Sprung ins Glück

Nizhny Tagil 1 - 31.11-01.12.2018

„Also nochmal von vorne..." entgegnete ich genervt.
„Warum genau soll ich mich jetzt mit dir da bewerben?"
„Um deiner allerbesten Freundin einen riesen Gefallen zu tun." Brüllte mir meine beste Freundin vom anderen Ende der Welt durchs Telefon entgegnen.
„Ich bin zwar ein Jahr älter aber lange noch nicht taub." Erwiderte ich immer genervter. Bei diesen Worten wagte ich jedoch einen Blick in den Spiegel, um nochmal zu überprüfen, ob mir wirklich keine grauen Harre gewachsen waren. Zufrieden mit dem Ergebnis, rückte ich meine blonden Haare wieder zurecht – wer wusste schon, wem ich noch so alles über den Weg laufen würde (insgeheim hoffte ich dabei auf meinen grünäugigen Kollegen, Mr. Oberflirter) - .
„Na dann schieß los, überzeuge mich." Gab ich mich resigniert geschlagen.
Ich wusste, ich würde sie nicht loswerden, bis sie mir wenigstens von ihren Gehirngespinsten erzählt hatte.
„Emilia, bevor du jetzt etwas sagst... ich erklär dir mal das ganze Prinzip. Also... die DSV-Adler veranstalten so eine Art Meat and Great oder Wettbewerb, um..."
Schnell unterbrach ich sie. „Ähm Entschuldigung, dir ist aber schon klar, dass das nicht dasselbe ist." Alle Versuche zu protestieren bewirkten leider nur sehr wenig.
„Jaja, schon klar. Jetzt wart doch einfach mal ab, Emichen."
Zwar gefiel es mir ganz und gar nicht wie eine Kuh oder irgendein anderes Tier genannt zu werden, aber sie dann nochmal zu unterbrechen, traute ich mich auch nicht.
„Alles ist für einen guten Zweck. Erstens, soll mehr Fokus auf den Skisport gelegt werden. Obwohl erst vor kurzem die olympischen Spiele waren und alle im Rausch der Gefühle, ist die ganze Euphorie schon wieder verflogen. Auch die vier Schanzen Tournee ist immer wieder ein Highlight. Aber leider sind wir nun mal nicht beim Fußball. Obwohl ich sagen muss, dass Markus Eisenbichlers Bauchmuskeln schon echt nah an die von Ronaldo ran kommen..."
„Stopp, stopp, stopp. Woher weißt du sowas und wer ist dieser Markus überhaupt?"
„Hab ich gegoogelt." Fuhr sie unbeirrt fort, als wäre es das normalste auf der Welt.
„Nochmal zurück zu dem Event. Also erstens, soll der Skisport mehr Aufmerksamkeit und Attraktivität erhalten. Auch wenn du jetzt wieder behauptest das sei der falsche Weg." Kam sie mir zuvor.
„Unser kleines Moralappostel hat mal kurz Sendepause. Außerdem geht der Rest der Einnahmen an den Verein selbst, um die Sportler und das ganze Team darum herum zu fördern und zu unterstützen. Und zu guter letzt geht die andere Hälfte der Einnahmen an eine Krebshilfe."
„Fernsehen?" schrie ich entsetzt, als ich bemerkte, in welche Zwickmühle ich mich eben selbst katapultiert hatte. Anhören, was Lena zu sagen hatte, hieß in ihren Augen eigentlich auch schon, zusagen.
„Ja, jetzt wart doch bitte einfach mal ab. Also... wir senden da Bewerbungsvideos hin, in denen wir uns vorstellen. Pass auf, dass du sie an die richtige E-Mail-Adresse sendest, sonst bewirbst du dich als Aushilfe beziehungsweise Praktikantin für das Kamera-Team. Ich schick dir später noch den Link. Unter allen Bewerberinnen werden fünfzehn ausgewählt, die nach Titisee eingeladen werden. Zwei Singles... wer das ist, ist leider noch nicht bekannt gegeben... der DSV werden sich dann mit dir unterhalten. Damit sie nicht von deinem Aussehen oder der Stimme abgelenkt werden, läuft das ein bisschen wie bei 'The voice' ab."
Es ärgerte mich, dass sie meine Interessen so gegen mich ausspielte. Sie wusste, dass ich ein unfassbarer Fan dieser TV-Show war. Eben weil sie mehr auf den Charakter der Menschen aus war. Außerdem liebte ich Film und Fernsehen. Das war alles so unfassbar spannend und interessant. Langsam schien mir die Idee doch nicht mehr ganz so befremdlich.
„Ganz dem Slogan nach... es ist Wert sich einen Adler zu holen, um sich von den oberflächlichen Männern zu erholen."
Verächtlich grunzte ich in den Hörer, als mir meine Freundin von diesem unfassbar erbärmlichen Werbespruche erzählte. Sie fand ihn ja anscheinend sogar noch toll.
„Ich weiß ja nicht, wie die dir da den Kopf verdreht haben. Aber das grenzt ja schon an Gehirnwäsche, wenn da überhaupt noch Leute mitmachen wollen. Bei diesem schlechten Marketing."
Geflissentlich ignorierte Lena meinen Kommentar. „Also, du führst dann ein Gespräch über eine dritte Person mit ihnen. Heißt: Du bekommst Headphones auf den Kopf, während du auf einem Bildschirm den DSV-Adler siehst. Über die Hörer gibst du einer fremden Person Antworten und kommunizierst so mit deinem Traum-Boy. Jeder der beiden Skispringer sucht sich das Mädchen raus, mit welcher er seiner Meinung nach am besten harmoniert hat und diese erhalten dann ein Date mit ihm. FÜR EINEN GANZEN TAG!" brüllte sie mir vor Begeisterung ins Ohr.
„Natürlich von einem Kamera-Team begleitet. Heißt, wir treffen uns mit den tollsten Typen der Welt und werden dabei auch noch berühmt."
„Toll, dann muss ich es nicht nur einen Tag mit einer abgehobenen Matschbirne aushalten, sondern das wird durch ein Kamera-Team auch noch für Jahre festgehalten, um mich danach daran zu erinnern." Bremste ich ihre Euphorie.
„Och Mensch Emiii... jetzt sei doch nicht immer negativ. Du kleine Spaßbremse. Bitte, tu mir den Gefallen. Schließlich hast du mit meiner Hilfe Jojo kennengelernt." Versuchte sie mich umzustimmen.
„Okay, ich überlege es mir." Entgegnete ich und legte auch schon auf, bevor sie protestieren konnte.