I'm sorry I had nothing to say that night

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Sein Fuß tippelte vor Anspannung unter dem runden Tisch. Die Tischdecke, die bis unter seine Knie reichte, machte die Bewegung mit. Ein Mädchen mit langen, seidigen Haaren saß Adam gegenüber. Sie war ohne Begleitung bei der Hochzeit und von den Wortfetzen, die er aus ihrem Gespräch mit ihrer Sitznachbarin aufgeschnappt hatte, war sie wohl eine entfernte Verwandte des Bräutigams.
Er sah zu Olliver.

Sie machte ihn unruhig, sein Hemd schien immer enger zu werden. An der Brust und an den Schultern entstand ein unangenehmer Druck und er fragte sich, ob das schon am Anfang des Abends so gewesen war.
Er schätzte seinen Komfort und war deshalb kein großer Fan von Blazern oder Krawatten. Fliegen fand er einfach nicht hübsch.
Sein Blick flog wieder zu Olliver, der für seinen Bordeauxroten Anzug geboren zu sein schien.

Jetzt bereute Adam ein wenig, kein Jakett mitgenommen zu haben. Er fühlte sich ein wenig bloß oder irgendwie abrufbar, zugänglich...vorhanden.

Die Ärmel rollte er wieder runter, obwohl das der Bequemlichkeit eher weniger beitrug.

Sie beobachtete ihn dabei. Könnte sie einmal bitte wegschauen? Ein. Mal.

Adam hatte den ganzen Abend lang keine zwei Wörter gesagt und der Rest von Tisch 13 ließ den ungeselligen Mann sicherheitshalber in Ruhe.

An dem Tisch saßen ein Paar in ihren dreißigern, dann zwei scheinbar beste Freundinnen, ein Platz war leer. Die kleine Frau hatte irgendwie den Tisch gewechselt. Gott sei Dank auch keine Kinder.

Er sah zu dem Tisch an dem die frisch vermählten saßen. Seine Halbschwester hatte geheiratet. Einen Polizisten mit Vollbart. Adam war sich sicher, dass das kurze Haar des Bräutigams nach spätestens drei Jahren Ehe anfangen würde zu ergrauen. Seine Halbschwester war eine schwierige Person.

Rechts und links vom Ehepaar saßen Eltern, Trauzeugen und Brautjungfern.

Einer von ihnen war Olliver. Er sah auch aus wie ein Olliver. Die dunkelbraunen Locken waren im Nacken zu einem kurzen Zopf gebunden und ein langer Ohrring Baumelte von einem Ohr. Sein Gewinnerlächeln sagte, ich seh gut aus und ich weiß es.

Der Mann fühlte sich auch in einem unbequemen Anzug bequem. Bestimmt.
Er sah aus, als bräuchte er nichts und niemanden um seinen Komfort um seine Behaglichkeit zu sichern. Er erschuf sie selbst.

Adam sah wieder zu der Frau gegenüber. Sie tat so, als wäre sie mit etwas in ihrem Haar furchtbar beschäftigt. Man sah ihr an, dass sie stolz auf ihr Haar war. Blond. Passte hervorragend zu dem Hellblauen Kleid.

Warum trugen alle blonden Frauen immer blassblaue Kleider? Oder hellrosafarbene? Warum trugen alle rothaarigen Frauen immer grüne Kleider? Und niemals rosarote? Warum hatte jeder Hauttyp und jede Augenfarbe und jede Haarart eine Farbe, Form, ein Schnitt, der als besonders schmeichelhaft gilt?
Adam sah sowas nicht. Er selbst würde als blonder Mann auch rote, gelbe, blaue Pullis tragen.

Richtlinien hatten recht wenig mit Geschmack zu tun. Im Gegenteil: Richtlinien waren geschmacklos. Das hatte Olliver einmal zu ihm gesagt.

Das Brautpaar eröffnete die Tanzfläche und alle an seinem Tisch sprangen auf.

Auch sie.

Panik brach in ihm aus.

Es waren an die 500 Gäste da. Gefühlt die Hälfte von denen war bereits in der Mitte des Saals zum Paartanz geeilt. Sie würde ihn doch jetzt nicht auch noch in die Mitte von so vielen Menschen zerren. Wer würde so etwas machen wollen?

Sie.

Als Adam sicher war, dass sie geradlinig auf ihn zusteuerte, stand er impulsiv auf.

Das machte es für sie nur noch leichter ihn aus ihren großen hellen Augen anzusehen und ihn zu fragen ob er mit ihr Tanzen wolle.

Ein Stück HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt