Kapitel 18

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Als ich in einem Walmart grade an der Kasse stehe, tippt mir jemand jemand aufgeregt auf die Schulter.

"Josh!"

Ich drehe mich um und betrachte den Mann der vor mir steht kritisch. Er ist klein, rundlich und hat unheimlich rote Wangen. In seiner einen Hand hält er einen Hot dog, die andere hat er noch immer zum Gruß erhoben. Ich drehe mich um, im Glauben das er mich verwechselt hat und diesen Fehler mittlerweile auch erkannt hat, aber als er meinen Ellenbogen packt um mich wieder zu sich zu drehen, strafen seinen Lächeln und die Erkenntnis, das nicht jeder Josh heißt diesen Gedanken Lügen.

"Entschuldigung, kenne ich Sie?"

"Ich bin's, Nate! Alter, ich dachte du wärst tot, Mann! Seit du auf der Party warst, habe ich ja gar nichts mehr von dir gehört. Mann, die Foren waren voll davon! Dein Blog ist seit 'nem Monat inaktiv und nach all den Gerüchten, hat man nicht mal mehr in Betracht gezogen, dass du überhaupt noch lebst."

Oh Gott, ich habe meinen besten Freund ja ganz vergessen! Aber eigentlich will ich niemanden aus meinem Alten Leben sehen. Darf ich ja gar nicht. Tatsächlich war ich im Internet in Sachen Anonymität sehr unvorsichtig. Ich habe meine Arbeit sauber und ohne Spuren erledigt, in dem Glauben, wenn man mir mit Privatem Schaden kann, bin ich selber Schuld. Mit Drohungen gegen meine Adoptiv-Eltern erreichte man bei mir nicht viel, weil wir von einander nicht viel hielten und meine echte Familie kannte ich damals ja noch nicht. Nathan wusste wer ich war, wie ich aus sah, ob ich grade eine Freundin hatte und wann mein Geburtstag war. Auch wenn wir uns drei Jahre lang täglich austauschten, online Insider rissen und die Persönlichkeit des anderen teilweise besser kannten als die eigene, war auf Skype-Sessions stets nur mein Bild zu sehen gewesen. Egal wie oft ich nachgehakt habe, etwas über Nate's Leben habe ich nie wirklich rausgekriegt. Nach einer Weile habe ich auch gar nicht mehr gefragt.

Trotzdem, bin ich immer davon ausgegangen, das er so wie ich ist. Fünfundzwanzig oder etwas in dem Dreh, ein Nerd, der in einem anderen Leben genau so gut Tausende von Facebook Freunden haben könnte und jeden Tag mit einer anderen nach Hause kommt. Der schätzungsweise fünfunddreißig jährige Mann vor mir, entspricht so gar nicht diesem Bild. Er sieht aus als würde er in irgendeinem Büro, in irgendeinem abgelegenen Stadtteil bei irgendeiner Firma arbeiten. Ein Niemand. Ein immer zu nervöser Soziopath, der in einer Einzimmerwohnung seine Freizeit mit Kreuzworträtseln und dem Lesen von Walter Moers Büchern verbringt und wahrscheinlich noch nie einen Laptop angefasst hat. Nicht wie der Jugendliche, verrückte und geniale Nate, den ich als Unterstützer einer Online-Hacker Gruppe kennengelernt habe.

Von der Situation überfordert reagiere ich erstmal gar nicht. Die Verkäuferin mustert uns besorgt, sagt jedoch nichts und scannt meine Waren ein. Während dessen zieht Nate sein Handy raus, was in seiner Hand ungefähr so obszön wie ein Affe mit Lesebrille aussieht, auf eine merkwürdige Art und Weise albern und drollig. Seht nur, ein kleiner Affe, der versucht wie die Menschen zu sein! Als ich einen Blick auf den Bildschirm von Nate's Sony werfe, sehe ich das er grade dabei ist, der ganzen Welt zu verkünden das Josh Butler noch lebt.

"Bist du verrückt? Was machst du denn da?"

Ich reiße ihm das Handy aus der Hand, woraufhin er ein kleines, empörtes 'Hey!' ausstößt. Ich lösche den Tweet und gebe meinem besten Freund sein Handy wieder, wobei ich ihn böse anfunkle.

"Das sind dann 23,58$"

Ich wende mich wieder der Verkäuferin zu. Noch während ich Früchte, Eier, Cornflakes und Protein-Pulver einpacke, greife ich nach Nate's T-Shirt und ziehe ihn nach dem Bezahlen zum besten Teil von walmart, die Ecke in der Hot-Dogs und anderes Fastfood verkauft werden. Wir setzen uns an einen der Plastik Tische und ich bestelle zwei Mal Kaffee bei einer Kellnerin, die mir auf eine Art und Weise zu zwinkert, die vielleicht flirtend gemeint war, was aber nicht ganz zu ihrem Auftritt passt. Sie ist klein und etwas moppelig und hat wahrscheinlich zu viele Filme gesehen, in denen Kellnerinnen irgendwelchen Kriminellen, aber nicht unattraktiven, Hackern zuzwinkern und dadraus dann eine Beziehung für's Leben wird. Ohne das mit dem Hacker vielleicht.

Als die Kellnerin weg ist, lehnt sich Nate zu mir über den Tisch und fängt an verschwörerisch zu flüstern. Während er mich darüber ausfragt wieso ich in LA bin, wieso ich weg war und was aus dem Habbo-Hotel Auftrag geworden ist, halte ich Ausschau nach dem Mann der mich verfolgen soll, damit ich nicht mit dem Geld abhaue, das mir vom Staat bereit gestellt wurde. Wenig später werde ich fündig, als ein athletisch gebauter, junger Mann an einem Tisch wenige Meter von uns entfernt platz nimmt. Die moppelige Kellnerin eilt auch zu ihm und fragt ihn was er bestellen möchte, doch er ignoriert sie und lässt seinen Blick stattdessen auf mir ruhen. Für einen Moment halte ich dem Blick des Verfolgers stand, dann wende ich mich wieder an Nathan. Das was ich ihm erzählt habe war teilweise wahr, ich habe gesagt das ich in geheimer Mission unterwegs bin, jedoch nicht erwähnt, dass ich gegen Anonymous arbeite.

Nate steht auf so einen Agenten Kram, was ihn vielleicht überzeugen wird das ich die Wahrheit sage, anderseits kommt es mir aber so vor als würde auf meiner Stirn in dicken Lettern LÜGNER geschrieben sein, denn so wichtig es auch ist, kann ich meine Schuldgefühle schlecht verbergen. Ich bin eben nicht daran gewöhnt das meine Gesichtsausdrücke etwas über meine Absichten verraten, schließlich saß ich die letzten sieben Jahre bis zu achtzehn Stunden am Tag hinter dem Bildschirm meines Laptops, während ich mit programmieren und einem technischen Kundendienst Service für verschiedene Firmen mein Geld verdient habe und gleichzeitig immer tiefer in die virtuellen Abgründe der Cyber Kriminalität gerutscht bin. Gesichtszüge sind da ungefähr so wichtig wie Tampons in der Tasche eines 13 Jährigen. Irgendwann wird man sie vielleicht mal gebrauchen können, aber im Moment hat man ganz andere Probleme.

Tja, ich habe meine Tampons leider vergessen. Metaphorisch gemeint. Nate scheint zum Glück viel zu sehr damit beschäftigt zu sein das alles zu verarbeiten, als das er sich noch viel um mein Gesicht sorgen würde. Als er sich zurück lehnt und in schrilles, leicht hysterisches Kichern ausbricht, nutze ich den Moment und stehe auf.

"Hör mal Nate, ich weiß das klingt jetzt komisch, aber wir können uns nicht nochmal treffen, sonst bringt uns das beide in Gefahr."

Sein Gesichtsausdruck schlägt von Belustigung zu Wut und dann Unglauben um. Ich nehme meine Einkäufe und den Kaffee an mich, lege fünf Dollar auf den Tisch und verlasse dann den Supermarkt. Mein Verfolger macht seinen Job und steht von seinem Tisch auf um mir hinter zu laufen, Nate jedoch bleibt verwirrt sitzen. Vor dem Walmart laufe ich auf meinen Volvo zu und zücke bereits den Autoschlüssel, als sich von hinten kaltes Metal in meinen Rücken bohrt.

"Weiter gehen."

Knurrt eine Stimme hinter mir und weil ich mir nicht besser zu helfen weiß, befolge ich den Befehl. Vor meinem Auto bleibe ich stehen und warte weitere Kommandos ab. Der Typ hinter mir nimmt vorsichtig meine Autoschlüssel aus meiner Hand und öffnet die Tür des Volvos elektronisch. Jetzt scheint er ein wenig überfordert. Wenn er mich einsteigen lässt und dann ums Auto geht, habe ich genug Zeit um die Tür zu öffnen und zu flüchten, schließlich kann er nicht einfach einen über den Walmart-Parkplatz rennenden Zivilisten erschießen, ohne von jemandem gehört oder gesehen zu werden, schließlich sind wir mitten in Hollywood. Mich auf die andere Autoseite mit zu nehmen ist auch keine Option, denn auch dort kann nur einer Einsteigen. Während der Pistolen Typ überlegt, sehe ich mich um ob ich vielleicht irgend jemandem ein Zeichen geben kann, damit er die Polizei verständigt, aber im Umkreis von Fünfzig Metern ist niemand, der mir genug Aufmerksamkeit schenkt, um mit zu bekommen das ich mit einer Waffe bedroht werde.

Außer... Oh nein, die pummelige Kellnerin kommt aus dem Walmart, grade Wegs auf uns zu, eine Tasche um die Schulter und den Blick starr auf mich gerichtet. Wenn Sie uns erreicht und mein netter Entführungs Kumpel hier, beschließt das er sie doch einfach als Geisel nehmen könnte, um dafür zu sorgen das ich nicht weglaufe, dann habe ich ein Problem. Denke ich zumindest, bis die pummelige Kellnerin aus ihrer Tasche eine Pistole zieht und damit grade Wegs auf meinen Entführer zielt.

Ich habe seit 4 Monaten nichtmehr geschrieben und weiß nicht ob sich das noch ändern wird. Trotzdem ein Video das zum letzten Kapitel oder so gepasst hat. Wattpad sagt es ist ungültig.
Mir aber egal.
We not forgive.
We do not forget.
Expect us.

https://m.youtube.com/watch?v=b_p1D7jimRA

AnonymousWo Geschichten leben. Entdecke jetzt