Kapitel 1

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Mit einem lauten knacken öffnet sich das Duschgel, welches ich mir vorhin in der kleinen Drogerie gekauft habe. Ich wollte es schon länger haben, da mich die Farben und kleinen Bildchen auf der Verpackung ansprachen. Ich habe es mir aber nie gekauft weil ich der Meinung war dass dass 5 Euro für ein Duschgel einfach zu viel seien. Aber heute war mein Glückstag und es wurde um die Hälfte reduziert. Also kaufte ich es. Ein Duschgel für 2.50€, welches nach Tonka Bohne und weißer Schokolade riechen sollte. Und als ich das weiße Gel auf mein Duschschwamm laufen ließ um mich einen Augenblick später damit einzuschäumen fiel mir ein, dass es mein gewohntes 0.89€ Gel aus dem Discounter, auch getan hätte. Enttäuscht nahm ich das teure Gel in meine Hand und begutachtete die Vorderseite. Das Tonka Bohnen Gel verspricht 100% natürlichen Duft und sollte dazu noch Vegan sein.
Aber ich ernähre mich doch gar nicht Vegan und auch mein Leben ist alles andere aber nicht Vegan. Ich esse normal. Ein bisschen Käse hier, ein bisschen Fleisch da. Und wie sollte ich nur meinen heiß geliebten Pudding ohne Milch anrühren? Bei diesen Gedanken sehe ich an mir hinunter  und fange an mein kleines Wohlstandsbäuchlein zu streicheln. Ich liebe das Wort Wohlstandsbäuchlein, weil es irgendwie so entschuldigend klingt. Ich bin nicht dick und auch nicht dünn ich bin einfach mitten drin. Jemand in der Mitte mit Normalgewicht. Meine Oberschenkel berühren sich und ich habe wirklich eine tolle Hüfte aber meine Taille ist schlank. Das gefällt mir besonders an mir. Auch meine Brüste haben eine schöne Größe und mein Po ist perfekt gemacht um schön damit wackeln zu können. Mir ist klar, dass nicht jedem Mann mein Körper gefällt aber letztendlich muss ich damit leben und mich sexy fühlen.
Bei diesen  Gedanken fange ich an zu lächeln. Eine unerwartete Glückswelle durchströmt mich und ich beginne ein Lied zu trällern und dabei zu tanzen.
Als ich die letzten Schaumreste aus meinen Haaren wasche, stelle ich das Wasser ab und trete aus der Dusche raus. Ich schnappe mir zwei Handtücher und wickle mir eins davon um den Körper und das andere um meinen Kopf. Einen Augenblick später finde ich mich selbst vor dem Spiegel wieder. Ich male meine Augenbrauen nach und zupfe überflüssige Härchen mit einer Pinzette ab. Als ich zufrieden mit dem Ergebnis bin, schnappe ich mir mein Handy und gehe in die Küche. Ich bereite mir einen Tee zu und nehme ihn mit zu der großen Fensterbank in mein Wohnzimmer. Die Fensterbank ist mein Rückzugsort. Hier sitze ich oft nach dem Duschen oder nach der Arbeit. Es entspannt mich regelrecht, den Menschen bei ihren Treiben zuzusehen. Es gibt zwar keine Geschäfte auf der kleinen Straße aber dennoch ist immer etwas los. Das liegt wahrscheinlich daran, dass in dem unscheinbaren Gebäude gegenüber ein Stripclub, seinen Platz gefunden hat.

Als ich eingezogen bin, wusste ich natürlich nicht was hinter der Fassade steckt. Erst Monate später konnte ich beobachten wie ein halbnackter Mann gewaltsam von einem Security Angestellten rausgezerrt wurde und der Halbnackte sich lautstark über eine Hure beschwerte. Da ich noch nie Security vor dem Gebäude gesehen habe kam ich ins grübeln und suchte im Internet nach meiner Straße.
Nach längerer Recherche kam letztendlich raus, dass der Club mit zu den modernsten sowie besten gehört und da ich mir nicht vorstellen konnte gegenüber von einem so unauffälligen und dennoch 5 Sterne Stripclub zu wohnen, beschloss ich den Laden genauer unter die Lupe zu nehmen. Wenige Tage später stand ich hinter dem Tresen und hatte mir einen festen Arbeitsplatz gesichert.

Das alles liegt bereits fünf Jahre zurück und es macht mich wütend, dass mein Chef Pitt erst vor kurzem den Club an die Mafia verloren hat.
Der Familienclan der dahinter steckt ist bekannt in unserer Stadt für Drogen und Menschenhandel. Sie nehmen immer mehr Stadtteile ein um die anderen Clans aus der Stadt zu vertreiben und ihre Macht zu verdeutlichen. Die Bevölkerung wird durch diese Familie bespitzelt, überfallen und bedroht. Ich hätte im Traum nicht dran gedacht, dass dieser Clan bis in unseren Club vordringt, da dieser oft als neutraler Treffpunkt zwischen den sich bekämpfenden Familien genutzt wurde. Pitt hatte sich nie auf Geschäfte mit den gewalttätigen Männern eingelassen und ich konnte nicht verstehen warum die großen Mafiosen das auch so hinnahmen und den Laden nicht einfach in die Luft sprengten.

Traurig beobachtete ich von meinem Platz am Fenster, wie die letzten Couchlandschaften des Clubs in einen riesigen Container geschmissen wurden. Noch vor zwei Wochen saßen dort Kunden und ließen sich von den Tänzerinnen beflirten und das Geld aus den Taschen ziehen.
Obwohl der Club vor einem halben Jahr komplett modernisiert worden war, gefiel dem neuen Chef das Design nicht und somit wurde kurzerhand alles weggeworfen und neu bestückt. Auch das ärgert mich weil ich Pitt bei der Auswahl der Möbel und Farben helfen durfte.
Gerade als ich mich mit wütender Miene abwenden wollte fuhr ein großer schwarzer, teuer aussehender Wagen mit dunklen Scheiben in die kleine Straße und kam vor dem Club stehen. Neugierig drücke ich mein Gesicht an die Scheibe um zu sehen wer aussteigen würde.

Nachtl(i)eben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt