15. Juni
Jeongguk wusste es vielleicht noch nicht, doch es würde nie wieder so sein wie früher.
—Die dunkle Silhouette des Jungen zeichnete sich auf der unbeleuchteten Landstraße ab und ließ ihn wirken wie einen verlorenen Geist. Seit einer halben Stunde schlängelte sich Jeongguk durch Felder, Gebüsch und Wohnblöcke, um den schnellst möglichen Weg zur Tankstelle zu erwischen. Er stand vor einem Feld, dessen hunderte Pflanzen ihm im Nachtwind kleine Dinge zuflüsterten, die er nicht verstehen konnte. Er sprach nicht ihre Sprache, aber musste er es tun, um sie zu verstehen? Seufzend fing er an, sich einen Weg durch das Feld zu bahnen, die Jacke bis oben hin geschlossen, aus Angst, die Grillen würden ihm zu nah kommen. Er hasste Grillen und verstand nicht, was manch anderer an ihnen so toll fand.
Noch sieben Minuten.
Jeongguk geriet in Hektik. Er durfte nicht zu spät kommen. Das hinterließe einen schlechten Eindruck. Er zog sich die Kapuze noch tiefer ins Gesicht und beschleunigte seinen Schritt. Schneller und schneller, bis er schließlich rannte. Er konnte es schaffen, er hatte es doch schon fast geschafft. Weit weg am Horizont konnte er einen runden leuchtenden Fleck erkennen, den er zuerst für den Mond hielt, doch je näher er kam, desto deutlicher wurde die Reklametafel der Tankstelle.
Sein Ziel.
Jeongguk beschleunigte ein letztes Mal, bis er sich im Sprint befand und erreichte schließlich, nach Luft ringend, die Einfahrt der Tankstelle. Erschöpft ließ er seine schlanken Arme neben seinem Körper baumeln und sah sich suchend um. Aus dem Tankstellenhäuschen strahlte ein kaltes Licht hervor, das etwas gespensterhaftes hatte. Es ließ den Tankstellenwart noch einsamer wirken. Die Plätze um die Tanksäulen waren leer, der Boden mit Ölflecken beschmutzt, und auf dem hinteren Parkplatz stand ein einzelnes Auto. Das musste er sein!
Mit einem erwartungsvollen Lächeln auf dem Gesicht lief Jeongguk auf das Auto zu und je näher er dem roten VW kam, desto mehr merkte er, wie nun sein Herz einen Sprint einlegte. Entschlossen klopfte der Junge an die Scheibe des Wagens und warf einen Blick hinein. Taehyung saß hinterm Steuer und sein schönes Gesicht wurde vom kalten Schein des Handys erhellt. Er tippte konzentriert auf dem Bildschirm herum, schreckte jedoch auf, als er das Klopfen vernahm. Für einen kurzen Moment wirkte er verwirrt, schien Jeongguks Gesicht erst einem Namen zuordnen zu müssen, was dem Kleinen einen leichten Stich ins Herz versetzte. Doch schließlich schien etwas in Taehyung klick zu machen und er lächelte Jeongguk mindestens genauso breit an wie bei ihrem letzten Treffen.
Er öffnete die Autotür, woraufhin Jeongguk einen Schritt zurück trat, und stieg aus dem Auto aus, nur um daraufhin den Jüngeren in eine kurze Umarmung zu ziehen. "Hey, Kleiner. Hast du es gut hierher geschafft?", murmelte Taehyung, während er Jeongguk konzentriert eine Strähne hinters Ohr strich. Dieser lachte nervös und bejahte und stellte seinem Gegenüber die Gegenfrage. "Ich hatte ja mein Auto.", beantwortete dieser die Frage und Jeongguk nickte verstehend. "Ist das dein Auto?" Der Schüler löste sich ein wenig von dem Älteren und ging auf den rotlackierten VW zu, um ihn interessiert zu mustern. "Hab ihn von der Mutter eines Freundes. Sie wollte ihn nicht verschrotten lassen, also hab ich ihr den abgekauft.", sagte Taehyung und folgte ihm.
Es herrschte für einen kurzen Moment Stille, in der Jeongguk das Auto betrachtete und Taehyung Jeongguk. "Kommst du mit rein, was zum Knabbern holen?", durchbrach Taehyung schließlich die Stille und Jeongguks Blick wurde von Sorge getrübt. "Ich hab aber kein Geld mit.", erklärte er sich, doch Taehyung schüttelte nur den Kopf und sagte, er würde alles bezahlen. Er schloss das Auto ab, warf noch schnell seine Jacke in den Kofferraum und stupste Jeongguk mit der Schulter an, um ihm zu signalisieren, ihm zu folgen. Und Jeongguk folgte ihm wie ein treuer Hund seinem Herrchen.
Während die zwei Jungen so durch die Gänge streiften und nach etwas essbarem Ausschau hielten, entstanden kleine Wortwechsel, die nur kurzlebig, aber trotzdem angenehm waren.
"Wie ist eigentlich dein Nachname?"
"Jeon, und deiner?"
"Kim...was kicherst du so blöd?"
"Meine beiden engsten Freunde haben den selben Nachnamen."
"Woran das wohl liegt."
"Vielleicht ja Schicksal."
"Oder der Fakt, dass es der verbreitetste Nachname in Korea ist."
"Das klingt langweilig."Nachdem ihre Arme überladen mit Süßkram und Knabberzeug waren, machten sie sich auf den Weg zur Kasse. Taehyung griff sich noch schnell ein Bier und legte es dazu. Jeongguk konnte sich nicht helfen und verzog hinter dem Rücken des anderen seine Nase. Aber jeder hat doch seine Laster. Außerdem ist es doch nur ein Bier. Na und, dann trinkt er halt Bier. Und raucht. Solange er mich nicht zu irgendwas zwingen will.
Der Kassierer warf ihnen einen schrägen Blick zu, doch sagte nichts und kassierte die Waren schweigend ab. Er war nicht älter als 21 und doch hatte er schon dunkle Schatten unter den Augen wie ein Mitte-Dreißig-Jähriger, der gerne Überstunden machte. Das hier war sicher nicht sein einziger Nebenjob. Mal wieder wurde Jeongguk bewusst, wie gut er es doch hatte. Aber warum fühlte er sich dann so unausgefüllt. Was fehlte ihm?
Taehyung bezahlte und sie verließen das Häuschen und kehrten zum Auto zurück. Der Ältere drückte Jeongguk die restlichen Sachen in den Arm, um nach seinem Autoschlüssel zu kramen und nach einer Weile wurde Jeongguk ungeduldig. Er wollte gerade seinen Hyung fragen, was los sei, als sich ihre Blicke trafen und er schon eine Vorahnung hatte, was passiert war.
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strawberries and cigarettes ᵗᵃᵉᵍᵍᵘᵏ
Fanfiction»But strawberries and cigarettes always taste like you« Risiko. Eines der Dinge, die in Jeongguks Leben nicht existierten. Umso faszinierter ist er, als er auf Kim Taehyung stößt, der das Risiko praktisch verkörpert. Jeongguk sah ihn als seine Chanc...