2. Kapitel - Der Geburtstag Teil 1

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,, Pssst", werde ich von der Stimme meiner Mutter aus dem Land der Träume gerissen. Trotzdem wirkt es noch als würde ihre mir wohl bekannte Stimme aus weiter Entfernung erklingen:,, Oliver, kannst du nicht einmal leise sein, wenn es nötig ist, und die Treppen nicht herauf poltern wie eine Herde Elefanten. Wir wollen sie doch nicht vorher wecken."

,, Ist ja gut", höre ich schließlich Oliver. In seiner Stimme einen leicht müden- jedoch genauso genervten Unterton:,, Du kennst doch Emi. Sie hat den Schlaf eines Murmeltieres. So leicht weckt man sie nicht auf." Angesichts dieser Aussage muss ich grinsen und strecke mich sacht, damit ihnen bloß nicht auffällt, dass sie sich ihre Überraschung bereits selbst verdorben haben. Erst als ich meine müden Augen öffne, fällt mir auf, dass sich die Stimmen der beiden offensichtlich vor meiner Zimmertür befinden und ich drehe mich schnell wieder auf die Seite. Diese eine Freude möchte ich den beiden noch lassen, bevor ich endgültig volljährig werde und sie mich kaum länger in ihrem Nest behalten können.

Bevor ich diesen Gedanken zu Ende führen kann, öffnet sich die Tür, ich schließe demonstrativ meine Augen und beide meiner Eltern beginnen ohne jegliche Zurückhaltung und vollkommen schief ,,Happy Birthday" schmetternd in mein Zimmer zu marschieren. Augenblicklich finde ich mich in einer der unzähligen Rituale der Gregor-Familie wieder, mit denen ich bereits sehr früh Bekanntschaft machen durfte. Grinsend öffne ich die Augen und setzte mich in meinem Bett auf. Voller Müdigkeit reibe ich mir den Schlaf aus den Augen und streiche meine wirren braunen Haare aus dem Gesicht.

Als die beiden grinsend und offenbar unfassbar stolz auf sich selbst, schließlich die letzten Töne des Liedes anstimmen, hält mir Oliver demonstrativ einen mit einer '18' verzierten Kuchen entgegen. In die köstlich aussehende Glasur sind Kerzen versenkt, deren Anzahl ich bei diesem herum wackelnden Kuchen in den Händen meines Vaters nicht zu bestimmen vermag.

,, Los, puste sie aus", feuert meine Mutter mich an und ich folge ihrer Aufforderung nach einem kräftigen Atemzug. Als ich noch ganz klein- und frisch bei den Gregors eingezogen war, musste mir einer der beiden immer von hinten dabei helfen meine Geburtstagskerzen auszupusten – ganz unauffällig natürlich, damit ich dies für meinen eigenen Verdienst hielt.

Während das Händeklatschen und die Jubelrufe meiner Mutter noch durch mein mit Rollläden verdunkeltes Zimmer hallen, stellt Oliver den Kuchen auf meinen Schreibtisch und eilt grinsend auf den Flur. Es war bis jetzt an noch keinem meiner Geburtstage so, dass die beiden weniger aufgeregt waren als ich. Aber es hat etwas niedliches, dass sie mit einem solchen Enthusiasmus an die Organisation meiner Geburtstage – und gerade meinen achtzehnten Geburtstag – gegangen sind.

Nach längerem Warten und Gelärme im Flur, betritt Oliver erneut den Raum. Diesmal trägt er jedoch einen unserer Reisekoffer unter den Arm geklemmt.

Es ist ein weiterer Unterpunkt dieser Geburtstagstradition, dass die Geschenke aus einem zu verschließenden Gefäß gezogen werden, damit man nicht vorher schon weiß was man bekommt. Angesichts dieses Koffers, gibt es dieses Jahr also einiges für mich zu ziehen.

Bevor ich den Koffer aber greifen- und ihn vor mir auf dem Bett ablegen kann, zieht Oliver ihn zu sich zurück und sieht mich mit einem Grinsen im Gesicht an, das er offensichtlich versucht zu unterdrücken:,, Warst du denn auch schön brav?"

,, Oliver", meine Mutter lacht und kneift ihm einmal spielerisch in die Seite, was ihn einen amüsierten Laut von sich geben lässt:,, Das ist das falsche Fest. Es ist doch noch kein Weihnachten."

,, Mist", Oliver schlägt sich gespielt entrüstet über seine Vergesslichkeit gehen die Stirn und stimmt dann in das Lachen meiner Mutter und mir mit ein: ,,Wenn das so ist, sind hier wohl Geschenke für ein Geburtstagskind drin", gespielt neugierig lugt er durch eine Lücke im Reisverschluss in den Innenraum des Koffers und lacht amüsiert:,, Zum Glück sehe ich hier kein Geburtstagskind. Dann gehören diese Geschenke wohl alle mir."

Blooming - Until you meet the oneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt