Kapitel 9

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Sie starrte die Botschaft fassungslos an. Sie war sich ganz sicher, daß die Tafel blank geputzt gewesen war,  als Danny jene verhängnisvolle Reise mit der Pfadfindergruppe angetreten hatte. Und es stand auch nichts auf ihr, als sie zuletzt in diesem Zimmer gewesen war. Die Bedeutung der beiden Wörter wurde ihr erst nach einigen Sekunden bewußt. Ein kalter Schauer überlief sie. Nicht Tot. Das war ein klares Dementi von Dannys Tod. Eine Weigerung, die schreckliche Wahrheit zu akzeptieren. Ein Widerspruch zur Realität. Hatte sie diese beiden Wörter selbst geschrieben? Sie konnte sich beim besten Willen nicht daran erinnern. War es möglich, daß sie in einem ihrer schrecklichen Anfälle von Schmerz, in einem Augenblick schwärzester Verzweiflung, hierher gekommen war und unbewußt diese Botschaft auf Dannys Tafel gekritzelt hatte? Wenn dem so wäre,  so müßte sie unter Blackouts leiden, unter zeitweiligem Gedächtnisschwund. Das war unvorstellbar. Sie war doch nicht unzurechnungsfähig! Folglich mußten die Wörter die ganze Zeit auf der Tafel gestanden haben. Danny mußte sie geschrieben haben. Seine Schrift war wie alles an ihm sauber und ordentlich gewesen, kein so nachlässiges Gekritzel, und doch mußte er es getan haben. Und der offensichtliche Zusammenhang dieser Botschaft mit dem Busunglück? Zufall. Reiner Zufall, weiter nichts. Etwas anderes konnte es nicht sein. Sie weigerte sich, irgendeine andere Möglichkeit auch nur in Betracht zu ziehen, weil die Alternativen viel zu erschreckend waren. Sie schlang ihre Arme um die Brust. Ihre Hände waren eisig. Sie spürte die Kälte sogar durch ihr Nachthemd hindurch. Zitternd löschte sie die Schrift von der Tafel und verließ den Raum. Sie war hellwach. Sie wußte, wie dringend sie etwas Schlaf benötigte. Sie hatte soviel Arbeit vor sich. Ihr großer Tag..

Die Augen der DunkelheitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt