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"Na komm schon, beweg dich." Auffordernd blickte ich auf die pochende Stelle meines Oberschenkels.
Gewiss wusste ich, dass sie sich nicht ohne mein eigenes Zutun bewegen würde.
Aber wenn diese Stelle pochte und es sich so anfühlte, als würde von innen etwas gegen die Haut boxen, dann müsste man doch etwas sehen.
So rein logisch gesehen.

"Hör auf mit den Selbstgesprächen."

Ich nickte.
Stimmt ja.
Man sprach für gewöhnlich nicht mit seinen Körperteilen.


Wie von selbst führten mich meine Beine zu der Ansammlung von Schülern. Angeregt unterhielten sie sich über den neuen Avengers Film.
Wisst ihr?
Ich könnte euch von diesem Gespräch erzählen.
Aber dann würdet ihr gespoilert werden, so wie ich es wurde.
Trauriges Ereignis.

Die grünen Augen einer der Jungen richteten sich auf mich.
"Lis, du bist ja auch da!"


Na danke auch.
Ich nickte und zwang mich zu einem Lächeln. "Jap, das bin ich."
Und das war ich auch schon die letzte Pause.
Und die davor.
Und auch die ganzen Tage des letzten Schuljahres.
Denke ich.


"Tut mir übrigens leid, dass ich nicht doch noch dazugekommen bin. Ich habe irgendwie total vergessen, dass Erster Mai war und ihr mich eingeladen hattet."

Ich lächelte.
Ach.
Sie haben Maibaum gefeiert?
Und eine meiner Freundinnen war auch eingeladen?
Wollte ich wissen, warum ich nicht eingeladen war?
Nein, gewiss nicht.
Ich war vermutlich zu negativ oder so.
Mit so jemandem konnte man doch keine Zeit verbringen.
Niemals.
Ausgeschlossen.


Ich könnte euch jetzt sagen, dass es mir egal war, dass ich irgendwie immer ein wenig überflüssig war.
Ich meine, es gibt so gewisse Gruppen, die sind voll und man kommt da auch nicht rein.
Das merkt man zum Beispiel daran, wenn ihr euch mit zwei eurer Freunde trefft und die sich die ganze Zeit Videos, Bilder oder irgendetwas anderes ansehen, was sie zusammen erlebt haben.
Und das alles war vor deiner Zeit.
Bevor du in ihre Klasse gekommen bist.

Oder du merkst es daran, wenn du irgendwie immer übrig bleibst und nur dann gefragt wirst, wenn eine der anderen Personen auch übrig bleibt.
Du bist also die zweite Wahl.
Mit genügend Glück.
Und ganz vielleicht bemerken deine Freunde es.
Aber das wird nie passieren.


Ich hatte auch mal eine beste Freundin, so ist es nicht.
Und wir haben zusammengearbeitet in der Schule - nicht zum Erfreuen der Lehrer.
Aber wir hatten echt Spaß, wenn wir was zusammen gemacht haben - zum ganz großen Leid der Lehrer.
In der Schule nebeneinander sitzen.
Für den gleichen Jungen schwärmen.
Einmal im Jahr shoppen gehen.
Und das geht dann so weit, bis ihr beide irgendwann mit ihrem Freund eure Schule ansprüht, sie sich auf eine andere Schule verpisst, du ihr folgst und letztendlich dann doch zu deinem alten Gefängnis zurückkehrst.
Und sie... nicht.
Sie bleibt da und findet neue Freundinnen und Freunde.
Und das ist gut!
Du freust dich für sie.
Aber anders als sie, findest du keine neuen Freunde.
Und wenn doch, bist du dann doch wieder nur die Person, die schweigt, nickt und wie immer keine Arbeiten mitschreibt.
(aber das ist denke ich eine andere geschichte.)

Mit anderen Worten: du bist der Rest, der bei dem Essen deiner Oma wie immer überbleibt, da sie mal wieder zu viel gemacht hat.
Ja, du bist überflüssig und wirst später weggeworfen.

Passiert.
Denn wie gesagt, ich könnte euch sagen, es wäre mir egal.
Aber das tue ich nicht.
Denn das war es mir ganz und gar nicht.


"Du sagst doch selber nie etwas. Warum beschwerst du dich also? Du schließt dich doch selber aus, nicht? Du könntest doch auch mal etwas sagen oder so und dich mit einbringen. Es ist nicht unsere Aufgabe, uns um dich zu kümmern. Du bist kein Kind mehr."


Mihirikou

02*05*2019
17*07 Uhr

Hyōka - weil jeder einmal schreien muss  ||  氷菓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt