Chapter one - New beginnings

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Ich starrte auf den Bildschirm vor mir, aber egal wie lange ich ihn anschaute, es änderte sich nichts. 0 neue Nachrichten. Seit Tagen hatte ich nichts von meinen Freundinnen gehört, zumindest von den wenigen, die ich hatte. Ich war noch nie das beliebte Mädchen in der Schule gewesen, eher diejenige, die über ihre eigenen Füße stolperte oder es schaffte ihr Mittagessen auf ihrem T-shirt zu verteilen. Entschlossen legte ich mein Handy beiseite. Ich hatte mir fest vorgenommen, dass ich den Umzug als Neuanfang nutzen würde, um neue Leute kennenzulernen und endlich wirklich ich selbst zu sein. Mein gesamtes Leben lang habe ich mich verstellt und versucht, mich jedem anzupassen. Und hat das irgendwas gebracht? Nein. Ich trat vor den Spiegel und seufzte, dann aber zwang ich mich zu einem Lächeln. Ab heute würde alles anders werden. Kritisch betrachtete ich meine Straßenköterblonden Haare, die mir bis zur Hüfte reichten.        

Wenn ich irgendetwas verändern wollte, würde ich zunächst mit dem Aussehen anfangen und zwar nicht nur was meine Haarfarbe oder Länge betraf, sondern auch meinen Style. Noch vor dem Umzug hatte ich beinahe alle meiner alten Klamotten weggegeben, um mir hier neue zu kaufen. Ich liebte es, stundenlang auf Pinterest irgendwelche Looks auf meiner Pinnwand zu speichern und trotzdem hatte ich mich nie so angezogen, wie ich es wollte und mir vorgestellt hatte. Stattdessen hatte ich immer bloß ein langweiliges T-shirt und eine Jeans an in der Hoffnung, nicht aufzufallen. Aber auch damit würde nun Schluss sein. Zufrieden musterte ich das Kleid, welches ich heute anhatte. Ich hatte es als erstes aus den Umzugskartons herausgezogen und gleich in meinen neuen Kleiderschrank gehängt. Es war ein Babydoll-Kleid, mit feinen Blumen bestickt. Dazu trug ich goldene Sandaletten, eine Kette mit einem winzigen Herzanhänger und einschlichtes Armband. Somit würde ich endlich die Chance haben, von neuem zu beginnen und wirklich ich selbst zu sein. Ich weiß, eigentlich sollte es egal sein, was man trägt, denn es kommt eigentlich ja nur auf das innere an, aber sobald ich die Klamotten an mir mochte fühlte ich mich wohler und mehr wie ich selbst. Außerdem gewann man so viel schneller an Selbstbewusstsein, etwas, dass ich gut gebrauchen konnte.

„Lilac, kommst du mal kurz?" Die Stimme meiner Mutter riss mich aus meinen Gedanken. Schnell zog ich mir eine Jeansjacke über und ging die Treppe herunter ins Wohnzimmer, wo meine Mom und mein kleiner Bruder Brian bereits auf mich warteten. Das Wohnzimmer war immer noch ziemlich kahl, obwohl bereits die Couch und der dazu passende Tisch aufgestellt waren. „Könntet ihr beide noch schnell die restlichen paar Kisten hineintragen? Dann könnt ihr eigentlich auch tun, was ihr möchtet, zumindest bis es Abendessen gibt." Der gestresste Gesichtsausdruck meiner Mutter machte mir sofort ein schlechtes Gewissen.

Da Dad gleich heute in seinem neuen Job anfangen musste, lag es an ihr alles zu organisieren, aufzubauen und einzurichten. Hätte mir jemand noch vor einem Monat erzählt, dass ich nach Toronto umziehen würde, so hätte ich diese Person wahrscheinlich für verrückt erklärt. Dann aber hatte mein Dad dieses unglaubliche Jobangebot bekommen und so standen wir drei Wochen später mit gepackten Koffern da, bereit, nicht nur einfach umzuziehen, sondern gleich auf einen völlig anderen Kontinent auszuwandern. Meine Eltern kamen beide aus Deutschland und dort hatte ich mein ganzen Leben lang gewohnt. Bis jetzt zumindest. Um ehrlich zu sein fand ich die Idee eigentlich sogar ziemlich cool, also in Kanada zu leben.

Toronto war eine wirklich schöne Stadt und anders als die meisten Mädchen in meinem Alter hatte ich nicht besonders viele gute Freundinnen, wegen denen ich unglaublich traurig gewesen wäre, weil ich nun so weit von ihnen weg wohne. Meine Mom fand das immer schon etwas komisch und ich musste mir schon mehr als einmal anhören, ob es nicht wirklich einfach an mir läge, dass ich nicht so viele Freunde hätte. Aber auch von meinen so genannten Freundinnen musste ich mir immer und immer wieder anhören: du bist zu brav, du bist zu langweilig, so kriegst du nie einen Freund blablabla. Und obwohl mich das wirklich verletzte, lernte ich trotzdem etwas daraus: man kann niemals jemandem vertrauen.

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