Schein und Sein

347 12 2
                                    

{Nicht weit entfernt von einem Dorf in der Nähe des Lagers}

Ein junger Mann dämonischer Herkunft ging ungeduldig auf und ab. Warum brauchten seine Bediensteten immer so lange, um die Energie der Menschen einzusammeln? Diese war schließlich sehr einfach zu finden, man brauchte nur dem Geschmack von Verzweiflung und Angst zu folgen. Manchmal waren seine Helfer wirklich absolut unfähig. Er schnaubte. Wenn sie nicht in weniger als einer Stunde wieder da waren, würde er einfach einen von ihnen umbringen, um seinen Unwillen ihnen gegenüber zu zeigen. Disziplin konnte nie schaden. Mit einem Mal stoppte er sein Umherwandern. Jemand war hier mit ihm in diesem Raum, er nahm eine fremde Präsenz wahr. Er drehte sich um auf der Suche nach dem Eindringling.

„Ihr seid also Yume, der Herr der Illusionen.“, sprach eine ihm unbekannte Stimme aus einer Ecke in der Dunkelheit hinter ihm. Eine Dunkelheit, die er selbst geschaffen hatte. Daher konnte sich auch niemand darin verstecken, zumindest nicht für lange. Nun wusste er genau, wo sein Gegner war.

„Narr, du wagst es, in mein Schloss einzudringen?“, fragte er ruhig, aber mit einem drohenden Unterton. Mit einer flinken Handbewegung ließ er die Finsternis und den Nebel verschwinden. Nun konnte er den Mann, der sich bis jetzt versteckt gehalten hatte, auch endlich sehen. Seine roten, boshaften Augen leuchteten und er hatte ein finsteres Lächeln auf seinen Lippen. Sein Gesicht war von langen, schwarzen Haaren umgeben. „Sag mir, warum du hier bist, bevor ich dich für dein Kommen bestrafe.“

„Ich hörte von Eurem Verlangen nach Rache.“, antwortete der Eindringling, die Drohung des Dämonen ignorierend. Yume verengte seine Augen zu Schlitzen, während er den anderen Dämon beobachtete. Vorerst beschloss er, diesen Mann nicht zu töten. Der Fremde hatte seine Neugier geweckt.

„Das gehört der Vergangenheit an. Der Verantwortliche wurde mitsamt seinem Dorf von mir und meinen Gehilfen ausgelöscht.“, erwiderte er stolz. Er erinnerte sich gerne an das schöne, erfreuliche Massaker. Er konnte noch immer das Vergnügen, ja den Genuss spüren, die durch die Schreie der mitschuldigen Dorfbewohner hervorgerufen wurde. Wie gern erinnerte er das Gesicht des Mörders, der realisierte, dass der Tod sein Schicksal sein würde. Ja, seine Rachepläne waren ihm damals gut gelungen.

„Seid Ihr Euch dessen sicher? Habt Ihr seine Nachkommen bedacht?“, fragte sein Gegenüber grinsend. Yume erstarrte. Das konnte unmöglich sein. Der Schwarzhaarige formte selbst einen violetten Nebel, der eine Szene in einem Wald zeigte. Die Szene zeigte im Besonderen einen gutaussehenden Rotschopf und einen ebenso hübschen Schwarzhaarigen, die sich mit ihren Freunden vergnügten.

„Also das sollen seine Kinder sein?“, fragte Yume ungläubig, während er ihr fröhliches Treiben beobachtete. Wenn die Möglichkeit bestand, dass sie mit diesem Mörder zu tun hatten, hatten sie solche Gefühle nicht verdient. Er bewegte seine Hand wie vorher, nur leichter. „Es spielt keine Rolle, ob sie es sind oder nicht. Sie sollen meinen Zorn zu spüren bekommen!“

[Akira]

„Essen ist fertig!“, sagte die junge Frau und strich sich eine Strähne aus ihrem Gesicht, während sie über vorhin nachdachte. Akira wusste nicht einmal, warum sie den Streit über ein solch banales Thema angefangen hatte. Im Gegenteil, es gefiel ihr sogar zu kochen. Vielleicht hatte ihr Bankotsus Befehlston nicht gefallen. Er hatte irgendetwas an sich, das ihr unter die Haut ging. Im schlechten Sinn. Aber vielleicht war es auch nicht gänzlich seine Schuld gewesen... der plötzliche Aufbruch, der womöglich in einer ungewünschten Hochzeit enden würde, hatte die junge Frau gereizt, was mit zu diesem Streit geführt hatte. Das musste es wohl sein... Im Augenblick saß der junge Mann, mit dem sie sich gestritten hatte, neben ihrem lange verschollenen Bruder und schmollte. Zumindest wirkte es auf sie so. Akira füllte eine Schüssel mit Eintopf und reichte sie Jakotsu, der sie an den Anführer weitergab. Dann nahm er eine neue Schale für sich selbst und wartete darauf, dass die anderen ihr Essen erhielten und sie dann zusammen anfangen konnten. Sie musste sich ein Lächeln verkneifen. Die junge Frau hätte nicht gedacht, dass Jakotsu so alte Gewohnheiten beibehalten hatte. Und sie hatte erst recht nicht erwartet, dass sie ihn eines Tages wiedertreffen würde, nachdem er sie damals zurückgelassen hatte. Die junge Frau reichte zwei weitere Schüsseln an einen weiteren Mann in den Zwanzigern, dessen Kopf durch ein hellblaues Kopftuch bedeckt war. Er wirkte auf sie recht unauffällig. Aber er hatte wie die anderen Tattoos in seinem Gesicht – zwei violette Streifen, die jeweils von seinem Kiefer bis hoch zu seinen Augen reichten. Dafür erntete sie ein unbestimmbares Brummen von dem großen Rothaarigen, der schon fast nicht mehr menschlich wirkte. Er sah ein bisschen seltsam aus, genau wie die anderen.

Sakimitama: Der Weg in die HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt