Tief gähnend schüttete ich das Dampfende Wasser auf den Teebeutel, welcher das Wasser langsam Blutrot färbte. Die Idee heute zeitig auf Arbeit zu gehen, um den Nachmittag dafür zu verwenden Wohnungen ausfindig zu machen, hatte sich gestern Abend noch ganz passabel angehört. Die Ausführung war leider ein wenig Fehlerhaft.
"Morgen!", hinter mir tauchte James auf. Gut gelaunt nahm er sich eine Tasse aus dem Schrank und füllte sie mit Kaffee. Wie konnte man morgens um 6 nur so gut gelaunt sein.
"Morgen.", brummte ich und lehnte mich gegen die Küchenzeile. Es hatte eine Weile gedauert, bis uns diese kleine Küche eingerichtet wurde, doch es hatte sich gelohnt. Kaffee aus Kannen, Tee, ein Kühlschrank und warmes Essen durch die Mikrowelle. Außerdem ein kleiner Tisch mit vier Stühlen, für den Fall das das Büro doch mal zu eintönig wird.
"Seit wann fängst du so zeitig an zu arbeiten?", fragte mein Kollege und öffnete den Kühlschrank, um sich einen Pfirsichjoghurt heraus zu nehmen. Unsere Arbeitskollegin Sandy, brachte uns immer Kleinigkeiten mit. Mal waren es Kuchen, Schokolade, Joghurt oder frisches Obst. Sie war einfach die gute Seele des Hauses.
"Ich hab heute Nachmittag noch Termine.", antwortete ich ehrlich und ließ den Teebeutel in meiner Tasse auf und ab hüpfen. "Wohnungssuche und sowas.", ich nahm mir zwei Stück Zucker und ließ sie in die Tasse fallen.
James nickte verstehend. "Kenn ich, kann wirklich ätzend sein sowas.", er lächelte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das er hoffte das zwischen uns irgendwas passieren würde. Er war kein schlechter Kerl, ganz davon abgesehen, aber er war nicht Conrad und das würde er auch nie sein.
"Wo wohnst du eigentlich zur Zeit?", fragte er dann. "Bei meinem besten Freund. Conrad.", ich nahm den Teebeutel aus der Tasse und warf ihn in den Müll. James nickte nur und wand sich dann wieder seinem Joghurt zu.
"Ihr würdet ein tolles Paar abgeben.", sagte er und beinahe hätte ich den Kirschtee über meinem Kleid verteilt. Ich hustete ein paar mal stark, bevor ich meine Stimme wieder fand. "Wir sind Freunde, wir waren nie mehr und nie weniger.", antwortete ich ein wenig zu energisch.
James nickte nur grinsend. "Ich muss an die Arbeit.", grummelte ich und begab mich in mein Büro.
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Mit einem Beutel voller Burger und Pommes schlenderte ich durch die Eingangstür des Krankenhauses. "Hey Abs!", Lola winkte mir zu. Sie war eine zierliche Frau mit schönen Gesichtszügen. Sie trieb viel Sport, weswegen sie ein wenig muskulös wirkte.
"Hey.", ich ging auf sie zu und umarmte sie herzlich. Lola war die gute Seele dieses Hauses und eine gute Freundin noch dazu. "Ich sehe du suchst Conrad.", lachte sie und deutete auf das Essen. "Wöchentliches gemeinsames Mittagessen.", erklärte ich.
"Pommes und Burger. Du bist ein Engel.", mein bester Freund kam aus dem Flur gegenüber und zog mich in eine Umarmung. "Dann schätze es auch endlich mal.", murmelte Lola noch bevor sie uns alleine ließ. Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen schoss.
"Lass uns essen, ich hab Hunger.", wand ich ein, bevor die Situation noch ernsthaft peinlich werden konnte. Conrad nahm meine Hand und führte mich zu einem kleinen Aufenthaltsraum auf der untersten Station.
"Wo ist Kate? Hab sie noch gar nicht gesehen?", fragte ich, obwohl mir scheiß egal war, wo dieses Miststück steckte. "Nachtschicht.", antwortete mein bester Freund knapp und biss heißblütig in seinen BigMac. Wie üblich lief dabei die Hälfte der Soße in seinen Bart.
Ich sah ihn belustigt an. "Soße?", fragte er und nahm sich eine Serviette. Ich nickte nur lachend und dippte eine Pommes in Ketchup. "Wie läufts eigentlich mit dieser Sache, von der du mir erzählt hast.", neugierig sah ich ihn an.
"Unverändert. Ich finde einfach keinen Anhaltspunkt diese Sache ins Rollen zu bringen.", schwer seufzend steckte sich Conrad gleich drei Pommes in den Mund. "Presse?, Polizei?", Conrad schüttelte mit dem Kopf. "Ich bräuchte dafür schon einen Spezialisten, dem man glaubt.", nachdenklich nickte ich.
"Ach bevor du gehst, muss ich dir noch jemanden vorstellen.", sagte Conrad und lächelte breit. Fragend sah ich ihn an. "Sollte ich Angst haben?", fragte ich belustigt, obwohl ich wirklich ein wenig Angst hatte.
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Nachdem wir fertig waren, räumte Conrad den Müll weg und führte mich zu einem Zimmer auf der dritten Station. Auf dem kleinen Schild neben der Tür stand 'Mary Fletcher'. Ich wusste das sie Conrad besonders am Herzen lag. Er klopfte zweimal, bevor er die Tür öffnete.
Aus dem Zimmer strömte schwere Luft. Das einzige, was es hier ein wenig fröhlich machte, waren die geblümten Stoffvorhänge. Auf dem Bett in der Mitte lag eine zierliche junge Frau welche lustlos durch die Kanäle auf dem Fernseher zappte. Sie war blass und ausgemergelt. Tiefe Augenringe zierten ihr Gesicht und ihre blau angelaufenen Lippen glichen fast der Farbe ihres Kopftuches.
Neben ihrem Bett piepten und brummten unzählige Geräte. Die Kabel, an denen die Frau angeschlossen war, hatte sie säuberlich über ihre Schulter gelegt.
"Mary.", Conrad stützte sich auf dem Metallrahmen am Krankenhausbett auf. "Darf ich dir Abby vorstellen?", er zeigte auf mich. Sofort setzte sich die Frau auf und fing an zu lächeln. "Hey ich bin Abby.", ich reichte ihr die Hand und begrüßte sie herzlich.
"Mary.", sie lächelte. "Du hast mir nie erzählt wie schön sie ist-", sagte sie an Conrad gewandt. "Und er hat mir eine Menge über dich erzählt.", lachte sie. Mir war unangenehm dabei, wenn jemand offensichtlich Komplimente über mich machte.
"Achja? Hat er das?", ich grinste meinen besten Freund an, welcher augenblicklich rote Wangen bekam. "Ja wie klug du bist und wie witzig.", Marys Augen leuchteten regelrecht. "Aber ich stelle ihn gerade bloß.", bemerkte sie dann und kicherte.
"Schon okay. Ich verzeihe dir.", Conrad zwinkerte ihr zu. Sie schien aufzublühen, während sie sich mit uns unterhielt und je mehr Zeit ich mit ihr verbrachte, umso öfter wurde mir klar, das diese Frau nicht sterben durfte.
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Heartbeat
Teen FictionAbigail und Conrad sind ein Leben lang befreundet. Wie das geht? Verliebe dich einfach nicht in den anderen. Doch manchmal passieren Dinge, die man am liebsten vermieden hätte.