Chapter eight - New melodies

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Songs for this Chapter:
Complicated - Olivia O'Brien
Million Pieces - Bastille
Cooler than me - Mike Posner
Nowhere - MKTO
Gorgeous - Taylor Swift

Playlist auf spotify: https://open.spotify.com/playlist/4IFOoXY97PQxWUarRIAXuS

„Hi Lilac, uhmmm ich...ähm ich wollte mal fragen, wie es dir geht. Also nicht, dass du das jetzt komisch findest oder so, aber ja hm, ich hoffe dir gefällt es in Kanada. Erst wollte ich dir schreiben, aber...irgendwie kam mir das so unpersönlich vor deshalb...naja dachte ich mir ich ruf dich einfach an aber...jaaa du bist nicht drangegangen. Egal also naja, du kannst dich ja mal melden wenn du das hörst."

Tessas Stimme jagte mir einen Schauer über den Rücken. Dass sie herumdruckste verriet mir, wie nervös sie war. Ich konnte nicht einmal mehr sagen, wann wir das letzte Mal persönlich gesprochen hatten. Früher war ihre Stimme immer eine Beruhigung für mich gewesen, aber  jetzt jagte sie mir einfach nur riesige Angst ein und erinnerte mich an etwas, das ich ganz schnell vergessen wollte.

Den ganzen Heimweg lang grübelte ich über die Nachricht nach. Warum sollte Tessa mich ausgerechnet jetzt anrufen? Drei Wochen nachdem ich hier hergezogen war? War es wirklich nur ihr schlechtes Gewissen, was ihr zu schaffen machte?

Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht einmal bemerkte, wie der Bus an meiner Haltestelle stehen bleib. Im letzten Moment griff ich nach meinem Rucksack und verlies so schnell wie möglich das Fahrzeug. Dabei hatte ich noch so viele andere Sachen, über die ich in Ruhe nachdenken musste. Den Glee-Club zum Beispiel, oder die Tatsache, dass mein Nachbar ein berühmter Sänger war. Schon in der Schule wollte ich mir ein paar seiner Lieder anhören, war bisher aber nicht dazu gekommen. Argh, mein Leben war einfach nur das absolute Chaos! Wenn ich wenigstens ein bisschen meine Gedanken ordnen könnte!

Gerade, als ich in meine Straße einbiegen wollte, sah ich ihn aus dem Augenwinkel. Henry, wie er mit Sonnenbrille und Käppi den Weg entlang joggte - zugegebenermaßen sah er dabei ziemlich gut aus. Trotzdem drehte ich mich so schnell wie möglich um und lief weiter, in der Hoffnung, dass er mich nicht gesehen hatte.

„Hey! Warte mal!" Leise fluchte ich und drehte mich dann langsam um, während er langsam auf mich zukam. „ Ähm Lilac, richtig?" Er wartete meine Antwort gar nicht erst ab, sondern redete sofort weiter. „Ich soll dir und deiner Familie von meiner Mom ausrichten, dass ihr herzlich zu dem Nachbarschaftsfest eingeladen seid. Das müsste diesen Donnerstag um...18 Uhr beginnen. Es kommen mehr oder weniger alle Leute aus dieser Straße und manchmal noch welche aus der Straße gegenüber. Achso, und mein Angebot wegen der Gitarre steht übrigens noch." frech grinste er mich an und ich konnte nicht anders, als innerlich die Augen zu verdrehen.

Er schien sich selbst wohl für super toll zu halten - wie konnte man nur so von sich selbst überzeugt sein? „Danke, aber nein danke. Darauf kann ich echt verzichten. Außerdem bin ich absolut zufrieden mit meiner  eigenen Gitarre!" Beinahe hatte ich schon wieder vergessen, wer da eigentlich vor mir stand - aber auch wenn er kein gewöhnlicher Achtzehnjähriger war, so hinderte es ihn wohl nicht daran, sich wie ein Vollidiot aufzuführen. Trotzdem konnte ich nicht ändern, dass mein Herz bei seinem Anblick einen winzigen Hüpfer machte. Wenn er nur etwas netter wäre - Schnell verwarf ich diesen Gedanken wieder. Was für ein Blödsinn. Wahrscheinlich war ich es nur einfach nicht gewohnt mit Jungs in meinem Alter zu sprechen.

„War nur ein Angebot." Immer noch grinsend zuckte er mit den Schultern. Ich zog eine Augenbraue hoch - oder versuchte es zumindest, denn so richtig gut konnte ich das noch nie.
Ich zögerte. Sollte ich ihm sagen, dass ich wusste wer er ist? Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass es sowohl für ihn, als auch für mich eine unangenehme Situation wäre und ich hatte absolut keine Ahnung, wie er reagieren würde. Wäre er enttäuscht? Oder wütend? Oder wäre es ihm absolut gleichgültig? Sicher nicht.

„Na dann." Ich zögerte und drehte mich dann langsam um. Vorerst würde ich das Geheimnis wohl für mich behalten. „Hey, sehe ich dich dann am Donnerstag?" rief er mir hinterher. Ich wendete meinen Kopf in seine Richtung. „Klar, wenn du dir diese alberne Käppi abziehst!" Ich hatte keine Ahnung, warum ich ihm das entgegen rief. Irgendwas stimmte absolut nicht mit mir. Ich war nie tough gewesen oder konnte gut kontern. Im Gegenteil, eigentlich war ich meistens diejenige, die sich mittendrin versprach oder anfing zu stottern. Aber irgendwas löste dieser Typ bei mir aus, dass ich nicht anders konnte. Zum Glück nahm er mir meine Bemerkung absolut nicht übel, sondern lachte nur, was mich selbst zum lächeln brachte.

Sobald ich zu Hause angekommen war, öffnete ich Spotify und gab „Henry Blane" ein. Ich fand seine Seite sofort. Drei Alben? Er hatte schon ganze drei Alben veröffentlicht? Mittlerweile wusste ich auch, warum mir Henry so bekannt vorkam, obwohl ich seine Musik nicht kannte. Er war letztes Jahr in irgendeiner Fernsehshow  aufgetreten, die ich mir aus Langeweile angesehen hatte. Von alleine wäre ich aber wahrscheinlich nie darauf gekommen, wer er war.

Ich beschloss, mit seinem neusten Album zu beginnen und klickte auf das erste Lied. Schon bei den ersten Gitarrenklängen war ich hin und weg - die Melodie war einfach perfekt. Das war aber nichts im Vergleich zu seiner Stimme. Sobald seine Stimme ertönte, konnte ich einfach nicht anders, als fassungslos auf den Bildschirm zu starren. Diese wunderschöne Stimme gehörte zu dem Typen, mit dem ich noch vor fünf Minuten geredet hatte? Unmöglich. Und doch musste ich mir eingestehen, dass seine Stimme durchaus Ähnlichkeit hatte mit dieser, die gerade sanft aus meinen Lautsprechern kam.

Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, alle Alben komplett durchzuhören. Jedes Lied war auf seine eigene Weise wunderschön, mein Lieblingslied war jedoch mit Abstand „remind me". Tatsächlich kannte ich zwei Lieder sogar, hatte ihnen damals im Radio aber anscheinend nicht viel Beachtung geschenkt.

Als ich mir sämtliche Lieder heruntergeladen hatte, beschloss ich, mir ein paar Interviews anzuschauen.
Ich musste bloß „Henry Blane" in die Suchleiste eingeben und es tauchten hunderte von Videos auf. Gebannt klickte ich auf das erste mit den meisten Aufrufen.

Zwanzig Minuten später saß ich absolut verwirrt auf meinem Bett. Dieser charismatische Henry im Interview hatte absolut nichts mit dem echten Henry zu tun, den ich kannte. Obwohl „kannte" vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen war. Vielleicht trifft es „getroffen" eher. Kein Wunder, dass so viele Mädchen auf ihn standen. Im Internet war er der absolut perfekte Freund.

Eine Sache war mir jedoch schon jetzt klar. Ich wollte ihn kennenlernen. Und, obwohl ich es hasste, mir das einzugestehen, genoss ich seine Nähe. Auch wenn ich immer noch absolut sozial inkompetent und super tollpatschig war und wusste, dass ich ihm die Wahrheit sagen musste.

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