Vergangenheit 2

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„Ich werde ihn nicht wegschicken. Nicht, solange er noch verletzt ist“, hörte ich Rose rufen. Ihr lauter Tonfall hatte mich geweckt. Vorsichtig stand ich auf und ging zur Tür, um besser mit verfolgen zu können, was da ablief. Würde ich jetzt endlich erfahren, was der wahre Grund für meine Rettung war? Die Tür stand einen spaltbreit offen. Ich sah Rose, die mit wutverzerrtem Gesicht dastand und mit einem grossen Mann, welcher mit dem Rücken zu mir stand, redete.

„Rose, das Dorf ist misstrauisch. Was, wenn er ein Spion ist? Oder Schlimmeres. Hast du seine Gewandung gesehen? Nirgends habe ich bisher solche Kleider gesehen. Auf allen meinen Reisen. Er führt bestimmts Gutes im Schilde.”

„Er ist schwer verwundet. Glaubst du wirklich, ich schicke ihn jetzt fort? Niemals! Du weisst von dem Versprechen, welches ich mir einst gegeben habe.“ „Ich weiss. Ich bin nur hier, um dich zu warnen. Es gehen Gerüchte um, Rose….“

„Intrigen werden überall gesponnen. Ich werde mich nicht aufgrund von bösen Zungen davon abhalten lassen, einem verwundeten Menschen zu helfen.“

Aua, Rose hatte mich gerade als Menschen bezeichnet.

„Rose, bitte. Höre auf mich. Schicke ihn fort, bevor dir alle in den Rücken fallen.“

„Ach, Bothan, immer bist so besorgt um mich. Doch fürchte dich nicht. Es wird alles gut“, sagte Rose, beugte sich vor, und gab ihm einen Kuss. Ob auf den Mund oder auf die Wange, sah ich aufgrund meiner Perspektive nicht. Doch warum interessierte mich das überhaupt?

„Rose, noch etwas anderes bedrückt mich. Hast du über den Heiratsantrag des Bürgermeisters Schultheiss nachgedacht?“ Ich bemerkte, wie Rose sich versteifte. Ihr Mund nahm einen trotzigen Zug an. „Ich werde nicht darüber nachdenken, Bothan. Ich werde ihn nicht heiraten“, sagte sie bestimmt.

„Aber du weisst, was das für die Familie bedeuten könnte. Für unsere Familie. Vater wird dich endlich wieder akzeptieren. Er hatte dir nie verziehen, dass du Grossmutters Weg eingeschlagen hattest. Und dass wir letztes Jahr den Verdacht, du seiest mit dem Teufel im Bunde, von dir abwenden konnten, haben wir auch nur Bürgermeister Schultheiss zu verdanken. Verstehst du denn nicht, was diese Heirat alles für uns bringen könnte? Schultheiss ist ein reicher Mann…“ „Und ein Narr“, fiel Rose ihm ins Wort. „Er liebt mich nicht, er will mich besitzen. Ich sehe, wie er reagiert, wenn ich mit anderen Männern rede. Dass er dich nicht verbannt, kommt nur daher, dass du mein Bruder bist. Er würde mir nicht erlauben, anderen Menschen zu helfen. Schultheiss würde mich in ein Käfig stecken. Bothan, ich kann das nicht. Versteh mich doch.“ Ihre Stimme fing an zu zittern.

„Rose, niemand versteht dich besser als ich. Und ich würde dich niemals zwingen, ihn zu heiraten. Doch verstehe du mich auch. Wenn ihr den Bund der Ehe eingeht…“

„Ich werde ihn NICHT eingehen. Nicht mit diesem alten Mann“, schrie Rose und drehte sich um. Ihre Schultern zuckten und ein leises Schluchzen verriet mir, dass sie weinte. Gerne hätte ich sie jetzt in den Arm genommen, doch war ich zu gespannt, was weiter folgte.

„Es ist wegen dem Fremden, habe ich Recht?“, sagte der Mann namens Bothan plötzlich. Rose versteifte sich. „Ich sehe doch, wie du ihn ansiehst. Oder das Strahlen in deinen Augen, wenn du von ihm redest, Rose. Das Strahlen, welches ich zuletzt in deinen Augen sah, als du mit Marion…“

„Lass Marion aus dem Spiel“, murmelte Rose, doch sie widersprach ihrem Bruder nicht. Was ihm wohl auch auffiel. Laut seufzte er auf.

„Das darf doch nicht wahr sein.“ Resigniert fuhr er sich mit der Hand über die ebenfalls blonden Haare. „Ist er hier?“ Rose nickte in meine Richtung. „Er schläft. Weck ihn nicht auf“, meinte sie.

Aura - Connected by Fate // Loki FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt