So close

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Hier das versprochene, längere Update :)
Leider hab ich ein paar Probleme mit Wattpad zurzeit. Das letzte Kapitel wird mir häufig nur als Entwurf angezeigt und es gab wohl auch keine Benachrichtigung darüber, dass ich das Kapitel veröffentlicht habe?! Falls ihr Teil 13 ("Absurdes") noch nicht gelesen habt, holt das also gerne nach. Ansonsten wünsch ich euch ganz viel Spaß mit dem neuen Kapitel ^^ und bedanke mich wieder ganz ❤lich bei allen Lesern~
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Die restliche Mittagszeit zieht wie eine Nebelbank an Timo vorbei. Eine Schwester räumt sein Tablett ab, ohne auch nur einen einzigen Blick unter den Deckel zu werfen, auf dem Gang klirrt das Geschirr im großen Servierwagen und im Zimmer nebenan plärrt der Fernseher dermaßen laut, dass man das Programm erahnen kann. Die Uhr an der Wand tickt eine Stunde hinweg, in der Timo sich tatsächlich ausruht und Pit mit seiner Nintendo Switch spielt, die ihm Moritz freundlicherweise vorbei gebracht hat. Leichter Kopfschmerz und impertinenter Hunger nagen an Timos Sinnen und drängen ihn in die Arme eines unausweichlichen Dämmerschlafs, aus dem er erst erwacht, als Pit zu einer abschließenden Untersuchung abgeholt wird. Ihm winkt schon die Entlassung und mit entsprechender Laune lässt er sich von einem Pfleger in einem Rollstuhl aus dem Zimmer schieben. Timo bleibt allein zurück. Sein Magenknurren schlängelt sich wie ein Bandwurm durch seine Eingeweide. Es tut weh, einfach nur weh. Vor seinem inneren Auge blühen Visionen seiner Lieblingsspeisen auf und tanzen um ihn herum wie das Rumpelstilzchen ums Feuer. Wenn es doch nur irgendetwas gäbe, das Timo guten Gewissens essen könnte...

Sein leerer Blick kippt zur Seite und landet auf Pits Nachttisch, wo eine angebrochene Packung Kinderschokolade ein unschuldiges Dasein fristet.

Vielleicht ein Stückchen?

'Völlig ausgeschlossen!', kläfft Timos Angst, beißt sich tollwütig in seinem Gemüt fest und erinnert ihn daran, dass er ein Workout machen wollte, sobald sich die Gelegenheit dazu bietet. Also jetzt! Pit ist immerhin erst seit knapp drei Minuten weg und es wird bestimmt noch ein Weilchen dauern, bis er zurückkommt.

Ungeachtet der ihn ans Bett fesselnden Erschöpfung, stützt sich Timo mühsam auf die Unterarme und setzt sich auf. Die Welt um ihn herum mag nicht still halten, sondern verschwimmt mit jedem Herzschlag und jedem Atemzug. Angestrengt kneift er die Augen zusammen und möchte die Beine über die Bettkante schwingen, da klopft es an der Türe.

„Ja?"

Auf sein Rufen hin senkt sich die Klinke herab und Viktor lugt ins Zimmer, seinen Rucksack über der Schulter hängend und das Gesicht mit Fragen übersät.

Timo bleibt fast das Herz stehen. Durch seine Gedanken rattert das gehässige „Du hast allen die Quali versaut!" wie ein Schnellzug. Wenn Viktor nur wüsste, wie leid es Timo tut. Er wollte das nicht. Wirklich nicht!

„Hey", zieht Viktor die Tür hinter sich zu, tritt an Timos Bett heran und hebt die Hand zu ihrem üblichen Begrüßungshandschlag.

Timo reagiert prompt; ihre Hände treffen sich, warm auf kalt, und für den Bruchteil einer Sekunde scheint Viktor etwas in Timos Augen zu suchen. Kaum dass er es gefunden hat, beugt er sich zu Timo hinüber, um ihn zu umarmen. Die verringerte Distanz drängt ihre Hände zwischen ihren Oberkörpern zusammen. Viktors Daumen endet auf Timos Handoberfläche und gleitet scheinbar beiläufig hinüber. Sein linker Arm hat sich einen Weg um Timos Schultern gebahnt.

„Wie geht's dir?", fragt er so dicht an Timos Wange vorbei, dass Timo beinahe seine Lippen auf der Haut spüren kann und darüber glatt einen Satz heiße Ohren bekommt. Wie soll es ihm schon gehen? Er schämt sich abgrundtief. Viktors Anwesenheit macht es besser und schlechter zugleich. Besser, weil sie sich so schützend wie eine Deckenhöhle aus Kindheitstagen anfühlt, in der Timo sich für den Rest seines Lebens verstecken will, und schlechter, weil sie Timo schmerzlich daran erinnert, dass es für ihn keinen Ausweg mehr aus dem Leistungstief gibt. Er wird nicht besser, er ist nicht krank und er kann nicht jedes Mal einen Zusammenbruch faken, wenn es ernst wird. In seiner Verzweiflung spiegelt er unbewusst Viktors Haltung wider, indem er ihm ebenfalls den linken Arm um die Schultern schlingt und nickt.

Thin for the Win [Schloss Einstein FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt