4. Besuch aus Osaka

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Leider brachten die folgenden Tage keine neue Spur zu Josh. Stattdessen lernte ich Rans Freundinnen Masumi und Sonoko kennen. Masumi war ebenfalls Detektivin und auch Sonoko behauptete von sich, schon den ein oder anderen Fall mit Bravour gelöst zu haben. So langsam fragte ich mich, ob in Japan einfach mehr Verbrechen geschahen, als anderswo.

Ran hatte mich gleich nach meinem ersten Tag unter ihre Fittiche genommen. Sie zeigte mir Tokio, lud mich zum Essen ein und sprach mir zuliebe häufig sogar Englisch. Da sie ebenfalls gerade keine Schule hatte, blieb viel Zeit, um sich gegenseitig besser kennenzulernen und wenn ich nach diesen paar Tagen eines wusste, dann, dass Ran eindeutig zu gut für diese Welt war. Sie schien stets um jeden besorgt zu sein, war eine fabelhafte Zuhörerin und wenn Conans Freunde zu Besuch waren, bekamen sie immer etwas zu essen. Yukiko erzählte mir außerdem, dass Ran, nachdem sie und Yusaku in die USA gezogen waren, häufig für Shinichi gekocht hatte und bis heute ins Haus der Kudos kam, um dort sauberzumachen.

Ich verbrachte viel Zeit in der Detektei Mori, während der namensgebende Detektiv zwar behauptete, mit meinem Fall beschäftigt zu sein, heimlich aber Pferderennen hörte, schlief oder sich in irgendwelchen Bars herumtrieb. Er nannte es Recherche, doch ich hatte oft das Gefühl, von Conan mehr Hilfe zu bekommen. Der Junge stellte mir immer wieder Fragen über Josh und notierte alles sorgfältig in auf seinem Block.

Wir saßen auch häufig im Café Poirot, meist in Gesellschaft der Detective Boys oder Masumi und Sonoko. Hin und wieder hatte ich das Gefühl, beobachtet zu werden. Wenn ich mich dann allerdings umsah, waren da nur die anderen Gäste, die Kellnerin, deren Name Azusa war und Toru Amuro, der Detektiv-Kellner. 

An meinem fünften Tag in Tokio musste Ran einige Besorgungen in der Stadt unternehmen und ich begleitete sie, da Yukiko für vier Tage zu Freunden aufs Land gefahren war.

Wir verließen gerade ein Schmuckgeschäft, in dem Ran eine Kette zur Reparatur abgegeben hatte, als eine Stimme ertönte.

"Ran, wie schön dich zu treffen", rief jemand und wir drehten uns um.

Ein Mädchen in Rans Alter lief lächelnd auf uns zu, während ihr Pferdeschwanz hin und her wippte. Als Ran sie erkannte, begann sie ebenfalls zu strahlen und umarmte das Mädchen.

"Kazuha, was für eine Überraschung! Wieso bist du denn in Tokio?", fragte sie und navigierte uns gleichzeitig durch die Menschenmengen in Richtung eines Park.

"Heiji hatte irgendwas hier zu erledigen und ich bin mitgekommen."

"Wie schön", meinte Ran und blieb mit uns neben einer Bank an einem Brunnen im Park stehen. Wir setzten uns und Ran stellte mich Kazuha vor. 

"Schön, dich kennenzulernen, Emily", sagte Kazuha lächelnd.

"Kazuha wohnt in Osaka, weshalb wir uns nicht so oft sehen", erklärte Ran.

In diesem Moment klingelte Kazuhas Handy und sie entschuldigte sich. Als sie sah, wer anrief, ging sie eilig dran.

"Heiji, wo bist du?"

Sie lauschte kurz.

"Ich habe Ran getroffen und wir sind in einen nahegelegenen Park... genau."

Auf dem Weg, den wir gerade gekommen waren, erschien ein dunkelhäutiger Junge, der konzentriert telefonierte. Als er uns entdeckte, legte er auf und kam eilig angelaufen.

"Du kannst doch nicht einfach weglaufen", meinte er vorwurfsvoll zu Kazuha.

"Aber ich habe mich so gefreut, Ran zu sehen."

Die beiden begannen zu diskutieren, doch ich konnte mich nicht mehr darauf konzentrieren, denn etwas anderes hatte meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Es war ein blonder Kopf, der mir zwischen all den dunkelhaarigen Menschen direkt ins Auge sprang. Der Mann, zu dem der Kopf gehörte, stand in einer Telefonzelle und kratzte sich mit dem linken Daumen am Hinterkopf. Ich kannte diese Gewohnheit. Konnte es sein, dass ich ihn hier durch Zufall traf?

Der Mann legte den Hörer zurück, öffnete die Tür und trat zurück auf die Straße. Sein Gang, ich hatte keinen Zweifel mehr daran, dass es sich bei dem Mann um Josh handelte.

Wie in Trance stand ich auf und lief in seine Richtung. Der Mann sah sich kurz um, ohne mich zu bemerken und tauchte in der Menge unter. Mein Blick klebte an seinem Haarschopf und ich beschleunigte meine Schritte, bis ich schließlich rannte.

"Josh!", rief ich und schlängelte mich zwischen einem Pärchen und einem Kinderwagen durch. Noch sah ich die blonden Haare, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis ich sie aus den Augen verlor.

Noch einmal rief ich seinen Namen, diesmal noch lauter und ich sah ihn zusammenzucken. Doch anstatt sich zu mir herum zu drehen, beschleunigte er seine Schritte und bog in eine Seitenstraße ab. Ich boxte mich fast durch die Menge, doch als ich in der Straße ankam, war niemand zu sehen. 

"Josh, warum läufst du denn vor mir weg?", murmelte ich und lehnte mich mit geschlossenen Augen gegen eine Wand.

"Emily, alles in Ordnung?"

Ich öffnete die Augen wieder und sah drei Personen vor mir an. Es waren Ran, die mir mit besorgtem Blick eine Hand auf die Schulter legte und Kazuha und dieser Heiji, die etwas weiter hinten standen.

"Ja, sorry", meinte ich verwirrt und schüttelte den Kopf. "Ich hab nur gerade Josh gesehen, aber er ist weggelaufen, als ich seinen Namen gerufen habe."

"Sicher, dass er es war?", fragte Ran.

"Ich konnte sein Gesicht nicht erkennen, aber ja, ich bin mir ziemlich sicher."

"Wer ist denn Josh?", fragte Kazuha.

"Mein Bruder. Ich bin nach Japan gekommen, um nach ihm zu suchen."

"Vielleicht können wir dir bei der Suche helfen", schlug Kazuha vor und stupste Heiji an, der daraufhin mit den Schultern zuckte.

"Das müsst ihr wirklich nicht tun. Trotzdem danke für das Angebot."

"Klar helfen wir", meinte Kazuha mit einer wegwerfenden Handbewegung. "Schließlich ist Heiji der beste Schülerdetektiv des Westens Japans und wir hatten sowieso vor, noch ein bisschen in Tokio zu bleiben."

"Er ist auch Detektiv?", fragte ich.

Ich würde es noch schaffen, alle Detektive Japans auf meinen Fall anzusetzen.

"Wieso auch?", wollte Heiji nun wissen.

"Naja, ich habe bereits Hilfe von Rans Vater, den Detective Boys, Masumi und Sonoko. Und Amuro meinte, dass er sich mal umsehen würde."

"Also ist die Brillenschlange auch dabei?", fragte Heiji und schien plötzlich doch Interesse zu haben.

"Conan?", wollte ich wissen und er nickte. "Ja, zumindest stellt er mir die ganze Zeit fragen über Josh."

"Na, wenn er den Fall interessant genug findet, dann helfe ich gerne auch mit", erklärte Heiji und Kazuha nickte zufrieden.

"Da fällt mir ein, ich hatte Conan versprochen, ihm ein Mittagessen zu machen", stellt Ran erschrocken fest. "Ich muss zurück zur nach Hause."

"Wir kommen mit", meinte Kazuha und zog Heiji am Arm hinter sich her.

Ich sah mich noch einmal um, bevor ich ihnen folgte. Wohin war Josh nur so schnell verschwunden?

Wie dick darf Blut sein? (Detektiv Conan Ff)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt