Kapitel 3

277 6 0
                                    


Lewis hatte mir das neue Hauptquartier gezeigt und ich hatte ihn gleich gefragt, was aus Skye, Fitz, May, Ward und Simmons geschehen war. Er erklärte mir, dass es Skye, May und Simmons so weit gut gingen, bis auf, dass sie sich von den Verrat von Ward erholen mussten. Ward war einer der Agents, welche insgeheim bei Hydra gearbeitet hatten; doch erzählte mir niemand, was nach dem gescheiterten Angriff von Hydra  mit ihm passiert ist. Entweder war er tot oder von S.H.I.E.L.D. gefangengenommen worden.
Fitz hatte es weitaus schlimmer erwischt. Er und Simmons wurden von Ward in einer Transportbox ins Meer geworfen. Beim Rettungsversuch konnten sie jedoch nur ein Atemgerät bauen. Fitz bestand darauf, dass Simmons es nehmen sollte. Sie versuchten wieder an die Oberfläche zu gelangen; Simmons mit dem selbstgebauten Atemgerät und Fitz ohne. Simmons schaffte es unbeschadet, jedoch trug Fitz eine Verletzung davon. Er wurde auf dem Weg zur Oberfläche ohnmächtig. Er hatte zu lange keinen Sauerstoff  erhalten, wodurch sein Gehirn beschädigt wurde. Dennoch war es ein Wunder, dass die beiden überlebt hatten. Wenn auch Fitz einen hohen Preis zahlte.
Nach einigen Stunden war Coulson zu mir gekommen und teilte mir mit, dass ich erst einmal nicht mehr die Basis verlassen dürfe. Wenn ich diesen Befehl missachtete, würde er mich in eine Zelle stecken. Und seine Stimme klang nicht gerade so, als wäre es spaßig gemeint. Ich konnte es mir vorstellen, dass er es sogar machen würde. Oder besser gesagt: Versuchen würde.
Ich saß in meinem Zimmer und las ein Buch, als plötzlich Lewis in mein Zimmer stürmte. Erschrocken ließ ich mein Buch fallen. Ich versuchte, es noch aufzufangen, doch griff ich nur ins Leere. Ich blickte zum Fußboden - natürlich war das Buch nicht so auf dem Boden gefallen, so dass ich die Seite schnell wiederfinden würde. Genervt seufzte ich auf und sprang vom Bett.
,,Oh, Entschuldigung", sagte Lewis und sah mir zu, wie ich das Buch aufhob.
Ich schmiss es einfach auf mein Bett - die Lust am Lesen war mir in diesem Moment vergangen. ,,Was gibt' s", fragte ich und lehnte mich gegen das Bett.
,,Wir haben einen Einsatz", erwiderte Lewis und lächelte.
Ich zog eine Augenbraue hoch und sah ihn an. ,,Ich dachte, ich hätte Hausarrest?"
,,Wird verlegt. Wir haben zu wenig Leute und Coulson' s Hauptteam - wie manche es so gerne nennen – steht gerade nicht zur Verfügung."
Ich grinste ihn an. ,,Gut. Ich habe mich eh schon gelangweilt.“
Lewis klatschte in die Hände und deutete mit seinen Zeigefinger auf mich. ,,Fünfzehn Minuten. Hangar. Wir werden übrigens keine S.H.I.E.L.D.- Ausrüstung tragen. Wir wollen nicht so viel Aufmerksamkeit erregen", sagte er und dann er rannte auch schon aus meinem Zimmer.
Als ich den Hangar betrat, rief Lewis mich sogleich zu sich. Er hatte sich gegen einen schwarzen SUV gelehnt und wartete geduldig.
Ich steckte meine Hände in die Jackentasche und sah ihn abwartend an.
,,Warum fahren wir nicht los?“, erkundigte ich mich bei ihm, als wir immer noch nicht losfuhren.
,,Weil wir warten“, entgegnete er und lächelte mich von der Seite an.
,,Kommen noch mehr Agents mit?“
,,Natürlich kommen noch mehr Agents mit. Man kann Sie nicht alleine lassen, Agent Gordon. Die Mission könnte gefährlich werden und da reichen nicht nur zwei Agents aus“, hörte ich jemanden mit einem gereizten Unterton hinter mir sagen.
Ich drehte mich um und konnte in ein bekanntes Gesicht blicken. ,,Anderson? Ernsthaft?“, murmelte ich – es war eigentlich eher an mich gerichtet, doch hatte es die blondhaarige Frau irgendwie gehört.
,,Ja, ich bin's. Tut mir leid, Sie enttäuschen zu müssen.“ Sie musterte mich von oben bis unten. ,,Irgendwer muss ja auf Sie aufpassen.“
Ich hasse diese Frau, dachte ich und sah sie mit einer finsteren Miene an.
Neben ihr kicherte ein Agent, welchen ich ebenfalls kannte. Es war einer der Agents aus Spanien. Will, jedoch wusste ich nicht, ob es sein richtiger Name gewesen war.
,,Und wer sind Sie?“, fragte ich ihn kühl.
Der schwarzhaarige Agent sah mich verwundert an. ,,William Summers. Wir hatten doch bereits das Vergnügen uns kennenzulernen.“ Er lächelte mir freundlich zu, doch ignorierte ich ihn dann.
,,Dann sind wir vollständig“, meinte Lewis und stieg ins Auto. ,,Wenn alle bitte einsteigen würden?“, fragte er freundlich.
Am Anfang der Fahrt erzählte Lewis Details zu der Mission.
Man hatte vor einigen Monaten auf einer Baustelle ein Zeichen gefunden, welches genauso aussah wie jenes, welches bei Thors Ankunft in New Mexico  erschienen war. Wir sollten diese Sache auf den Grund gehen und die Person suchen, die mithilfe dieses Symbols auf die Erde gereist war. Zum Glück waren in der Nähe Kameras, welche die Person aufgezeichnet hatte, was uns die Suche erleichterte. Zuletzt wurde sie auf dem Weg zum Avengers Tower gesichtet, was nicht allzu verwunderlich war – denn dort lebte bereits eine Asin. Enna Stark.
Dennoch sollten wir nach New York fahren, um sicher-zu-gehen, dass keine Bedrohung unsere Welt betreten hatte - auf einen zweiten Loki konnten wir wirklich verzichten.
Nach Lewis Bericht wurde es still im Auto. Nur die leise Musik nahm etwas die Anspannung. Das Auto  hielt an einer roten Ampel und gelangweilt trommelte Lewis auf dem Lenkrad herum. Nachdenklich beobachtete ich die Leute wie sie den Bürgersteig entlang rannten oder vor uns die Straße überquerten.
,,Vielleicht sollten wir mal zu unserer Familie fahren“, meinte Lewis plötzlich und brach damit die Stille. Ich wandte meinen Blick von den Menschen ab und sah nach vorne zu ihm.
,,Warum sollten wir das tun? Ich kenne eh niemanden.“ Ich sah wieder nach draußen und wir fuhren weiter. ,,Es ist außerdem deine Familie, nicht meine.“ Ich konnte durch die Spieglung der Fensterscheibe Agent Summers sehen,  welcher mir einen mitleidigen Blick zuwarf.
,,Nur zur Info: Samantha lebt noch. Sie würde dich bestimmt gerne wiedersehen.“
,,Ich dachte sie wäre schon tot -“ Ich stockte. ,,Sie würde mich nicht wieder erkennen“, antwortete ich.
Ich stellte mir vor, wie ich durch die Haustür käme und dort meine Schwester stünde. Vielleicht wäre sie verwirrt, vielleicht auch glücklich, würde Fragen stellen, wie es sein konnte, dass ich noch lebte - und dann würde sie mir wahrscheinlich einen Vortrag halten darüber, was ich alles in meinem Leben falsch gemacht hätte. Der Gedanke war absurd.
Lewis runzelte die Stirn. ,,Ich denke nicht, dass sie dich nicht wiedererkennen würde. Sie wird sich vielleicht ein bisschen wundern, aber -“
,,Ich werde schon seit langem für tot gehalten“, erwiderte ich schnell. Vielleicht hat sie mit allem schon abgeschlossen und wenn ich wiederkommen würde, würde ich alles wieder aufwühlen.
Es war nicht so, dass ich sie nicht wiedersehen wollte, doch hatte ich Angst. Angst davor, dass sie mich nicht mehr erkennen würde, wie ich jetzt war. Ich war nicht mehr das kleine Mädchen, welches glücklich im Garten gezeichnet hatte. Ich hatte Menschen getötet. Unschuldige Menschen. Und es war egal, ob ich unter Hydras Einfluss gestanden hatte. Es änderte nichts an der Tatsache. Nein, ich konnte ihr auf keinen Fall gegenübertreten.
Der Agent neben mir räusperte sich, um meine Aufmerksamkeit zubekommen.
,,Was ist?“, fragte ich gereizt.
,,Kann es sein, dass Sie Ausreden suchen, um nicht ihre Schwester zu treffen?“, fragte er mich vorsichtig.
Ich sog scharf die Luft ein. ,,Nein, tue ich nicht“, entgegnete ich kühl. Als Summers den Mund öffnete, um wieder etwas zu sagen, hob ich nur warnend die Hand.
,,Egal, was Sie jetzt sagen wollten, tun Sie es nicht“, warnte ich ihn vor und er schloss ihn daraufhin wieder.

Inhumans | AoS SE02 [Band 2]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt