6. Sonokos Schwarm

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Back to normal (Emilys p.o.v.)

Die nächsten Tage konnte ich mich kaum konzentrieren. Immer wieder wanderten meine Gedanken zu Joshs Hinterkopf. Er hatte mich gehört, das wusste ich. Und dennoch...

Ran versuchte, mich auf jede erdenkliche Art abzulenken, doch dass ich meine Begegnung zunächst vor ihrem Vater schildern musste und anschließend noch von Masumi ausgequetscht wurde, trug nicht gerade dazu bei, dass ich auf andere Gedanken kam.

Umso willkommener war dann, dass Sonokos stinkreicher Großonkel -oder wie auch immer sie verwandt waren- einen großen Edelstein ausstellte und einen Dieb herausforderte, diesen zu stehlen, was mir zunächst wie eine äußerst hirnrissige Idee vorkam. Doch Ran und Sonoko klärten mich sogleich auf, dass es sich dabei nicht um irgendeinen Dieb handelte, sondern um Kaito Kid. Laut Sonoko war er vor allem ein Dieb der Herzen und habe es gar nicht auf den Edelstein sondern auf sie abgesehen und Ran erklärte mir, dass Sonokos Onkel wohl schon unzählige Male gegen diesen Dieb angetreten war und es immer damit endete, dass jener ihn an der Nase herumführte und das Diebesgut dann trotzdem irgendwie immer wieder in den Händen des Eigentümers landete.

"Kid schickt immer verschlüsselte Ankündigungen, wann und wo er auftauchen wird und er ist oft verkleidet", erklärte Ran, während Sonoko verträumt in den Himmel starrte.

"Und wir können einfach zum Zuschauen kommen?", fragte ich.

"Ja, Sonokos Onkel bittet Paps immer, zu kommen und Conan und mich mitzubringen", erklärte Ran.

"Aber bevor wir zum Ort des Zusammentreffens gehen können", sagt Sonoko mit erhobenem Zeigefinger, "müssen wir uns noch etwas ordentliches zum Anziehen kaufen."

Mit diesen Worten marschierte sie auf ein Kaufhaus zu und wir folgten ihr.

💮💮💮

Drei Stunden später trug Sonoko ein sündhaft teures Kleid und Ran und ich zwei Taschen voller Klamotten. Ran hatte sich von Sonoko ebenfalls eines der Kleider aufdrängen lassen, doch bevor auch ich als Ankleidepuppe hatte hinhalten müssen, war Sonoko eingefallen, dass es vor dem Museum ziemlich voll werden würde und wir uns lieber beeilen sollten, um überhaupt noch reinkommen zu können. Laut Ran hatte dieser Kaito Kid nämlich sehr viele, vornehmlich weibliche, Fans.

Tatsächlich war der Platz vor dem Museum schon reichlich gefüllt, als wie ankamen und es dauerte eine Weile, bis wir uns im Slalom bis zum Eingang vorgekämpft hatten. Nachdem wir eine Reihe extrem aufwändiger Sicherheitsvorkehrungen passiert hatten und ich dank einer Nagelschere beinahe wieder hinaus befördert worden wäre, landeten Sonoko, Ran und ich in einem großen, runden Raum, in dessen Mitte eine Vitrine stand. Hinter dem Glas konnte ich einen wunderschönen, blauen Edelstein erkennen.

Der Raum war voller Polizisten und ehe ich reagieren konnte, war ein Mann zu mir gelaufen und und zog kräftig an meiner Wange.

"Aua!", rief ich empört und er ließ los.

"Dann bist du wohl doch nicht Kid", meinte er und ich rieb mir die schmerzende Wange.

Auf einmal kam ein älterer Herr zu uns, den Sonoko freudig begrüßte und mit Onkel Jirokichi ansprach. Hinter ihm liefen auch der kleine Conan und Rans Vater her, die uns ebenfalls begrüßten.

"Und was hast du diesmal für eine Schutzmaßnahme?", fragte Sonoko.

Während ihr Onkel mit leuchtenden Augen zu berichten begann, sah ich mich um. Es gab außer dem Edelstein keine weiteren Ausstellungsstücke und an der Wand aufgereiht standen ganz schön viele Polizisten, dafür, dass es sich hierbei um einen Dieb handelte. Da es außer dem Edelstein nichts weiter zu sehen gab, beschloss ich, wenigstens ihn einmal genau in Augenschein zu nehmen. Ich trat einige Schritte auf die Vitrine zu und jemand schrie laut meinen Namen. Bevor ich realisieren konnte, was geschah, zog mich ein Polizist zurück. Gerade rechtzeitig, damit ich den vier Pfeilen ausweichen konnte, die aus der Vitrine geschossen kamen.

"Wollen Sie Kid umbringen, Herr Suzuki?", rief Rans Vater aufgebracht. "Das ist sehr gefährlich."

Sonokos Onkel war kreidebleich und starrte auf die Pfeile, die sich in die Wand gebohrt hatten. "Ich hatte angeordnet, winzige Narkosepfeile da hinein zu stecken", versicherte er.

Ich wollte mich bei dem Polizisten bedanken, doch er war schon weg. Als ich an mir herunter sah, um sicherzugehen, dass ich auch wirklich nicht verletzt war, erschrak ich. Mein Hemd war vollkommen zerfetzt und auch der Rock hatte so einiges einstecken müssen. Offensichtlich waren die Pfeile dichter als gedacht an mir vorbei gezischt.

"Du meine Güte, Emily. Das sieht nicht gut aus", meinte Ran mitleidig.

"Hier, nimm eines von den Kleidern", bot Sonoko an und zeigte auf die Tüten, die wir beim Reinkommen in eine Ecke gestellt hatten.

"Danke, Sonoko", sagte ich und griff nach einem x-beliebigen Kleid, das obenauf lag.

"Sollen wir dich begleiten?", fragte Ran, doch ich schüttelte nur mit dem Kopf. 

"Ich komme schon zurecht."

Mit diesen Worten drehte ich mich um und schlenderte in Richtung Toilette davon.

Auch die Gänge waren voller Polizisten, die größtenteils ziemlich gelangweilt dreinschauten und mir keinerlei Beachtung schenkten.

Ich betrat die Toilette und besah mir das Kleid, das ich blind ausgewählt hatte einmal genauer. Es war olivgrün und eigentlich ganz hübsch, bis auf die Tatsache, dass es um den Ausschnitt mit glitzernden Steinchen besetzt war.

Die Tür ging auf und eine männliche Putzkraft trat ein. Er hatte seine Kappe tief ins Gesicht gezogen, doch ich konnte trotzdem erkennen, dass er sehr jung war. Ohne ihn weiter zu beachten, hob ich das Kleid in die Höhe und hielt es vor meinen Körper. Es sah immer noch besser aus als die zerrissenen Klamotten, die ich im Moment trug.

Ich sah auf und erkannte im Spiegel, dass die Putzkraft plötzlich direkt hinter mir stand. Doch bevor ich mich umdrehen konnte, wurde mir schwarz vor Augen.

💮💮💮

Als ich aufwachte, saß ich gefesselt auf einem Klodeckel und mir war ein Klebstreifen über den Mund geklebt worden. Meine Schuhe waren weg und ich wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war. Es war stockdunkel, da der Raum keine Fenster hatte und das Licht sich nach einigen Minuten von selbst wieder ausschaltete. Ich versuchte, mich aus den Fesseln zu befreien, doch es gelang mir nicht.

Da fiel mir ein, dass ich noch die Nagelschere in der Tasche hatte. Als Ran und Sonoko mich heute morgen in Yukikos Haus abgeholt hatte, hatte Sonoko mich gebeten, sie einzustecken. Letztendlich hatte keine von uns sie gebraucht und nachdem ich dank dem kleinen Ding am Eingang des Museums beinahe wieder hochkant hinaus befördert worden wäre, hatte man mich sogar mitsamt der Schere hinein gelassen. Zum Glück, denn nun konnte ich mich vielleicht sogar dank dieser Schere befreien. Ich musste sie nur irgendwie in die Finger bekommen.

Ich versuchte, mich so weit wie möglich auf dem Klodeckel zu drehen und streckte gleichzeitig meine Arme in Richtung der Tasche in meinem Rock. Da ich sie nicht erreichten konnte, schob ich meine Beine nach oben und schaffte es irgendwie, die Tasche in Richtung meiner Hände zu führen. Mit den Fingerspitzen holte ich die Nagelschere heraus und setzte mich wieder so hin, dass ich keine Schmerzen erlitt. Jetzt durfte ich die Schere nur nicht fallen lassen. Langsam griff ich sie fester und versuchte, sie auf zu machen. Das funktionierte schon mal. Vorsichtig suchten meine Finger das Seil und ich begann, es zu zerschneiden. Da meine Schere sehr klein und das Seil sehr dick war, dauerte es eine Ewigkeit, bis ich es zerschnitten hatte. 

Als die beiden Seilenden endlich nach unten vielen, ruckelte ich wieder ein wenig hin und her und die Fesseln wurden Stück für Stück immer lockerer, bis ich mich schließlich komplett befreien konnte. Ich riss mir das Klebeband vom Mund und jaulte auf. Aber warum zur Hölle, war ich überhaupt gefesselt gewesen? Ich sprang ein wenig hin und her, damit das Licht wieder an ging. Hoffentlich war nicht zu viele Zeit vergangen und Ran und die anderen hielten sich immer noch hier auf.



Wie dick darf Blut sein? (Detektiv Conan Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt