Kapitel 9

0 0 0
                                    

Monate später

Nach meiner Abgabe der Kündigung habe ich mich nicht mehr im Stripclub sehen lassen. Anrufe von Pitt habe ich nicht mehr angenommen auch von irgendeinen anderen ehemaligen Kollegen nicht. Lediglich durch Lucy konnte ich erfahren, dass ich die einzige war die aufgehört hatte. Alle anderen sind weiterhin im Team. Für mich völlig unverständlich, ein wenig fühle ich mich verraten. Es ist als wäre ich die einzige, der es nicht gefällt wie diese gefährlichen Schnösel mit einem umgehen.
Von meiner Fensterbank beobachtete ich dennoch manchmal das Geschehen was vor dem Club passiert. Viele reiche Leute finden neuerdings den Weg durch die Türen, wahrscheinlich für irgendwelche dreckigen Deals oder Geschäfte. ‚Normalos' habe ich nicht mehr gesehen, denen die reinkommen wollen wird der Zutritt gewaltsam verweigert.

In meiner neuen Arbeitsstelle fühle ich mich wohl, ich habe zwar erfahren, dass auch dort die Inhaber unter den Fittichen eines Clans stehen und entscheiden, dennoch ist hier ein viel respektvoller Umgang mit uns Mitarbeitern und angegrabscht wurde ich hier auch noch nicht. Meine Vorgesetzten sind wirklich nett und ich war bereits mehrmals mit ihnen privat aus. Ich könnte es sogar als Freundschaft bezeichnen.
Mein Weg zur Arbeit beträgt nun nicht mehr wenige Minuten, viel eher eine halbe bis Dreiviertel Stunde. Ich fahre sonst mit meinem Auto doch an manchen Tagen auch mit den Öffentlichen.
Seit mehreren Tagen fühle ich mich beschattet, als wäre immer jemand hinter mir her. Deswegen vermeide ich so gut es geht die Straßen, betrete sie lediglich wenn ich auf Arbeit will oder einkaufen fahre. Meine Vorhänge in der Wohnung sind neuerdings auch immer geschlossen, einfach weil ich das Gefühl nicht los bekomme, dass mich ständig jemand beobachtet.

Ich stehe bereits hinter dem Tresen im Rieśe und mische unter der lauten Clubmusik Getränke. Heute lassen die Gäste viel Trinkgeld springen, das versetzt mich in wirklich gute Laune. Es wird viel geredet und geflirtet bis sich bei mir ein unwohles Gefühl im Körper breit macht. Ich blicke durch die vielen Menschenmassen hindurch und erkenne Samuele, der sich mit einem Mann unterhält. Der Mann ist niemand geringeres als einer meiner Chefs, Fillipe. Ein wenig flammt die Angst in mir auf, doch ich unterdrücke sie. Ich kann beobachten wie eine hübsche junge Frau mit kurzen blonden Haaren, zu Samuele gezerrt wird und diese sich erst gegen ihn wehrt und dann in seinen Armen liegt. Sie wirkt ziemlich betrunken. Ich beruhige mich, da er nicht wegen mir hier ist. Warum sollte er auch, ich hab schließlich gekündigt und seitdem nichts mehr von mir hören lassen.
Samuele und die Frau verlassen den Club, doch das unwohle Gefühl bleibt weiterhin in mir bestehen.
Als mein Feierabend gegen 3 Uhr in der Frühe naht, mache ich mich bereits auf dem Weg um mich umzuziehen. Der Club ist immer noch brechend voll und das wird auch bis 7 Uhr morgens andauern. Ich bin froh zeitig gehen zu können und streife mir mein verschwitztes Shirt vom Körper und ziehe mir mein Top indem ich gekommen war über. Ich frische mich am Waschbecken ein wenig auf, schnappe mir meine Tasche und mache mich auf dem Weg ins Büro der Chefs um mich abzumelden. Das Büro befindet sich eine Etage über dem Club und ist somit ruhig und abgelegen. Meine Ohren geben einen starken Fiebton von sich. Die Musik war heute wieder besonders laut.
Die Tür des Büros steht ein wenig offen und gerade als ich klopfen will, halte ich inne. Aus dem Raum kommt eine mir bekannte Stimme. „...du hast es einfach vermasselt Fillipe. Der Deal ist geplatzt, es gibt für dich keinen anderen Ausweg um aus dieser Sache wieder rauszukommen." höre ich den Mann sagen, der  vor ein paar Monaten noch auf meiner Bettkante saß und mich schlug weil ich seinen Namen nicht wusste.
„Ich b-bitte dich, gibt es denn keine andere M-Möglichkeit? Bitte ich verkaufe, ach was ich schenke dir auch den Club, nur lass mich am Leben!" fleht Fillipe. Um besser zu sehen trete ich leise ein wenig näher an die Tür und schiebe sie ein wenig auf. Nicolo steht mit einer Waffe gerichtet vor meinem neuen Chef, dieser kniet vor dem Mancini Sohn und schaut zu ihm herauf als würde er betend vor einem Gott sitzen. „Deinen Drecksladen kannst du dir behalten, cretino! Aber du hast da etwas anderes was mir zusteht." mit diesen Worten dreht sich Nicolo grinsend zur Tür und sieht mich an. Ich springe zurück und renne Richtung Ausgang. Meine Ohren nehmen einen Schuss wahr und ich bleibe vor Schreck stehen. Gegen meinen Willen drehe ich mich um und will zurück doch ich renne direkt in Nicolos Arme. Ich wehre mich und schaffe es mich an ihm vorbeizudrücken und ins Büro zu platzen. Fillipe liegt am Boden. Seine Augen sind weit aufgerissen und ein Loch befindet sich in seiner Stirn. Ich sehe Blut, alles voller Blut. Benommen stehe ich da, bekomme kein Wort zu Stande und starre auf die Leiche meines Chefs, meines Freundes . Ich merke wie Nicolo mich aus dem Zimmer zieht. „Komm mit, du hast genug gesehen." sagt er mit ruhiger Stimme und schiebt mich vor sich her. Unfähig zu irgendetwas lasse ich mich von ihm raus an die Luft dirigieren. Vor dem Club überkommt mich eine Übelkeit und ich übergebe mich. Mein Körper beginnt stark zu zittern und ich verliere den Halt. Bevor ich ohnmächtig werde, sehe ich Fillipes totes Gesicht vor meinem inneren Auge.

Nachtl(i)eben Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt