Kapitel 6

3.4K 176 12
                                    

Ich lasse ihn los, ehe er sich losreissen kann und lächle ihn dann an. "Ich bin wieder in der Krankenstation und warte auf meine Strafe!" sage ich, drehe mich um und gehe zur Tür. Ich hätte jetzt irgendwie auf... ein gebrüll und gezeter gewartet. Aber er ist still und diese Stille nutze ich aus, um zu verschwinden und bisher ohne Strafe aus dem Zimmer zu gehen. Ich rechne es ihm hoch an, dass er gerade nicht am ausflippen ist und mich nicht zusammengeschissen hat! Denn schließlich hätte er eigentlich allen Grund dazu gehabt. Und ich hätte es sogar verstanden. Ich meine... Man wird von einer untergebenen, beziehungsweise jemandem fremden umarmt!

Mich streckend, gehe ich zurück in mein Reich, schließe die Tür hinter mir und sehe, dass Hanji immer noch schläft. Zufrieden nickend gehe ich zu meinem Schreibtisch und kümmere mich um ein paar Dinge, die ich schon lange genug habe vor mich her geschoben. Dazwischen knabbere ich ein paar Nüsse, da ich weder Frühstück noch Mittagessen hatte und das gerade meine einige Nahrung ist, obwohl wir drei Uhr nachmittag haben. Man gewöhnt sich daran, nicht regelmäßig zu essen, wenn man in meinem Job ist. Da ist essen und freizeit generell ein privileg. Tag und Nacht hier zu sein, ist meine Aufgabe.

Den restlichen Tag habe ich noch ein paar kleinere Verletzungen zu verarzten und sonst ist eigentlich nichts. Abends gönne ich mir ein richtiges essen und gehe mitsamt meinem Kittel aus der Krankenstation und in den Speisesaal. Ich habe mir ein Buch mitgenommen, damit ich während des essens lesen kann. Entspannen ist ebenfalls ein Privileg. Und wenn ich es schon einmal kann, dann sollte ich es ausnutzen. Mit dem vollen Tablett setze ich mich ein wenig abseits des Trubels an einen leeren Tisch, klappe das Buch auf und Esse nebenher, während ich mit der linken Hand meinen Kopf stütze und in der Welt des Buches versinke.

Ich merke nichteinmal, wie sich jemand an das andere ende des Tisches setzt und ebenfalls anfängt, stumm zu essen. Das Brot und den eigentlich geschmackslosen Brei schlucke ich einfach so runter und blättere immer weiter um. Als ich nichts mehr zu essen habe, seufze ich packe alles zusammen und klappe auch das Buch zu. Ohne zu gucken, wer sich an den Tisch gesetzt hatte, stehe ich auf und bringe das leere Tablett zurück, ehe ich mich wieder auf den Weg zurück mache. Es ist still, da jetzt Abendessenszeit ist und alle im Speisesaal sind. Aber ich finde die stille angenehm. Ich mag es nicht, wenn es so laut ist.

Die Tür der Krankenstation schließe ich wieder hinter mir und lege das Buch zurück auf den Schreibtisch, ehe ich mich um Hanji kümmere. Ich flöße ihr vorsichtig wasser ein, dass sie automatisch schluckt und bin froh, dass ich sie nicht an den Tropf hängen muss. "Und das Buch war so interessant, dass du nichts mitbekommen hast?" fragt mich plötzlich eine bekannte Stimme und ich schrecke auf. Doch ich beruhige mein rasendes Herz schnell, als ich Levi sehe, der das Buch hoch hält, dass ich eben beim Abendessen gelesen habe. Ich nicke und wasche mir danach wieder die Hände. Genau so, wie ich es beim Eintreten gemacht habe.

Ich trockne mir die Hände ab und sehe den schwarzhaarigen an. "Kann ich etwas für Sie tun Corporal Ackermann?" frage ich und er sieht mich an, als wüsste er nicht, ob mit meinem Gedächtniss noch alles in Ordnung ist. "Ich habe von Erwin den Auftrag bekommen, dich zu überwachen. Und ich werde nicht eher davon zurück treten, bevor ER es mir gesagt hat!" Ich schließe meine Augen und lege meine Hand auf mein Gesicht, ehe ich ihn genervt ansehe und meine Hand wieder sinken lasse. "Also nichts gegen Sie Corporal. Aber es nervt. Am besten gehen wir gleich zu meinem Bruder. Und diesmal werde ich zuerst klopfen!" sage ich und ein kalter schauer läuft mir über den Rücken. "Ich habe dinge gesehen... Die werden mich für immer verfolgen..." murmle ich und gehe, gefolgt von Levi, aus der Krankenstation.

Und diesmal klopfe ich wirklich. Und gehe auch erst nach der aufforderung meines Bruders in das Zimmer. Als Erwin mich sieht, erstarrt er und läuft rot an. "Sera... Es tut mir wirk-" fängt er an, doch ich hebe meine Hand. "Ah! Ah! Ah! Sag einfach nichts. Ich nicht geklopft und diese Bilder werden mich als Strafe immer und überall hin verfolgen." Dann sehe ich ihn etwas anzüglich an. "Aber schön, dass es bei euch endlich geklappt hat und ich wusste nicht, dass man solche verrenkungen ausführen kann, ohne sich irgendwas auszukugeln!" Ein freches Grinsen zeigt sich auf meinem Gesicht, ehe ich wieder ernst werden. "So. Damit ist das Thema erledigt. Und jetzt zu dem, weswegen ich EIGENTLICH zu dir kommen wollte!"

Ich verschränke die Arme und sehe meinen geliebten Bruder genervt an. "Wieso zur hölle muss ich überwacht werden und könntest du dem Corporal bitte sagen, dass es mir gut geht und er aufhören kann? Es nervt um ehrlich zu sein und er hat wahrscheinlich auch besseres zu tun, als mir bei meinen langweiligen Sachen einfach nur stumm zuzusehen!" Erwin's Gesichtsfarbe normalisiert sich wieder. "Sera. Du weißt genau, dass ich das zwar KÖNNTE, aber nicht werde!" Mir klappt der Unterkiefer hinunter. "Was?! Wieso?!" rufe ich und mein Bruder steht auf und kommt zu mir. Beschützerisch und liebevoll legt er eine Hand auf meinen Kopf. "Weil du alles andere als Fähig bist, im moment irgendetwas logisch anzugehen. Und du weißt genau, wieso!"

Ich werde an ihn gedrückt und sehe genervt auf die seite, bevor ich meine Arme auf seinen Rücken lege. "Du bist doof..." brumme ich und schließe meine Augen. "Und wer übernimmt das Training? Und wie mache ich das, wenn ich Hanji untersuchen muss? Ich kann den Corporal ja dann nicht rausschicken, weil er ja unbedingt auf mich aufpassen muss!" sage ich und löse mich wieder von meinem Bruder. Nachdenklich gehe ich zwischen Levi und Erwin auf und ab. "Wir brauchen jemanden für das Training. Und ich will alleine auf das Klo und duschen! Und will auch alleine reiten, wenn ich meine ruhe brauche. Und ich muss mich um Hanji kümmern. Und schlafen würde ich auch sehr gerne alleine!"

Der Doktor der verrücktenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt