2. Willkommen in Japan

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Am Tag unseres Fluges stand ich morgens mit meinem Gepäck vor dem Haus der Kudos und drückte mit zitternden Fingern auf die Klingel. Meinen Eltern hatte ich erzählt, ich würde zu meiner Tante Juliette nach Maine fahren. Zur Sicherheit hatte ich auch ihr erklärt, dass ich sie als Alibi benutzte und da sie eine der coolsten Personen auf dem Planeten war, hatte sie nichts weiter als "alles klar", gesagt. Allerdings glaubte ich sowieso nicht, dass meine Eltern bei ihr anrufen würden, um sich nach mir zu erkundigen.

Yukiko öffnete mir die Tür und ließ mich eintreten.

"Hast du Hunger?", fragte sie und führte mich ins Wohnzimmer.

Ich schüttelte den Kopf, zum Essen war ich viel zu aufgeregt. Da ich nichts wollte, bot mir Yukiko an, auf dem Sofa Platz zu nehmen und setzte sich daneben auf einen Sessel.

In diesem Moment kam Yusaku herein und grüßte mich halbherzig, während sein Blick verriet, dass er sich geistig ein einer vollkommen anderen Welt befand. Ich hatte es ihm nie so richtig sagen können, aber Yusaku Kudo war einer der Gründe, der mich zum Schreiben gebracht hatte. Ich schrieb zwar keine Kriminalromane, aber sein Schreibstil und die Art und Weise, wie er Charaktere zum Leben erweckte, hatten mich sehr geprägt.

"Yusaku", meinte Yukiko entrüstet, "benimm dich wenigstens wie ein halbwegs anständiger Mensch, wenn wir Besuch haben."

"Ist doch halb so wild", versuchte ich sie zu besänftigen, doch Yukiko sah Yusaku weiter böse an, bis er langsam in die Realität zurückkehrte.

An seinem scharfen Blick konnte ich erkennen, dass er auch jede kleine Information, die mein Erscheinungsbild ihm verriet, nun kannte. Es war ein seltsames Gefühl, dass eine Mischung aus Empörung und Bewunderung in mir auslöste.

Yukiko deutete meinen Gesichtsausdruck richtig und lachte. "Keine Angst, Emily, er weiß nur halb so viel, wie er tut."

"Ey!" Nun war es an ihrem Ehemann, entrüstet zu sein. Yusaku verließ den Raum und Yukiko wandte sich wieder mir zu.

"Kommt er auch mit?", fragte ich.

Yukiko schüttelte den Kopf. "Er arbeitet an einem Buch und da ist es ein Wunder, ihn überhaupt zu Gesicht zu bekommen." Trotz ihres abschätzigen Tonfalls, konnte ich in ihren Augen lesen, wie stolz sie war. 

Es war irgendwie schön, einem Ehepaar zu begegnen, das tatsächlich noch miteinander redete. Meine Eltern konnten nur noch über Oberflächliches sprechen ohne in einen Streit zu geraten. Das war schon so, seit Josh uns verlassen hatte, vielleicht sogar schon länger. Aber Yusaku und Yukiko wirkten irgendwie...glücklich.

Yukiko riss mich aus meinen Gedanken, als sie sich ruckartig aufrichtete.

"Wir haben nicht mehr viel Zeit. Ich hole schnell meine Sachen und dann brechen wir auf."

💮💮💮

Tokio war riesig, laut und hell. Ich lebte mit meinen Eltern in einem ruhigen Vorort in einer reinen Wohnsiedlung und ging auch dort zur Schule. Natürlich kam ich auch manchmal in die Stadt, aber Tokio war eine vollkommen neue Erfahrung.

Während wir mit einem Taxi durch die nächtliche Stadt fuhren, bewunderte ich die blinkenden Lichter und riesigen Gebäude, die allerdings immer weniger wurden, je weiter wir fuhren. Als das Taxi hielt, waren wir in einer ruhigen Straße mit großen Wohnhäusern angelangt. Yukiko hatte mir während des Flugs erzählt, dass ihr Sohn momentan nicht in Tokio war. Sie meinte, er sei in einem Fall unterwegs und würde wohl nicht so bald zurückkehren. 

Wir stiegen aus und Yukiko reckte die Arme in die Luft. 

"Heimatluft", schwärmte sie und hob ihren Koffer auf.

Wie dick darf Blut sein? (Detektiv Conan Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt