8. Kapitel - Die Küche Teil 2

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Und plötzlich kann ich nichts mehr an meinen Empfindungen ändern - genauso wenig wie ich sie in diesem Augenblick noch verstehen kann. Die Gesamtheit dieser Eindrücke lässt schlicht keine andere Reaktion von mir zu. Sie verlangt dieses eiserne Vorgehen in die Richtung dessen, wohin es mich in diesem Augenblick zieht. Ich möchte, dass er nun endlich diese schier endlose Lücke zwischen uns schließt. Ich möchte seine Lippen auf meinen spüren – ihn schmecken, seine Bartstoppeln über meine Haut streichen spüren, endlich wissen wie es sich anfühlt jemandem so nah zu sein.

Immer näher kommt er meinem Gesicht, im Begriff die Distanz zwischen uns nun endlich zu schließen. Und ich kann nichts anderes tun, als mich erst langsam- dann immer schneller auf ihn zuzubewegen, um die riesige Lücke zwischen uns zu schließen.

Doch gerade als ich es bereits darauf anlege – verwirrt wie ich es eben bin – meiner Intention, meiner Lust und meinem Verlangen zu folgen und diese endlos wirkende Lücke zwischen uns zu schließen, zieht er sich zurück. Als gäbe es nichts wichtigeres auf diesem Planeten, macht er auf der Stelle kehrt und verlässt mit eiligen Schritten die Küche. Das letzte, was ich von ihm sehe, ist die Schwärze seines Sakkos, das in seinem Tempo um die Ecke flattert.

Vollkommen überfordert, von meinen Gefühlen überfallen und demnach emotional am Ende sacke ich zusammen. Das letzte, was mich am Stehen hält, ist die Küchentheke hinter mir, an der ich mich mit den zitternden Armen abstütze. Unter normalen Umständen wirken meine Arme auf mich recht robust und tragfähig, aber in diesem Moment wirken sie eher wie Streichhölzer, die jede Sekunde unter meinem Gewicht zu brechen drohen.

Gerade als ich denke mein Kreislauf könnte jeden Augenblick zusammen brechen, vernehme ich die Toilettenspülung aus der anliegenden Gästetoilette und kurz darauf die verwirrte Stimme der Person, die ich jetzt gerade am weitaus meisten brauche. Felix.

,, Emi?", er tritt näher und streicht mir über den Rücken:,, Hast du es bloß mit dem Wein übertrieben oder ist irgendwas anderes? So sehr mich das mit dem Wein auch wundern würde."

,, F-felix", stammle ich immer noch fassungslos und stürze mich mit Tränen in den Augen in seine Arme.

,, Ist schon gut. Ich weiß, was du jetzt brauchst", er streicht mir behutsam über die Haare und hievt mich schließlich nach gefühlten Ewigkeiten des Tröstens ins ebenfalls anliegende Esszimmer.

Der Raum ist nur durch einen Türbogen von der Küche getrennt und so nur durch diese zu erreichen. Jedoch besitzt auch dieser Teil des Untergeschosses große Fenster auf die nicht vielbefahrene Straße heraus, welche ihm tagsüber genügend Sonne zukommen lassen. Inzwischen dämmert es jedoch und so schaltet Felix die unauffällige Deckenbeleuchtung ein.

Der Holzboden, welcher jeden unserer Räume – ausgenommen die Badezimmer – auskleidet, verleiht auch diesem eine häusliche Wirkung. Genauso sind auch die Möbel entweder – zu den Wänden passend – weiß- oder in Holztönen gehalten.

So setzt Felix mich auf einem der Stühle am Esstisch ab, bevor er den Raum mit eiligen Schritten wieder verlässt. Allmählich beginnt die erste emotionale Verwirrung jedoch nachzulassen und ich fasse mich wieder mehr, als mein bester Freund erneut den Raum betritt und mehrere Utensilien auf dem Tisch platziert.

,, So", beginnt er und stellt mehrere Glasflaschen- gefolgt von verschiedenen Gläsern auf dem Tisch ab:,, Wenn du das jetzt schon legal darfst, müssen wir das auch nutzen. Und dann kannst du mir erstmal erzählen was los ist, in Ordnung?"

,, O-okay", schluchze ich und schaue ihm dabei zu wie er ein Taschentuch aus einer Pappbox zieht und es mir hin hält, bevor er sich eine der Flaschen greift und zwei Gläsern einen Schluck davon einschenkt:,, D-anke."

,, Kein Problem", er lächelt und hält mir das Glas mit der klaren Flüssigkeit hin, während ich mir die Nase putze:,, Das ist nicht wirklich stark. Ein wenig bitter vielleicht, aber du solltest es vertragen." Und nach einigen Schlucken dieser beinahe beißenden Flüssigkeit, die mir nebenbei außergewöhnlich gut die Nase frei macht, legt sich mein Gefühlschaos und ich rücke endlich mit den Geschehnissen der letzten zwei Stunden heraus.

,, Bist du dir sicher, dass er versucht hat dich zu küssen?", fragend runzelt er seine Stirn und nippt ein weiteres Mal an seinem Glas.

,, Seine Hand lag an meiner Wange, Felix", argumentiere ich und wiege mein Glas etwas, was die Flüssigkeit darin im Licht glitzernd umher wandern lässt.

,, Ich meine ja nur", entschuldigend hebt er die Arme und zuckt mit den Schultern:,, Da du nur eine sehr begrenzte Auswahl an Vergleichen besitzt, wärst du noch diejenige, der ich diese Missinterpretation zuschreiben würde."

,, Aber ich kann mir nicht ausmalen warum er das tun würde", ein verzweifelter Unterton legt sich auf meine überforderte Stimme.

,, Und gerade warum er dann einfach so verschwinden würde", er macht ein nachdenkliches Gesicht:,, Das macht gar keinen Sinn."

,, Nein, wirklich?", schmunzle ich ironisch:,, Aber es freut mich, dass du auch so denkst. Dann komme ich mir nicht ganz so dumm vor."

,, Das löst nur leider dein Problem nicht. Es ist ja nicht so, dass-", meine Mutter betritt den Raum, was ihren Blick sofort auf die Flaschen auf dem Tisch fallen lässt:,, Ihr- ... muss ich mir Sorgen machen?"

,, Nein, natürlich nicht", ich lächle zur ihr hoch:,, Wir haben nur für uns gefeiert, dass ich das nun endlich legal darf."

,, Achso", sie lächelt:,, Sei es euch vergönnt. Ich wollte euch auch nur holen, weil das Feuerwerk jeden Moment losgehen sollte."

,, Ein Feuerwerk", begeistert beginnen meine Augen wieder zu leuchten und ich springe auf:,, Das habt ihr für mich organisiert?"

,, Natürlich", Felix grinst mich an:,, Wenn nicht für deinen achtzehnten Geburtstag, zu welchem Anlass dann?"

Blooming - Until you meet the oneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt