Drei

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Jungkook

Ich hatte schon den ganzen Tag nichts von meinem besten Freund gehört und langsam machte ich mir Sorgen. Ich wusste selbst nicht genau warum.

Normalerweise schrieben wir täglich miteinander, er wünschte mir jeden Tag einen guten Morgen, sobald er wach wurde und Mittags erkundigte er sich immer, ob ich auch vernünftig aß. Er fand, ich würde nicht genügend essen. Schon süß von ihm.

Heute aber, hatte er nach zehn Uhr nichts mehr geschrieben und war auch nicht online gekommen. Ich machte mir wirklich Sorgen. Es passte überhaupt nicht zu ihm, denn er war auch nicht dran gegangen, als ich vor wenigen Minuten angerufen hatte.

In Gedanken versunken ging ich zur Tür, nachdem die Klingel erklungen war. Als ich erkannte, wer da vor mir stand, erstarrte ich. Mein bester Freund war in einer schrecklichen Verfassung.

Seine Haare waren völlig verwuschelt, seine Augen gerötet, er hatte geweint, doch am schlimmsten war dieser verzweifelte Blick.

"Tae", murmelte ich entsetzt und ein Rucken ging durch seinen Körper, als er einen Schritt auf mich zu trat. Seine schönen Lippen verzogen sich nach unten und neue Tränen flossen über seine Wangen.

"Kookie." Seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und es tat mir weh, ihn so gebrochen zu sehen.

Ich griff vorsichtig nach seiner Hand und zog ihn ins Haus, bevor ich die Tür schloss und ihn in meine Arme nahm. Ein Schluchzen drang aus seiner Kehle und ich spürte, dass er am ganzen Körper zitterte, als sich seine Finger in mein Oberteil krallten.

"Shhht, ist ja alles gut", versuchte ich ihn zu beruhigen und hielt ihn einfach nur fest. Sein Schluchzen klang herzzerreißend und ich wollte ihn am liebsten nie wieder loslassen.

Obwohl er älter war als ich, verhielt er sich meist etwas kindisch, nahm vieles nicht so ernst und war eigentlich immer fröhlich. Aber ihn so zu sehen, machte mich unerträglich traurig und ich wollte ihn vor allem und jedem auf dieser Welt beschützen.

Ich zügelte meine Neugier und fragte nicht, was passiert war. Stattdessen schob ich ihn ein Stück von mir, um in sein Gesicht zu schauen. Er sah mich traurig an. Trotz der verquollenen Augen und der geröteten Haut, musste ich feststellen, wie hübsch er war.

"Komm", meinte ich leise, "zieh erstmal die Jacke aus."

Mit zusammengezogenen Augenbrauen beobachtete ich, wie er den Kopf senkte und langsam den Reißverschluss öffnete. Das Zittern war nicht besser geworden. Er streifte sich den Stoff von den Schultern und ich hielt die Luft an.

Er trug überhaupt kein Oberteil, verwirrt betrachtete ich seinen Oberkörper. Es war nicht so, dass ich ihn noch nie so gesehen hatte, doch überrascht war ich schon. Er hatte ziemlich abgenommen, war fast schon abgemagert.

Er hob seine Arme vor die Brust und versuchte sich vor mir zu verbergen, zog die Schultern hoch und machte sich kleiner.

Sofort schlug ich mir innerlich vor den Kopf, was stand ich hier so einfach rum und starrte ihn an?

"Entschuldige, komm mit, ich geb dir was zum Anziehen." Peinlich berührt wandte ich mich ab, griff aber wieder nach Taes Hand. Ich wollte nicht, dass er allein hier stehen blieb.

Mir war die gerötete Stelle an seinem Hals aufgefallen, sie sah schmerzhaft aus. Eigentlich hätte ich vermutet, es wäre ein Knutschfleck, aber mein bester Freund war in keiner Beziehung und außerdem war der Fleck dafür etwas groß und undefiniert. Als hätte Tae sich gewehrt.

Bei dem Gedanken daran machte mein Bauch einen unschönen Sprung.

In meinem Zimmer nahm ich meinen Lieblingshoodie aus dem Schrank und reichte ihn Tae. Während er sich anzog, drehte ich ihm den Rücken zu. Erst, als kein Geräusch mehr zu hören war, schaute ich ihn wieder an. Seine Augen waren auf den Boden gerichtet und obwohl er aufgehört hatte, zu weinen, strahlte er eine Verzweiflung aus, die mir Übelkeit verursachte.

Ich ging mit ihm ins Wohnzimmer und schob ihn sanft auf die Couch, wo ich eine Decke um seine Schultern legte und beschloss, ihm einen Beruhigungstee zu machen.

Die Turnschuhe hatte er vor der Couch abgestellt und sich komplett in die Decke eingewickelt, als ich wieder kam.

Wie ein Häufchen Elend starrte er mit zusammengezogenen Augenbrauen vor sich hin und schien mich erst wieder zu bemerken, als ich mich neben ihn setzte. Seine Augen trafen auf meine und er zwang sich zu einem schiefen Lächeln.

Es zerriss mir beinahe mein Herz.

Ich wusste nicht, ob er meine Berührungen jetzt wollte, oder nicht, also breitete ich nur fragend meine Arme aus.

Er starrte mich einen Moment an, bevor er sich langsam auf mich zu bewegte. Er legte seinen Kopf auf meinen Schoß und zog seine Gliedmaßen eng an sich. Sofort legte ich einen Arm über ihn und strich mit der anderen Hand durch seine Haare.

Endlich hatte das Zittern etwas nachgelassen.

Eine Weile blieben wir einfach so und ich versuchte, ihm durch meine Nähe etwas Sicherheit zu geben.

Berührt // VKookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt