Papier

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Du schaust mich an
Du durchschaust mich.

Und auch wenn du mich nicht anschaust, weiß ich,
du meinst trotzdem mich.
Und du erreichst mich auch
mit deinen Worten.
Ich erreiche dich wohl ebenfalls.

Bin ich eine von denen, die du nicht hinter dir lassen kannst?
Die du mit nach Hause nimmst?
In Gedanken?

Bin ich so eine, die du einfach nicht im Arbeitsleben lassen kannst?
Die sich auch in dein Privatleben schleicht?
Und dort ihr Unwesen treibt?

Eine, die du verbannen möchtest?
Die dich aber nicht loslässt?
Dir nicht aus dem Kopf geht?
Über die du noch einmal nachdenkst wenn du aus dem Raum gehst?

Bin ich die Schülerin, die dir Abends noch einen zweiten Gedanken wert ist?
Die auftaucht, wenn du vorm Schlafengehen über den Tag reflektierst?

Oder warum gibst du dir solche Mühe
Mir eine Botschaft zu senden, von der du weißt ich nehme sie auf.
Wie ein brandneuer Schwamm. Verspürst du den drang mich jedes mal daran zu erinnern, dass am ende alles gut wird?
Mich aufzumuntern,
mir eine zweite Chance zu geben.

Du nimmst mich wie ein Blatt Papier
Und du versuchst mit einem Radiergummi die Eddingflecken zu entfernen.
Gibst dir Mühe die Wörter wegzubekommen, die mich beschmutzen.
Du willst die Risse zutackern und die Eselsohren ausbügeln.

Und du hebst mich in die Luft, gibst mir einen Kleinen Stoß.
Ich glaube ich kann fliegen.
Aber nach dem Hoch, dem kurzweiligen Verharren in der dicken Luft, falle ich.

Und du sagst, nochmal.
Und versuchst es, wieder.
Ich kann es, du weißt es.

Aber ich bin nur ein Blatt Papier.
Beschädigt und bedruckt.
Tränen sind auf mir gelandet, die Nässe hat mich beschwert, das Papier wird schon wellig.

Und um zu fliegen muss ich ein Papierflieger sein.
Und ich müsste jemanden haben der mich loslässt.
Ich würde ja so gerne fliegen, glaub mir.

Bloß kann ich nicht falten.
Und du kannst es nicht für mich übernehmen.

Ein Stück HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt