Promise || l.t

02

Es war nun knapp halb zwölf und ich zog mich besonders schön an. Um 12:10 Uhr machte ich mich auf den Weg zum Wald, der gleich in der Nähe war. Ich wusste welche Brücke. Louis und ich waren dort so oft gemeinsam. Man konnte schon sagen, dass es unsere Brücke war. Wir verbrachten dort gemeinsam viele Stunden, zogen uns dort zurück oder schwiegen und schauten in die schöne Landschaft. Es konnte nichts anderes sein als der Heiratsantrag.

Was sollte er mir sonst genau dort sagen?  Wir waren nun 4 Jahre zusammen. Vor genau 10 Jahren versprach er es mir. Er wollte mich genau in 10 Jahren heiraten, beziehungsweise einen Heiratsantrag machen. Es konnte kein Zufall sein.

Kurz vor halb eins traf ich bei der Brücke ein, wo Louis schon stand. Überglücklich lächelte ich ihn an, wollte gerade etwas sagen, doch dann erblickte ich hinter ihm ein Mädchen in unserem Alter. Ich war etwas verwirrt. Würde er so einen Heiratsantrag machen, wie man es aus Youtube kannte? Mit Musik und dann sang er Marry me von Bruno Mars? Mein Blick wanderte durch die Gegend, suchend nach anderen Personen. Fehlanzeige.

"Hey!", sagte ich grinsend. Meine Nervosität wollte ich ihm nicht zeigen. Ich wollte Louis einen Kuss auf die Lippen drücken, aber er drückte mich weg. Verwirrt machte ich einen Schritt zurück und schaute Louis gespannt an. Jetzt müsste doch die Musik angehen, oder nicht? Das Mädchen neben ihm kannte ich. Kurze schwarze Haare hatte sie. Aber woher kannte ich sie? Sie war definitiv nicht eine Freundin von mir. Schon optisch her passte sie nicht wirklich zu mir.

"Du hast mich doch gestern gefragt ob ich dich noch liebe", fing er an. Ich nickte. Was würde jetzt kommen? "Ich habe lange nachgedacht und ich habe schon seit längerem festgestellt, dass die Gefühle nicht mehr da sind, wie sie es einmal waren." Und ab da war jede Hoffnung auf einen Heiratsantrag endgültig verflogen.

Das tat weh. Unglaublich weh. Ich schluckte fest. Ein riesen Klos befand sich in meinem Hals. Katie wach auf! dachte ich mir. Das konnte doch nur ein dummer Traum sein. Aber nein. Es war Realität, spätestens bis ich mir in den Arm zwickte. Ich musste die Tränen zurück halten.

Nun kam das Mädchen hervor und verschränkte ihre Hand mit Louis'.

"Du machst also Schluss?", fragte ich und probierte so stark wie möglich zu wirken. Nein, ich würde ihm jetzt ganz bestimmt nicht das zutiefst verletzte, weinende  und schwache Mädchen zeigen.

Als Antwort nickte er. "Und sie ist meine neue Freundin." Er zeigte auf sie neben ihm. Noch ein viel grösserer Stich in mein Herz. Wieso tat er sowas?

"Sie heisst Kylie und ich wollte unbedingt, dass du sie kennenlernst. Wir sind schliesslich seit unserer Geburt befreundet."

Achso war das also. Ich sollte sie jetzt auch noch beurteilen wie gut sie doch zusammen passten?  Ich kämpfte mit den Tränen. Die Trauer kam sofort hoch, doch sogleich war ich unglaublich sauer auf ihn. Was fällt ihm eigentlich ein? Nur weil sie eine grössere Oberweite hatte als ich, vielleicht einen wenig grösseren Arsch hatte als ich? Er schmiss diese 20 Jahre wo wir uns kannten einfach so weg?

Ich machte eine Kurzschlussüberlegung und mir sprudelten die Wörter einfach so aus meinem Mund.

"Oh da bin ich froh. Denn ich wollte es dir eigentlich schon lange sagen, dass ich dich nicht mehr liebe und ich bereits in einer neuen Beziehung bin, aber es war nie der richtige Zeitpunkt da gewesen", sagte ich als wäre es mir total egal, dass er gerade hier und an meinem Geburtstag Schluss machte. "Naja ich wünsch euch alles Gute in der Zukunft, tschüss."

Ich sah es an seiner Mimik an, es traf ihn und sogar sehr. Doch desto länger ich über die Worte die ich sagte nachdachte, desto bekloppter fand ich es. Ich hatte ihm gerade gesagt, dass ich bereits in einer neuen Beziehung bin. Aber das stimmte nicht. Das hiess nun für mich, ich musste so schnell wie möglich jemanden auffinden der meinen festen Freund spielte. Ich musste ihm beweisen, dass ich ohne ihn glücklich sein konnte. Ich brauchte ihn nicht und genau das wollte ich ihm zeigen. Aber in Wirklichkeit konnte ich nicht ohne ihn.