Wer hätte gedacht, dass der Weg durch das Treppenhaus für Lora und ihre Begleiter noch das angenehmste an diesem Tag werden würde? Als Adam die Tür mit dem Brecheisen geöffnet hatte, schlug ihnen ein grausamer Geruch, gefolgt von pechschwarzer Dunkelheit entgegen. Vorsichtig steckten sie einer nach dem anderen ihren Kopf durch den Türspalt. Sie konnten Stimmen hören. Stimmen die mehr einem Seufzten oder Stöhnen glichen. Aber wem wollten sie etwas vormachen? Wenn sie aus dieser Anstalt herauswollten, mussten sie wohl oder übel durch dieses düstere Treppenhaus. Lora und John sahen ihren vermeintlichen Stadtführer mit großen Augen an als er ihnen mit dem Zeigfinger andeutete, sich so leise wie möglich zu verhalten. Hätte er sich vorher etwas genauer umgesehen, wäre ihm aufgefallen, dass überall im Gebäude Glassplitter verteilt lagen und es mit einem dezenten Hinweis der Stille seinerseits, sicherlich nicht getan war. Dennoch betraten sie einer nach dem anderen das Treppenhaus. Adam mit der Brechstange voran, gefolgt von der jungen Studentin mit der Handfeuerwaffe in der Hand und John, dem ebenfalls in Silent Hill gestrandeten Hochschüler mit asiatischen Wurzeln.
Eigentlich war es nicht weit bis zum Ausgang der Irrenanstalt. Lediglich die Dunkelheit, die Angst und die beklemmenden Geräusche ließen diesen Weg wohl unendlich erscheinen. Die kleine Gruppe ließ gut über die Hälfte der Stufen hinter sich als Lora zum ersten Mal eine Ansammlung von menschlichen Körpern in der Dunkelheit ausmachte. Sie fuhr erschrocken zusammen als sich die Körper bewegten und diese weibliche Seufzer ausstießen. Adam fuhr ruckartig zu Lora herum und legte seine Hand auf ihren Mund. In der Dunkelheit sah sie lediglich Adams Umriss, dennoch konnte sie spüren, wie er ihr in die Augen sah und seinen Zeigefinger warnend an seinen Mund hielt. Sie nickte. Sie würde keinen Mucks von sich geben. Langsam tastete sich die kleine Gruppe dicht an der Wand entlang um den starren menschlichen Körpern nicht zu nahe zu kommen. Lora konnte ihre weiblichen Silhouetten erkennen. Viele von ihnen hielten messerscharfe Gegenstände in den Händen. Was war nur mit diesen Frauen los? Fasziniert von dem Verhalten dieser Wesen, ignorierte Lora im Gegensatz zu ihren männlichen Begleitern jedoch die umherliegenden Glasscherben. Das Knirschen unter ihren Füßen hörte sich jetzt, da sie jegliche Geräuscharmut dringend benötigten, unsagbar laut an. Die in Starre verfallenen Schwestern gaben zwar lediglich eine kurze Bewegung von sich, dies reichte jedoch aus um John unverwandt ein Skalpell in die Seite zu treiben. Er schrie gequält auf und erweckte die Krankenschwestern somit wortwörtlich aus ihrer Starre.
„Vollidiot!" rief Adam, nun da sie eh aufgeflogen waren. Würde er diese beiden Menschen nicht noch brauchen, wäre er schon längst auf und davon gewesen. Sicherheit galt für ihn immer nur dann, wenn es um seine eigene ging. Die Schwestern torkelten so schnell es ihnen möglich war auf die kleine Gruppe zu, schlugen mit ihren Messerscharfen Gegenständen um sich und stießen dabei ungewöhnlich melodische Seufzer aus.
Während Adam sich mit der Brechstange an den Schwestern austobte, entdeckte Lora nicht weit von sich tatsächlich den Treppenausgang. Noch im selben Augenblick als sie die Türklinke erreichte, schrie John plötzlich erneut um Hilfe. Eine der Schwestern war mit ihrem Skalpell in seinem Oberarm stecken geblieben und anschließend zusammen mit dem jungen Studenten zu Boden gefallen. Er schrie so laut nach den Anderen, dass die gesammelte Schwesternschaft sich jäh ihm zu wand. Adam hatte zwar im Grunde nichts dagegen, wenn andere sich opferten damit er überlebte, konnte jedoch nicht zulassen, dass die Beiden jetzt schon draufgingen.
„Halt endlich die Klappe! " beschwerte sich der Stadtbewohner erneut über die Inkompetenz dieses Idioten und stieß sein Brecheisen einer weiteren Kreatur in den Schädel.
Johns Arm fühlte sich an als würde dieses Weib geradezu in der Wunde herumrühren. Immer wieder versuchte er sie von sich zu schubsen aber durch die ständigen Schmerzen, entglitt ihm jegliche Kraft. Gerade noch rechtzeitig stieß Lora mit einem beherzten Tritt die Krankenschwester von John hinunter. Die Krankenschwester lärmte enttäuscht darüber von ihrem Opfer abgelassen zu haben und bäumte sich stockend, wie eine Puppe, wieder auf.
„Himmel bleib doch liegen!" meckerte Lora und verzog die Augenbrauen. Doch der darauffolgende Kopfschuss den Lora der Kreatur gab, beendete ihre verkrampften Zuckungen augenblicklich. Es ärgerte sie zusehends ihren Kugelvorat dezimieren zu müssen, allerdings ließ sich dies wohl kaum vermeiden, obwohl Adam sich ungewöhnlich fleißig an den Krankenschwestern ausgetobt hatte, blieben noch mehr als eine Hand voll von ihnen übrig.
„Durch die Tür. Na los!" rief er seinen beiden Begleitern zu. Gleichzeitig reichte Lora dem verletzten Asiaten die Hand und half ihm auf. Sie zog ihn nach oben und so schnell sie konnten, flohen die Drei durch die Tür und verbarrikadierten diese hinter sich als die Krankenschwestern auch schon kratzbürstig auf der anderen Seite auf das Hartholz einschlugen.
„Das war echt krank..." stellte John klar. Lora stützte den Asiaten so gut es ging. Sein Oberarm sah wirklich scheußlich zugerichtet aus aber er konnte schon wieder derartige Aussagen treffen. Das beruhigte sie irgendwie.
„Es gibt Männer die stehen auf sowas." Meinte sie schlicht und zuckte mit den Schultern. John sah sie verwirrt an.
„In welchem verfluchten Universum?" wollte er wissen. Er verzog das Gesicht. Woher hatte sie diese verkorkste Idee?
„Komm schon. Ich hab doch gesehen wie du die Schwester, die auf dir lag angesehen hast." witzelte sie.
„Du meinst verängstigt oder panisch? Ich weiß nicht ob's dir aufgefallen ist aber sie hatte keine Augen in die ich hätte starren können."
„ ... Sie hatte Möpse!" stellte Lora eiskalt fest. John sah Adam perplex an.
" Hat sie das gerade wirklich gesagt?"
„Tut mir leid. Komm zeig mal deinen Arm her." Erklärte Lora schlussendlich. Sie wusste es war nicht die Zeit für Späßchen aber sie würde sonst noch wahnsinnig werden.
„Seid ihr fertig?" wollte Adam wissen. Er hatte die beiden bei ihrem Kleinen Geplänkel beobachtet. Die Tatsache, dass sie diese Situation so ganz und gar unernst nahmen, war ungewöhnlich. Es verwirrte ihn schlicht, da die Anderen seiner Gemeinde regelrecht emotionslos handeln würden wären sie an deren Stelle.
„ Was denn?" wollten die Beiden wissen.
„Was denn? Wirklich? Wegen euch wären wir fast drauf gegangen. Unter 'Macht keinen Mucks und verhaltet euch still' versteht man wohl kaum - Benimm dich wie ein Elefant im Porzellanladen und schrei dir die Seele aus dem Leib!" mokierte sich der Stadtbewohner.
Lora und John sahen sich kurz fragend an und bedachten Adam anschließend mit einem Blick als wäre er es, der nicht ganz zurechnungsfähig war.
„Wirklich. Ihr seid die perfekte Garantie, für einen langsamen qualvollen Tod!" stellte Adam fest.
„Was beschwerst du dich eigentlich, Adam?! Hab ich was verpasst oder hat nicht eine dieser Furien nur an MIR herumgemessert!" John hatte langsam genug von Adam. Er kannte sich in dieser Hölle zwar aus aber seine ständige Untergangsstimmung half nicht gerade dabei, ihren Gemütszustand aufrecht zuhalten.
„Benimm dich nicht wie ein Baby!" murrte Adam und schubste den vermeintlich Verletzten ein Stück zur Seite als stände er ihm im Weg.
„Beruhigt euch Jungs." Unterbrach Lora die Beiden. Sie sah dabei besonders Adam eindringlich an.
„Ich soll mich beruhigen?" Der Blonde verstand nicht, wieso er plötzlich das Problem war. Er war es nicht gewesen, der allen Monstern im Umkreis mitgeteilt hatte, wo sie sich befanden, indem er wie wild umherbrüllte.
„Adam!" Loras Tonfall wurde harscher.
„Was?"
„Hör auf dich wie ein bockiges Kleinkind aufzuführen und bring uns zu dieser Kirche!" Sie war wohl durchaus in der Lage einen ernsteren Ton anzuschlagen, wenn es die Situation erforderte.
Vollkommen betreten sah Adam die hübsche junge Studentin an. Ihm wurde klar, er hatte die Selbstbeherrschung verloren. Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare und atmete ermattet aus. Im selben Moment ertönte die so gefürchtete Stadtsirene.
„Gut, aber wir müssen uns beeilen." Stellte Adam klar. Er deutete mit einem Seitenblick auf die Eingangstür. Das Holz verwitterte, die Wände machten erneut einen Alterungsprozess durch und noch während sie gemeinsam die Vordertür der Irrenanstalt verließen, hatte sich der Himmel bereits wieder vollständig verdunkelt. Gemeinsam rannte die kleine Gruppe die Straße hinunter. Lora kam diese Situation furchtbar bekannt vor. In ihr keimte erneut eine furchtbare Erinnerung auf, die ihr wie ein Albtraum vorkam. Als sie kurz ins straucheln kam, packte sie John bei der Hand.
„Komm schon! Beeil dich, es ist nicht mehr weit. Ich kann die Kirchturmspitze erkennen." Beruhigte er sie und zog sie hinter sich her.
„Mir ist schwindelig." bemerkte Lora. Ihr Blick hielt sich an Johns blutbeschmiertem Arm. Es war lachhaft aber es beruhigte sie ihren Blick nur darauf zu konzentrieren. Sie wollte ihr Umfeld gerade wirklich nicht sehen. Der Boden wackelte verheerend und als eines der Autos neben ihnen in die Straße einbrach und die Alarmanlage anging, sahen sich die Drei schreckhaft um.
„Weiter, da hinten ist es!" bemerkte Adam. Gerade als die kleine Gruppe am Treppenabsatz zur Kirche angelangt war, blieb der Blondschopf plötzlich stehen. John und Lora rannten förmlich in ihren Stadtführer hinein. Wieso ging er nicht weiter?
„Adam?"
„Wir müssen zurück." Stellte Adam ungewöhnlich verängstigt fest.
„Was? Wieso?" Lora und John sahen an Adam vorbei. Am Ende des Treppenabsatzes, direkt vor der Tür die Sicherheit versprach, lief er schweren Schrittes entlang. Sie hörte erneut sein monotones dumpfes näher schreiten und das grässliche Geräusch seiner Hiebwaffe die er hinter sich her zog. Da war er wieder. Er hatte ihnen den Weg abgeschnitten. Pyramid Head......
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You know me, dont you?
HorrorDie junge Studentin Lora muss nach einer durchzechten Nacht feststellen, dass sie in einer Geisterstadt erwacht ist. Auf der Suche nach Hilfe, scheint sie sich gegen die Vernunft und für ihr Bauchgefühl zu entscheiden. Sie tötet in Panik ein paar Ei...