beide. Ich habe nicht so viel getrunken, dass ich die Kontrolle verloren habe, aber so viel, dass der brennende Schmerz in meinem Herzen aufhört. " 

Ein Schluchzen entwich seinem Mund. Mit seinen Fingern wischt er sich über seine erschöpften Lider. Papa versucht noch immer sein starkes und unverletzbares Bild aufrechtzuerhalten, doch das ist schon längst am Bröckeln. 

Eltern wollen nicht, dass ihre Kinder sie in einem schwachen Moment sehen. Eltern denken sie müssen immer die Starken sein, obwohl das nicht stimmt. Wir sind Familie, wir lachen zusammen, wir weinen zusammen. Wir sind zusammen. 
Ich stehe auf und umarme meinen Vater. 

,, Es ist okay, Papa, ich bin dir nicht böse. Es war für uns alle eine schwere Zeit. " 

,, Er hat Recht, Paps, wir sind dir nicht böse. " Jihyun stimmt in die Umarmung mit ein, 
,, Es tut mir leid, es ist alles meine Schuld... Ich hätte nicht so selbstsüchtig sein dürfen. " 
,, Mamas Tod hat uns alle mitgenommen, Jihyun. Wir haben alle egoistisch gehandelt", sage ich.

Papa wirft einen Blick auf mich und schüttelt leicht mit dem Kopf:
,, Jungs zieht eure Schuhe an. '' verwirrt mustern wir ihn. 
,, Was ha-" 
,, Keine Zeit. Wir müssen jetzt etwas tun, was schon längst überfällig
war. " 

,, Paps, es ist halb Zehn. Du musst morgen früh raus. "

,, Papa, bist du dir sicher? ", ich ahne bereits worauf das herauslaufen wird. 

ᴡᴇɴɴ ᴡɪʀ sᴘɪᴇʟᴇɴ - ᴋᴏᴏᴋᴍɪɴWo Geschichten leben. Entdecke jetzt