Nicht allein
Ein Klopfen holte sie zurück zu Bewusstsein. Ein gedämpftes hämmern.
Lora stöhnte noch vollkommen benommen als sie langsam aus ihrer Ohnmacht erwachte. Sie hörte ihre eigene Stimme wiederhallen, an kahlen Wänden die keinerlei Geräusche schluckten. Ihr Hals tat furchtbar weh. Und ihr Schädel dröhnte unfassbar stark, als hätte sie die letzte Studentenparty nicht so ohne weiteres weggesteckt. Unwillig die Augen zu öffnen, kniff sie ihre grünen Augen zusammen und wollte einfach weiterschlafen, doch da war es wieder, dieses Klopfen. Die Luft war kalt und feucht. Sie rang sich dazu durch, die Augen aufzuschlagen und sich aufzurichten. Das hämmern wurde schneller und lauter. Wer zur Hölle machte solch einen Krach? Etwas verwirrt darüber, wo sie war, sah sie sich um. Ein heruntergekommenes Zimmer ohne Fenster. Sie lag auf einem Bettgerüst ohne Matratze. Wen wunderten also die grausamen Rückenschmerzen. Keine Ahnung wie sie hier her kam. Das letzte woran sie sich erinnerte, war dieser total verrückte Traum, in welchem sie von diesem Monster gewürgt wurde. Sie ortete das Klopfen am gegenüberliegenden Ende des Raumes. Da hing ein Spiegel quer über die ganze Wand. Kam das Geräusch etwa von dort? Lora verzog die Augenbrauen und erhob sich aus dem Bett um zu der übergroßen Spiegelwand am anderen Ende des Zimmers zu gehen. Abgelenkt von dem was er ihr zeigte, musterte sie sich im Spiegel und führte ihre Hand an ihren Hals. Ein deutliches Hämatom zeichnete sich an ihrer Kehle ab. Sollte das wirklich passiert sein? Sie suchte erneut nach dem Ursprung des Hämmerns. Aber außer dem Bettgestell befand sich hier gar nichts. Die junge Studentin näherte sich dem einzigen Ausgang des Raumes um festzustellen ,dass dies eine Sicherheitstür war. Eine geschlossene Sicherheitstür. Als sie sich erneut dem Bettgestell zuwandte fielen ihr erstmals die Fixierungsgurte daran auf. Ganz offensichtlich befand sie sich in einer Art Irrenanstalt.
Als wäre sie in Eile lief sie erneut zur Tür, hämmerte an der gepolsterten Verkleidung und versuchte durch das kleine Fenster zu schauen. Der Gang dahinter war leer. Ab und an flackerte ein kaltes Licht auf und ließ die Sicht auf ein paar weitere Zimmer zu. Sie dachte sie wäre gefangen, vollkommen allein. Dass dies jedoch ganz und gar nicht der Wahrheit entsprach, wurde ihr all zu gleich klar als der Spiegel unter dem stetigen Hämmern zu schwanken begann. Etwas verschreckt, hastete sie zu dem Bettgestell unter dem ihre Waffe gerutscht sein musste als man sie hier eingesperrt hatte. Unter lautem knirschen zerbarst ein großer Teil des Spiegels und ein alter Aktenschrank flog geradewegs in ihr kleines Gefängnis. Sie packte ihre Waffe und bedrohte scheinbar etwas dass sie noch nicht einmal sehen konnte. Plötzlich sprangen zwei junge Männer durch das entstandene Loch des Spiegels.
„Bitte…nicht schießen!“ bat einer von ihnen bevor er und sein Begleiter ohne Umschweife gemeinsam das Bettgerüst packten und es direkt vor dem Wandspiegel aufstellten, fast so als wäre damit der Raum erneut verbarrikadiert.
„Was soll das? Wer seid ihr?“ wollte Lora aufgebracht wissen. Die junge Frau musterte die beiden Männer ihres Alters skeptisch. Einer blond, der andere schwarzhaarig. Während der schwarzhaarige junge Mann aussah als wäre er ebenfalls Student, wirkte sein Begleiter eher verloren, fast nicht aus ihrer Zeit. Seine Sachen waren abgenutzt. Seine Haut geschunden, dreckig und bleiern.
„Ich bin John, das ist Adam…“ erklärte John und wand seinen schwarzen Lockenkopf von Lora ab um durch das Bettgerüst auf die andere Seite des Spiegels zu schmulen.
„Es ist weg…“ versicherte ihm Adam. Bevor er sich zur fest verschlossenen Tür begab um daran zu rütteln.
„Hab ich schon versucht…“ gestand ihm Lora und nahm die Waffe runter. Sie rutschte an der Wand zu Boden und seufzte schwer aus.
„Und du bist?“ wollte John wissen als er sich zu Lora begab und sich zu ihr hinunter hockte.
„Lora.“ Antwortete sie folgsam. Zumindest war sie nun nicht mehr vollkommen allein.
„Hätten nicht gedacht, dass wir noch jemanden normalen hier drinnen finden. Und dann auch noch jemanden so…“ begann John leichtfertig.
„ So… was?“ unterbrach ihn Lora und sah frech zu ihm hinauf.
„Sowas idiotisches…“ knurrte Adam und schlug gegen die Tür. Hätte man nicht gewusst, dass er wegen der Sackgasse fluchte, in der sie sich befanden, hätte Lora es glatt falsch aufgefasst.
„Wie kommt sie überhaupt hier rein?“ wollte Adam plötzlich wissen und sah die beiden aufgebracht an. John zuckte mit den Schultern und gab das Wort an Lora weiter.
„Ich hab keine Ahnung. Schätze jemand hat mich hier her gebracht.“ Stellte sie fest.
„Nein. Für gewöhnlich bringen sie einen nirgendwo hin…“ berichtigte sie Adam.
„Woher willst du denn das wissen?“ murrte Lora plötzlich. Sollte das etwa heißen ,sie dachte sich diese Geschichten aus?
„Glaub mir! Wenn ich eines weiß, dann das.“
„Er ist von hier.“ Eröffnete ihm sein Begleiter.
„Dann weißt du wie wir aus der Stadt rauskommen?“ fragte Lora hoffnungsvoll. Doch Adam rollte nur mit den Augen. John antwortete erneut für Adam. Wahrscheinlich hatte er diese Art von Gespräch mit ihm vor kurzer Zeit schon einmal geführt.
„Eher nicht.“
„Was soll das heißen?“ wollte Lora enttäuscht wissen.
„Das heißt, niemand von uns kommt jemals aus dieser Stadt raus!“ konkretisierte sich Adam ungerührt.
„Blödsinn!“ murrte Lora plötzlich und erhob sich vom Boden.
„Geh mal beiseite.“ Mit einer Handbewegung hatte Lora Adam beiseite dirigiert. Dieser sah sie etwas pikiert an. Mit dem Handgriff der Waffe holte sie ein paar mal weit aus und zerbarst das kleine Glas das als Guckloch der Tür fungierte. Sie entfernte mit der Waffe die restlichen Scherben rundherum und schob ihren Arm vollends auf die andere Seite der Tür. Ein paar Sekunden suchte sie verzweifelt nach einer Klinke, bis sie einen Riegel zu fassen bekam. Sie zog das rostige Stück Metall erst nach oben und dann nach links, bevor die Tür endlich „Klack“ machte. Die junge Frau zog ihren Arm zurück und warf den beiden Männern einen abwartenden Blick zu, die sie Stillschweigend musterten. Während Adam durch die Tür auf den Gang schritt, ohne ein Wort über ihre Leistung zu verlieren, rief ihm Lora genervt hinterher:
„Gern geschehen! Keine Ursache!“
„Mach dir nichts draus…“ entgegnete ihr John, der sich weiterhin zu Lora gesellte.
„Er nervt mich jetzt schon…“ stellte sie ohne Umschweife fest, steckte ihre Waffe zurück in den Hosenbund und zusammen folgten sie Adam durch den spärlich beleuchteten Gang der Irrenanstalt.
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You know me, dont you?
HorrorDie junge Studentin Lora muss nach einer durchzechten Nacht feststellen, dass sie in einer Geisterstadt erwacht ist. Auf der Suche nach Hilfe, scheint sie sich gegen die Vernunft und für ihr Bauchgefühl zu entscheiden. Sie tötet in Panik ein paar Ei...