Es war kalt in dem kellerartigen Raum, in dem Lora zurückgelassen worden war. Das Monster mit dem Eisengebilde auf den Schultern hatte sich direkt vor ihr in Luft aufgelöst. Gerade hatte sie noch um ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden gebangt als dieses dröhnende Geräusch das Monster davon abgehalten hatte, sich ganz zu nehmen wonach es ihm verlangt hatte. Sie atmete aufgebracht. Er hatte sie auf dem alten hölzernen Werkzeugtischchen zurückgelassen, über dem eine lapidare Glühbirne an einem Kabel hin und her schwankte und ihre Umgebung mal mehr, mal weniger ausleuchtete. Lora war erneut davon gekommen. Zwar sah es hier nicht so aus, doch sie musste wohl einen Schutzengel in dieser Hölle haben. Gemessen an John, welcher zerrissen und Adam der einen Unterarm verloren hatte. Sie sah an sich hinab. Ihre Bluse war zerfetzt worden als seine massigen Hände ihr über den Körper gefahren waren. Ihre Taille tat ihr weh. Der Fleck an der Seite würde zu einem hervorragenden Bluterguss werden aber wer würde schon pingelig sein, wenn man gerade einer Schändung von einem Wesen entgangen war, bei dem alles gut doppelt so groß war wie bei einem normalen Menschen. Sie schluckte kurz verstört und schlug sich diesen Gedanken sofort wieder aus dem Kopf.Als das Licht erneut ganz in ihre Richtung schwang richtete sie ihren Blick auf das Blut, das überall um sie herum und an ihr klebte. Es war nicht ihres. Zumindest nicht viel davon. Ihre Hand, die krustig von dem fremden Blut vor ihren Augen verweilte, zitterte. Ihr kam schon der Schleim die Kehle hoch. Viel fehlte nicht und sie würde sich auch noch in die Blutlache auf dem Boden übergeben. Sie musste hier weg. Hier raus. Hilfe suchen. Die Kirche finden um dort Schutz zu suchen.
Plötzlich hörte sie ein Scheppern, anschließend ein ausgebremstes Fluchen. Außerhalb dieses Raumes hatte jemand etwas fallen lassen. Lora riss ihren Kopf herum.
"Hallo?!" Rief sie reflexartig, hielt sich dann aber damit zurück, weiter Krach zu machen. Sie sollte etwas vorsichtiger sein.Die junge Frau atmete tief ein und gemäßigt aus. Ihre Jacke lag auf dem Boden. Lora sprang vom Werkzeugtisch. Ungeachtet dessen, dass sie noch etwas wacklig auf den Füßen war und ihr sogut wie alle Gliedmaßen in irgendeiner Weise wehtaten, schleppte sie sich zu ihrer Jacke, bevor sie den einzigen Ausgang ins Visier nahm. Der massive Stahlschrank der vor dem Ausgang platziert worden war, ließ nur einen gut fünfzehn Zentimeter breiten Spalt frei. Dahinter befand sich ein spärlich beleuchteter Gang. Lora versuchte etwas zu erkennen, doch die Sicht war wirklich äußerst gering. Sie hörte den Wind durch die brüchigen Betonmauern pfeifen. Eine Gänsehaut fuhr ihr erneut über den Körper. Jetzt da Pyramid Head nicht mehr hier war, spürte sie die minderwertigen Unannehmlichkeiten gleich wieder viel deutlicher. Wahrscheinlich hatte sie für derartige Dinge einfach keinerlei Auffassungsgabe, wenn dieses Monster sich in ihrer Nähe befand. Wer hätte gedacht, dass es auch etwas gab das weniger furchtbar in seiner Nähe war. Sie war müde, hungrig, ihr tat alles weh und schlussendlich konnte sie die Kälte um sie herum ganz deutlich spüren.
Als die junge Studentin nichts durch den Spalt erkennen konnte, zog sie ihren Kopf zurück. Es war finster außerhalb dieses Raumes. Aber sie musste hier weg. Sie musste sich dort hindurch zwängen. Skeptisch musterte Lora den dunkelgrün gestrichenen Stahlschrank, der ihr den Weg verbaute. Sie seufzte und schubste ihre Lederjacke durch den Schlitz. Die Nieten ihrer Jeanshose würden sie ebenfalls stören. Immer mehr Kleidungsstücke landeten auf dem Boden des Ganges. Ihre Stiefel klirrten als die Schnallen aneinander schlugen. Erst als Lora nur noch in Unterwäsche, Socken und halb zerrissener weißer Bluse dastand, versuchte sie sich durch den Spalt zu zwängen. Der Körper stellte weniger ein Problem dar. Sie zog die luft ein und quetschte sich seitlich durch die Öffnung. An Schläfen und Wangen zog sie sich Schürfwunden zu, während sie sich wie eine Katze aus dem Raum befreite. Mit einem jähen Ruck stolperte sie mehr schlecht als recht in den Gang vor dem versperrten Zimmer. Schläfen, Hüftknochen, Brust und Schlüsselbein taten etwas weh aber mit diesen Schürfwunden würde sie leben können.
Mit einem sorgvollen Blick in beide Richtungen packte sie ihre Sachen und zog sie sich wieder über.Die blonde Frau sah sich planlos um. Da war ganz sicher jemand gewesen. Sie hatte deutlich jemanden fluchen gehört. Nur konnte sie hier unten leider rein gar nichts erkennen. Zuerst vorsichtig, dann immer schneller tastete sie sich an den feuchten Kellergängen vorwärts, nicht wissend, wo der Gang sie hinführen würde.
Sie atmete nervös als sie sich einer Abzweigung näherte.
Erst war da nichts als das Geräusch ihrer eigenen Atmung. Bis sie plötzlich eine klare Dissonanz heraus hörte.
Sie verzog die Augenbrauen und blieb stehen. Da waren ganz deutlich andere Atemgeräusche als die ihren und ein jähes Schluchzen zu hören. Ihr stockte der Atem. Sie presste sich an das kalte Mauerwerk als jemand an ihr vorbei huschte."Jetzt stell dich nicht so an!" hörte Lora eine männliche Stimme sagen. Die im Dunkeln gehaltenen Figuren drehten sich suchend um ihre eigene Achse. Nur ganz sachte konnte Lora ihre Umrisse erkennen. Menschen! Hier unten?
"Warte, bleib stehen!" herrschte anschließend ein zweiter Befehl in Loras Richtung. Konnte er sie sehen? Seine Begleitung richtete sich nach der männlichen Stimme. Sie hatten keine Ahnung, dass Lora bei Ihnen war.Sie verhielt sich so still wie möglich. Bevor sie sich zu erkennen gab, wollte sie die fremden noch etwas belauschen.
"Wohin gehen wir? Wozu hast du mich in diese Sachen gesteckt?" Flüsterte eine zarte Frauenstimme etwas verunsichert. Sie klang nicht als wüsste sie was hier vor ging.
"Warts ab! Es ist ein Experiment. Ein Test. Nenne es wie du willst." Murrte die genervte Männerstimme, bevor sie weiter geradeaus liefen. Ein Test? Wie sollte die Kleidung einer Frau hier unten bei einem Experiment behilflich sein? Neugierig geworden schritt Lora den Beiden achtsam mit etwas Abstand hinterher. Seine Stimme hatte etwas vertrautes. Aber die Art wie er mit der Frau sprach... .
"Wo hab ich nur diese verdammten Streichhölzer?!" Fluchte die Männerstimme, während man ein Rascheln hörte. Er suchte vermutlich in einer Tasche danach.
Lora blieb stehen und öffnete erschrocken die Augen. Warte... Streichhölzer?Als plötzlich das Geräusch eines sich zündenden Streichholzes ertönte und die beiden Personen in warmes Licht getaucht wurden, glaubte Lora ihren Augen nicht zu trauen. Es war Adam.
Adam stand mit dem Rücken zu Lora. Seine aschblonden kurzen Haare waren nach hinten gestrichen. Er schwitzte, obwohl es hier unten so unbändig kalt war. Lora trat von hinten an Adam heran, ohne dass er es bemerkte. Er trug eine schneidige graue Unterweste, wie die eines Anzuges und darunter ein altes weißes Hemd dessen Ärmel nach oben gekrempelt waren. Mit BEIDEN Händen hantierte er mit den Streichhölzern herum. Allem Anschein nach, hatte er wieder zwei funktionierende Hände. Wie zur Hölle hatte er das gemacht? Lora hatte gesehen, wie er seinen rechten Arm verloren hatte. Das war keine Einbildung gewesen. Sie hatte gesehen, wie er vollkommen wahnsinnig seinen blutenden Stumpf abgedrückt und lieber nach dem Stemmeisen als nach seiner abgetrennten Hand gegriffen hatte. Was ging hier vor?!Anders als Adam der mit dem Rücken zu Lora stand, machte seine Begleitung ein leicht verstörtes Gesicht als sie Lora entdeckte. Sie sah an Adam vorbei, direkt zu der jungen Studentin.
"Was glotzt du so dämlich?!" Wollte der jähzornige Mann wissen und verzog eine Augenbraue.
Adam hielt das Streichholz in die Richtung seiner Begleitung, die Kleidung trug, welche der von Lora verdammt ähnlich sahen. Sie hatte lange ungepflegte blonde Haare und ein verustes Gesicht, nahezu gleich dem von Adam. Wahrscheinlich stammte sie aus seiner Gruppe. Die Jeans die sie trug war offensichtlich nicht ihre eigene. Sie war viel zu groß. Die Stiefel sahen denen von Lora zwar ähnlich, hatten aber Ihre besten Tage schon hinter sich und die schwarze Lederjacke besaß keine Kapuze, wie die von Lora selbst. Dennoch war offensichtlich was Adam mit ihr vor hatte. Ein Experiment hatte er es schlicht genannt! Dieser kleine miese Bastard.Er hatte seine Begleitung wie Lora ausstaffiert, nur um sie Pyramid Head selbst vor die Füße werfen zu können, wenn er ihnen begegnete. Jetzt da er mitbekommen hatte, wie das Monster auf Lora selbst reagiert hatte, empfand er es offensichtlich als reine Vergeudung, diese Tatsache nicht auszunutzen. Lora konnte einfach nicht fassen was für ein niederträchtiges Aas dieser Kerl war. Wut und ekel stiegen in ihr auf. Diese kleine dreckige Kakerlake. Irgendwie zog Adam sich immer wieder aus der Schlinge. Und wenn andere dafür zahlen mussten umso besser für ihn.
"Da ist eine Frau..." Adams ahnungslose Begleitung deutete mit dem Finger auf Lora, die fassungslos über dieses hinterhältige Wiesel ihre Fäuste geballt hatte und Adam abwartend ansah.Mit dem letzten auflodern des Streichholzes, wand sich Adam zu ihr um. Eine Frau?
"Was ...Lora!" Stellte er vollkommen verblüfft fest als ihre Faust auch schon auf sein Gesicht zuschnellte und ihm mit voller Wucht eine verpasste. Es gab ein dumpfes Geräusch während ihre Faust seinen blonden Dickschädel traf. Adams Kopf schnellte um 90 Grad nach links und er ging wie ein nasser Sack zu Boden, bevor das Licht des Zündholzes erlosch. Vielleicht war Gewalt nicht immer eine Lösung aber hier löste sie einiges. Und wenn es nur Loras Frustration und der kurze Wunsch nach Rache war.
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You know me, dont you?
HorrorDie junge Studentin Lora muss nach einer durchzechten Nacht feststellen, dass sie in einer Geisterstadt erwacht ist. Auf der Suche nach Hilfe, scheint sie sich gegen die Vernunft und für ihr Bauchgefühl zu entscheiden. Sie tötet in Panik ein paar Ei...