46 - Klaus

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Das war die schönste Nacht meines Lebens. Die schönste. Cassian war so perfekt, wie geschaffen für mich. Ich wusste nicht, wie ich es geschafft hatte, dass er körperlich war, aber das kümmerte mich auch nicht. Vielleicht hatten wir ja doch eine Zukunft.

Ich drehte mich um, wollte ihn wecken, mit einem Kuss auf die Stirn, auf die Wangen, auf die Lippen. Doch ich stieß nur in Leere. Oh, er war also nicht mehr körperlich. ALs ich jedoch die Augen öffnete, war er nicht nicht mehr körperlich, sondern nicht mehr da.

Mein Gehirn brauchte eine Weile um es zu verstehen. War ich high? Nein ich war nüchtern. Was bedeutete-

Nein. Nein. Nein.

Panisch tastete ich das Bett ab, obwohl ich doch sehen konnte, dass er nicht mehr da war.

Statt dem Mann, den ich liebte, fand ich jedoch etwas anderes. Papier. Ein Brief.

Er hatte mir einen Brief geschrieben.

Klaus,
Zuerst: Danke für diese Nacht. Das war das schönste, was ich jemals erleben durfte. Sowohl im Leben als auch im Tod. Wir hatten nicht viel Zeit miteinander aber das Schicksal spielt nunmal wie es will. Also sollten wir dankbar sein, für das was wir hatten. Ich habe es geschafft. Ich habe dich gehen lassen. Zum ersten Mal habe ich etwas losgelassen. Ich liebe dich, mit meinem ganzen Herzen und genau deswegen muss ich dich gehen lassen. Du hast besseres verdient als jemanden, der eigentlich nicht mehr hier sein will. Das wäre nur zur Hälfte Ich. Und du hast jemand verdient, der ganz bei dir ist. Doch ich kann das nicht, das Leben, der Tod, das war zu viel für mich. Und deswegen musste ich gehen. Ich habe dich ein letztes Mal geküsst, ein letztes Mal deine warmen Lippen auf meinen gespürt. Du warst so wunderschön, wie du da lagst. Das schönste, was ich jemals berühren durfte. Klaus, du bist wundervoll und ich finde keine Worte dafür, wie sehr ich es bedauere, dass ich uns nicht mehr Zeit schenken konnte.

Ich weiß, das ist egoistisch und glaub mir, ich hätte in diesem Moment nichts lieber getan, als bei dir zu bleiben, doch ich musste gehen, denn einen richtigen Abschied hätte ich nicht vertragen. Ich wäre schwach geworden. Es tut mir leid. Ich bin ein Feigling, aber einer der dich von ganzem Herzen liebt. Dein Feigling, sozusagen. Und ich schreibe das hier mit einem Lächeln, während mir die Tränen über die Wangen laufen, denn ich glaube, mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Danke, dass ich noch körperlich bin übrigens, sonst hätte ich ganz ohne Abschied gehen müssen und ich glaube, auch das hätte ich nicht geschafft. Es tut mir so leid. Wirklich. Bitte verzeih mir.
Ich kann es fühlen Klaus. Ich weiß nicht was, aber es fühlt sich wunderschön an. Friedlich. Warm. Schön. Vielleicht werden wir uns eines Tages wiedersehen, ich hoffe es so sehr, doch ich hoffe auch, um deinetwillen, dass noch sehr, sehr viele Tage vergehen, bis es so weit ist. Bis deine Zeit gekommen ist. Lebe ein gutes Leben, kein halbes, Klaus. Bitte, bitte, ich weiß, ich war vor meinem Tod sicher keinen Deut besser als du und ich bin es auch jetzt nicht aber bitte, bitte, lass die Finger von den Drogen. Geh an einen Strand. Vergrabe deine Zehen in dem kalten Sand der Abenddämmerung, sieh zu wie die Sonne aufgeht und sieh zu wie sie untergeht. Und bitte, bleib nicht allein. Es gibt so viele gute Menschen da draußen. Dave hat dich wirklich gerne glaube ich. Ich hoffe er bleibt ein wenig an deiner Seite und passt auf dich auf.
Die Welt ist schön, Klaus. So schön. Ich habe das zu spät begriffen aber du hast noch Zeit. Genieße das Leben in vollen Zügen, reise, esse, liebe, lebe. Das wünsche ich mir für dich. Vergiss mich nicht, aber lass mich los. Sei frei. Du wirst immer in meinem Herzen sein. Und ich hoffe, ich auch in deinem.
In ewiger Liebe, Cassian.

The End

Drowning ~ Klaus HargreevesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt