Ein kleines Geschenk

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Nachdem Loki die Geschichte beendet hatte, herrschte eine bedrückte Stimmung. Aura wusste nicht, wie sie reagieren sollte. Also legte sie ihm einfach die Hand auf den Arm und schwieg. Er seufzte und blickte sie an. „Ich habe dir doch gesagt, dass dir das Ende nicht gefallen wird“, murmelte er. Die Brünette nickte und schmiegte sich an ihn. „Und was ist mit der Kette? Das hast du gar nicht erzählt?“, murmelte Aura. „Hab ich nicht?“
„Hast du nicht. Doch ich will es nur wissen, wenn es ein glücklicher Moment war.“ Da lächelte Loki. „Ja, das war es. Ich hatte ihr die Kette extra anfertigen lassen. Ich hatte kein Midgardisches Geld, dafür aber die Smaragde. Ich gab dem Manne einen, wenn er mir die anderen Zwei in das Amulett einfasste. Natürlich war so ein Smaragd viel mehr wert, doch ich wollte Rose eine Freude machen und so kam es, dass wir beide einen festen Gegenstand für unsere Liebe hatten.“
„Das ist ja so romantisch“, seufzte Aura. Doch da entdeckte sie noch eine ungeklärte Sache. „Aber warum haben sie Rose verbrannt. Ich meine, ihr seid ja beobachtet worden, und DU warst ja derjenige der einen Doppelgänger erschaffen hatte. Hätten sie da eigentlich nicht dich verbrennen sollen?“
„Ich denke, Schultheiss ging es nicht darum, ob und wer da irgendwelche Doppelgänger erschaffen hatte. Ihm ging es mehr darum, dass Rose mich liebte, und er merkte, dass er sie niemals besitzen würde. Er fing an, uns beide zu hassen. Und wie würde er uns besser verletzen können, als sie zu töten? Ich würde sie verlieren. Er konnte nicht verlieren. Wenn ER sie nicht haben konnte, dann niemand. Das Unwetter kam ihm gerade recht. Die Menschen dazumal waren so leichtgläubig. Er musste nichts weiteres tun, als ihnen zu sagen, er hätte sie mit dem Teufel beobachtet, und schon lechzten die Menschen nach ihrem Blut...“ Wieder herrschte langes Schweigen. Bis Aura die Stille brach. „Das tut mir so leid...“, sagte sie.
„Ja, mir auch. Doch Rose ist tot, und ich habe sie hinter mir gelassen. Jetzt habe ich dich.“ Aura errötete und wusste nicht was sie antworten sollte. War das gerade ein Liebesgeständnis? Als sie erneut aufblickte, sah sie, wie er sie lächelnd musterte. Doch dann wurde seine Miene ernst. Er holte tief Luft. Die nächsten Worte sprach er langsam, fast so, als würde er jedes einzelne Wort sorgfältig aussuchen, bevor er es aussprach.
„Aura, ich muss dir etwas sagen. Es ist sehr wichtig, und ich möchte, dass du mich nicht unterbrichst. Aura. Rose... sie ist...“ „Dieser verdammte Verkehr! Sorry, dass wir erst jetzt komm...“ Gwen kam herein und sah, dass Aura und Loki gerade mitten in einem ernsten Gespräch waren. „Komme ich ungelegen?“, fragte sie und fixierte Loki mit einem fragenden Blick. „Nein, ist schon gut“, murmelte dieser und stand auf. „Wir sollten die Kekse holen.“ Er ging in die Küche. Als Aura ihm folgen wollte, stoppte Gwen sie. „Nein, du bleibst hier. Könntest du... Lydia erzähl ihr doch, wie es im Spital so war“, sagte sie und folge dem Gott.
„Gwen, ich war kurz davor, ihr zu erzählen, dass Rose in ihr ist“, murmelte Loki, als sie in die Küche kam. „Ich weiss“, seufzte sie. „Es tut mir leid. Ich weiss nicht, was ich davon halten soll, wenn du es ihr sagst.“
Der Schwarzhaarige runzelte die Stirn. „Gwen, manchmal werde ich aus dir einfach nicht schlau. Gestern sagtest du mir noch, ich sollte ihr die Wahrheit sagen. Und jetzt willst du es plötzlich nicht mehr?“
„Ich will ja dass du es ihr sagst. Doch es würde ihr das Herz brechen. Warum musstest du Rose auch wieder zurückholen?“
„Hatten wir das nicht schon?“, Loki schnaubte genervt.
„Fang gar nicht damit an! Ich war einen lausigen Tag nicht da, und das hattest du natürlich gleich ausgenutzt.“
„Was hast du erwartet?“, murmelte Loki. Gwen nahm das Keksblech aus dem Ofen. „Dass du einmal deinen Kopf einschalten würdest, Gott des Unheils. Doch du machst deinem Namen wirklich alle Ehre.“ Loki grinste entschuldigend „Sorry“, murmelte er, worauf er nur einen bösen Blick von Gwen erntete.

„Und, Aura wie lange kennt ihr euch schon?“, fragte Lydia, als Loki und Gwen aus dem Wohnzimmer gingen. „Etwa eine Woche“, murmelte Aura. Es fühlte sich an, als würden sie sich schon viel länger kennen. „Wird da was Ernstes draus?“ Lydia lächelte sie wissend an. „Ach komm schon, ich hab doch gesehen, wie er dich angeschaut hat. Voller Sehnsucht und Hoffnung.“
„Meinst du wirklich?“ Aura Herz machte einen Satz, bei diesem Gedanken. Lydia zwinkerte ihr zu. „Und du bist ihm auch nicht abgeneigt, wie ich sehe.“ Da musste Aura kichern. „Nein, bin ich nicht“, antwortete sie und strich sich nervös durch die Haare.
„Dann freu dich, auf nachher.“ Fragend hob Aura die Augenbrauen. In diesem Augenblick kamen Loki und Gwen wieder ins Wohnzimmer zurück.
„So, die Kekse müssen noch auskühlen“, sagte Gwen und liess sich neben Lydia aufs Sofa plumpsen. Loki setzte sich neben Aura und legte den Arm um sie, worauf die beiden anderen Frauen breit anfingen zu grinsen. Aura wusste nicht, was sie davon halten sollte. Waren sie jetzt ein Paar oder nicht? Loki hatte ihr die Kette geschenkt, die seiner früheren Liebe gehört hatte. Am Konzert hatte er sie geküsst, und jetzt legte er ganz selbstverständlich den Arm um sie. Doch er hatte ihr weder gesagt, dass er sie liebe, noch hatte er sie gefragt, ob sie mit ihm zusammen sein will. Doch dass sie es wollte, war wiederum so logisch, dass er es gar nicht zu fragen brauchte. Gott, sie war verwirrt. Doch ihn zu fragen wäre auch superpeinlich. Wenn er ja sagen würde, würde sie sich total dämlich vorkommen, dass sie es nicht kapiert hatte. Wenn er jedoch nein sagen würde, wäre es der Weltuntergang. Also blieb Aura lieber still und schmiegte sich schüchtern an ihn. Ihr Herz trommelte in ihrer Brust und wieder bekam sie eine Gänsehaut, als er anfing sacht ihren Oberarm zu streicheln. Sie schloss die Augen, und atmete seinen Duft ein, den sie so sehr liebte. Es war so schön. Einfach hier bei ihm zu sein.

„Aura, aufwachen, die Kekse sind fertig“, sagte Loki plötzlich und tippte sie sanft an. Die Brünette schreckte hoch. Sie war doch nicht gerade wirklich eingeschlafen. Als sie die Augen öffnete, sah sie in die drei Gesichter von Loki, Gwen und Lydia. „Warum habt ihr mich nicht geweckt?“, murmelte Aura, die sich am liebsten versteckt hätte. Beim Gedanken, dass Loki sie beim Schlafen beobachtet hatte, wurde ihr heiss. Wieder einmal. „Wir dachten, du brauchst den Schlaf. Und vor allem hast du so niedlich ausgesehen“, antwortete Gwen und hielt ihr einen Schokoladenkeks hin. Aura beugte sich vor, um das Süsse Backwerk entgegenzunehmen. Als sie sich wieder zurücklehnte, hatte Loki den Arm gesenkt, und hielt sie jetzt an der Seite. Aura versuchte zu ignorieren, dass seine Hand unter ihr Shirt gewandert war, und sie sanft streichelte. Es stellte sich als ausserordentlich schwierig heraus. Sie wusste, sie sollte ihm sagen, dass er aufhören müsse. Schliesslich wollte sie ihm ja nicht das Gefühl geben, er könne alles mit ihr machen. Doch es fühlte sich auch unendlich schön an. Also liess sie es geschehen.
Plötzlich fing er an, unter ihrem T-Shirt über ihren Bauch zu streicheln und Aura konnte einen wohligen Seufzer nicht unterdrücken. Es klang beinahe wie ein Stöhnen. Gott, jetzt ging es zu weit. Vor allem, da Loki sie mit einem dreckigen Lachen bedachte und sowohl Gwen als auch Lydia sich nicht wirklich beherrschen konnten, nicht zu grinsen. Aura packte Lokis Hand und zerrte sie grob hervor. Peinlich, peinlich, peinlich.
„Wenn ihr zwei alleine sein wollt, sagt es nur“, schmunzelte Gwen, „das Schlafzimmer ist noch frei.“ Bevor Loki noch eine dumme Antwort geben konnte, stopfte Aura ihm einen Keks in den Mund und bewarf ihre beste Freundin mit einem Kissen, die kreischend auswich. Natürlich startete sie sofort zum Gegenangriff und bevor man es sich versah, hatten die beiden eine riesige Kissenschlacht begonnen. Loki und Lydia sassen daneben und beobachteten das wilde Treiben kopfschüttelnd. Schliesslich gab Aura sich geschlagen, als Gwen anfing sie mit einem Flauschi-Kissen zu verdreschen. Ganz ausser Atem setzte sich die Brünette wieder neben Loki, der der Versuchung, seine Hand wieder unter ihr Shirt zu stecken, natürlich nicht widerstehen konnte. Doch dieses Mal war Aura vorbereitet und zog seine Hand sofort wieder weg. „Hör auf damit. Sonst…“ „Sonst was? Willst du sagen, es hätte dir nicht gefallen? So berührt zu werden?“ Loki fuhr mit dem Finger sanft dir Konturen ihres Kinns nach. Stark bleiben! „Sonst tausche ich den Platz mit Lydia“, konterte sie. Der Gott hob eine Augenbraue und blickte zu Lydia. „Wage es nicht,  Mann“, knurrte diese und Loki gab sich geschlagen.
„Okay, okay. Tut mir leid.“ Aura blickte ihn böse an. „Ach komm schon, du weisst, dass ich keinerlei Interesse an Lydia habe“, gurrte er, während er sie an sich drückte. „Na, das will ich auch hoffen“, sagte Gwen bestimmt, „sonst wäre meine kleine Überraschung für euch, total überflüssig geworden.“ Aura und Loki horchten auf. Eine Überraschung? Gwen kramte in ihrer Handtasche und holte ein blaues Couvert heraus. „Hier“, grinste sie und überreichte Aura den Umschlag. „Lies laut!“ Stirnrunzeln öffnete Aura das Couvert und fing an zu lesen.

Meine Liebe Aura. Loki.
Eure Wiedervereinigung muss natürlich gefeiert werden.
Deshalb habe ich gedacht, ich schenke euch eine Woche Urlaub in den Bergen.
Das Hotel ist bereits gebucht.
Geniesst es.
Lots of Love
Gwen

Aura wusste nicht, was sie antworten sollte. Eine Woche alleine mit Loki? Auf der einen Seite fand sie es fantastisch. Auf der anderen jedoch... Er war ein Mann, der genau wusste, was er wollte. Und sie war Aura. Nur Aura. Was, wenn er mehr von ihr wollte? Und sie ihm nicht das geben konnte, was er brauchte? Doch wieso fragte sie sich sowas überhaupt? Sie würden nur ein paar schöne Tage zusammen verbringen. Nichts weiter.
„Dankeschön“, sagte sie und versuchte, ihre Stimme nicht zu zittrig klingen zu lassen. „Hast du bedenken, Aura?“, fragte Gwen, die sie natürlich sofort durchschaut hatte. „Musst du nicht. Wenn Loki auch nur auf dumme Gedanken kommt, dann hack...“ „Ist schon gut, Gwen. Ich werde nichts unüberlegtes tun“, kam Loki schnell dazwischen. Er war nicht erpicht darauf, zu erfahren, was Gwen ihm antun würde.
„Dann wäre das geklärt. Hast du sonst noch Bedenken?“ Loki nahm inzwischen den Umschlag aus Auras Hand. „Ab morgen?“, fragte er erstaunt. Morgen? Das ist unmöglich, schliesslich musste sie zur Arbeit. „Nein, Aura. Das ist auch bereits geklärt. Eine Woche Ferien für dich. Du hast sowieso zu viel Überstunden geleistet.“ „Aber doch nicht eine ganze...“ „Hey. Geniess es einfach. Es ist alles geregelt“, Ihre beste Freundin winkte ab. Aura musste lächeln und umarmte Gwen. „Du bist einfach genial. Danke“, freute sie sich. „Ich weiss. Und jetzt müsst ihr packen. Seht dass ihr fortkommt und lasst mich endlich mit Lydia alleine“, sagte Gwen und schob Aura aus dem Wohnzimmer. Diese verabschiedete sich mit einem Wink und war auch schon draussen. Loki folgte ihr, drehte sich aber kurz vorher noch einmal um. Er nickte ihr zu, und Gwen verstand. „Gern geschehen“, lächelte sie, als sie die Tür schloss.

Aura - Connected by Fate // Loki FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt