Sechs

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Jungkook

Ich wachte auf, als mich eine plötzliche Kälte umfing. Es fiel gelbliches Licht durch das Fenster, von den Straßenlaternen, Tae hatte sich in der Decke verheddert und sie mir dabei weggezogen.

Er wimmerte, als er um sich schlug, doch er kam nicht los und schien in seinem Traum gefangen zu sein.

"Tae, wach auf!" Leise rief ich erneut seinen Namen. "Es ist nur ein Traum, du bist in Sicherheit!"

Ich krabbelte etwas auf ihn zu, wollte ihn aber nicht berühren. Er murmelte unverständliche Worte vor sich hin, doch die Angst war deutlich zu hören.

Plötzlich lag er völlig still und hatte die Augen aufgerissen, er starrte in meine Richtung. "Tae?" Ich rutschte etwas näher und schaute überrascht auf meine Hand, als ich feuchten Stoff spürte. Tae starrte mich direkt an, seine Augenbrauen panisch nach oben gezogen und der Mund leicht geöffnet.

Auf dem Bettlaken hatte sich ein dunkler Fleck ausgebreitet.

"Es ist alles gut." Ich bemühte mich, meine Stimme leise und beruhigend klingen zu lassen. Ich zog meine Hand zurück und wischte sie nochmals am Laken ab, gab Tae etwas Platz.

"Du bist in Sicherheit. Dir kann nichts passieren."

Doch er regte sich nicht, es schien, als wartete er nur darauf, dass ich ihn anschrie. Dieser Anblick tat weh. Ich wollte wissen, was in ihm gerade vorging, doch gleichzeitig wollte ich das auch nicht.

Ich stand auf und schaltete meine Nachttischlampe ein. Auf der Stirn meines besten Freundes hatte sich Schweiß gebildet und er rührte sich noch immer nicht.

Ich ging um das Bett herum und redete beruhigend auf ihn ein, griff seinen Oberarm und brachte ihn dazu, aufzustehen. Ich hatte mich nicht getäuscht, er hatte vor Angst ins Bett gemacht.

Er schien unter Schock zu stehen, betrachtete den nassen Fleck und Tränen bildeten sich in seinen Augen. Sanft zog ich ihn aus dem Raum und stellte ihn ins Bad auf den kleinen Teppich, seine Füße durften nicht zu kalt werden, bevor ich ihm einen Pyjama aus meinem Schrank holte und auf die Toilette legte.

"Du solltest duschen, ich komme gleich wieder", riet ich ihm und schenkte ihm ein Lächeln, doch er beachtete mich nicht weiter.

Zurück in meinem Zimmer zog ich schnell das Bettzeug ab und warf es in einen Wäschekorb, die Matratze würde ich wohl trocknen lassen müssen und die Decke musste auch gewaschen werden. Gut, dass meine Eltern für eine Woche verreist waren. Ich beschloss, dass uns für den Rest der Nacht das Sofa ausreichen musste, man konnte den unteren Teil ausziehen. Also unterdrückte ich ein Gähnen und holte aus dem Schrank im Schlafzimmer meiner Eltern eine neue Decke und Bezüge und bereitete alles vor.

Als ich wieder zum Bad ging, stellte ich erschrocken fest, dass Tae sich kein Stück bewegt hatte. Über seine Wangen liefen unaufhaltsam Tränen und sein Blick wirkte leer.

"Taetae, du musst aus dem nassen Zeug raus", murmelte ich besorgt und ging auf ihn zu.

Diesmal sah er mich an, doch es schien, als würden die Tränen nur noch mehr werden, sein Mund verzog sich und ein Schluchzen entkam seiner Kehle.

"Es tut mir leid", brachte er zitternd heraus und ich weitete meine Augen.
"Aber das kann doch passieren, das ist doch nicht schlimm." Ruhig ging ich auf ihn zu und zog ihn in eine Umarmung. Dann würde ich eben auch duschen, Hauptsache er hörte auf zu weinen.

Er hatte mit dem Bettnässen lange Probleme gehabt und es war ihm immer sehr peinlich gewesen. Noch in der siebten Klasse war es ihm manchmal passiert. Und jetzt wieder. Das musste ein ziemlicher Rückschlag sein.

"Kookie, was soll ich nur tun?" Er klang niedergeschlagen.

"Wichtig ist, dass es dir gut geht. Und bei mir kann dir nichts passieren, versprochen." Ich spürte sein Nicken an meiner Schulter.

"Du solltest wirklich duschen, sonst wirst du noch krank."

Er löste sich von mir und schaute mir in die Augen. "Ich will nicht allein bleiben." Ich nickte und zog mir mein T-Shirt über den Kopf, seinen irritierten Blick ignorierte ich. Dann stellte ich die Wassertemperatur ein und stieg in die Dusche, nachdem ich mir auch die Unterhose ausgezogen hatte. Ich drehte ihm den Rücken zu, während er seine Kleidung ebenfalls auszog und in den Wäschekorb legte.

Ich durfte ihn nicht anstarren. Ich musste mich zusammenreißen. Dies war wirklich nicht der passende Moment, seinen Körper zu bewundern.

Auch er bemühte sich, mich nicht anzusehen, doch ich spürte es, wenn er es doch tat. Meine Haut prickelte und es fühlte sich nicht so unangenehm an, wie ich gedacht hätte.

"Kookie", er sah mir in die Augen und ich erwiderte den Blick, "danke, dass du so bist." Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Er schien sich langsam zu beruhigen. "Wie bin ich denn?" Seine Augen wurden etwas weicher, verloren diese dunkle Ausstrahlung.

"Du bist lieb und lachst nicht über andere, egal, was für Probleme sie haben. Du bist immer hilfsbereit und jeder mag dich."

Mein Herz schlug etwas kräftiger in meiner Brust und ich konnte nicht aufhören, in diese dunklen Augen zu starren. Er war mein bester Freund. Manchmal wünschte ich mir, da wäre mehr.

Nachdem wir fertig waren, ich hatte mir aus meinem Zimmer auch einen Schlafanzug geholt, machten wir es uns auf dem ausgezogenen Sofa gemütlich und lagen dicht nebeneinander im Dunkeln, doch keiner schien wirklich schlafen zu wollen.

"Taetae, du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst, oder?"

Er gab ein zustimmendes Geräusch von sich und ich nickte erleichtert. Selbst wenn er nicht mit mir redete, war er zumindest hier und ich konnte auf ihn aufpassen. Ich würde ihn nicht im Stich lassen.

Berührt // VKookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt