Kapitel 4 - Dunkle Straßen

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Ich schlief ordentlich aus, deshalb stand ich erst gegen 12 Uhr auf. Nachdem ich Zähne geputzt hatte schmiss ich mich mit meinen Schlafsachen wieder aufs Bett, da ich bis abends sowieso nichts vorhatte. Wo essen wir eigentlich? Ich schnappte mein Handy und schrieb meinen Bruder an.

<<Wo gehen wir überhaupt essen?<<

>>Zum Chinesen zwei Straßen weiter.>> Chinese, wie originell. Ich verdrehte die Augen.

<<Kann ich da nicht auch eigentlich laufen, wenn er zwei Straßen weiter ist?<<

>>Ne Ne, ich hol dich schon ab. Kann passieren, dass du heimlaufen musst, aber ich nehme dich auf jeden Fall mit hin.>> Wo ist die Logik? Lieber lauf ich wenn's hell ist da hin.

<<Ok.<<

Ich verbrachte die übrige Zeit mit Fernsehschauen, bis es 17:30 Uhr war und ich mich beschloss mich fertig zu machen.

Ich suchte mir ein enges, schwarzes, knielanges Kleid heraus, was nicht unbedingt vornehm aussah, aber ich hatte nunmal nichts anderes. Darunter zog ich schwarze, glänzende Pumps, was das ganze ein wenig mehr ‚edel' aussehen ließ. Meine dunkelblonden Haare glättete ich noch ein wenig, damit sie nicht so unordentlich aussahen. Eigentlich hatte ich glatte Haare, aber wenn man den ganzen Tag nur rumlag sahen sie schon Mal zerzaust aus.

Ich schminkte mich leicht: ich malte meine Augenbrauen nach, trug ein wenig unauffälligen Lidschatten auf und tuschte meine Wimpern. Zum Schluss trug ich einen durchsichtigen Lipgloss auf. Fertig!

Mein Blick glitt auf mein Handy. 18:57 Uhr. Perfekt. Da klingelte es auch schon an der Wohnungstür. Ich schnappte mir eine kleine Tasche, in die mein Handy und ein bisschen Geld reinpasste und öffnete die Tür. Es war, wie erwartet, mein Bruder. Wir umarmten uns zur Begrüßung und gingen runter zu seinem Auto.

Während der kurzen Fahrt musterte ich ihn. Er trug ein schlichtes, doch feines, weißes Hemd und eine schwarze Anzugshose. Seine braunen Haare waren nach hinten gegelt. Da kam mir der Gedanke, dass er mit seinen 28 Jahren sogar jünger als viele Spieler des 1. Kaders war.

Beim Chinesen angekommen stiegen wir aus und ich bemerkte, dass der Parkplatz bis auf 5 luxuriöse Autos leer war. 'Habt ihr das ganze Restaurant gebucht oder wie?' fragte ich meinen Bruder. 'Ja.' erwiderte er darauf. Eigentlich würde ich das für einen Scherz halten, aber mein Bruder meinte es ernst. Na dann.

Als wir das fast leere Restaurant betraten, sah ich schon, dass die 6 Spieler in der Mitte an einer großen Tafel saßen. Unter diesen Spielern waren unter anderem wie schon von meinem Bruder versprochen, Kai. Aber auch mein Namenzwilling war da: Julian Brandt. Kai und Julian waren gute Freunde, das wusste fast jeder. Da draußen nur 5 Autos standen, ging ich davon aus, dass Kai mit Julian gefahren war.

Mein Bruder begrüßte sie mit einem 'Abend.' und ich mit einem kleinlauten 'Hallo.'. Wir setzten uns nebeneinander und ich saß Kai gegenüber, was mich noch nervöser machte. Erinnert er sich noch an mich? Alle schauten mich interessiert an und einer fragte: 'Ist das deine Freundin?' Ich sah meine Bruder ruckartig an und der lachte. 'Nein, das ist meine kleine Schwester, Luna.' 'Hallo.' Der gefragt hatte neigte den Kopf zur Begrüßung.

Wir bestellten was zu essen und unterhielten uns in der großen Runde und ich wurde von Minute zu Minute offener. Irgendwann irgendwann unterhielten wir uns schon fast so, als ob wir uns seit Jahren kannten. Spätestens da merkte ich, dass sie auch nur Menschen waren.

Kai schaute mich ab und zu mal nachdenklich an und wirkte so, als ob er was sagen wollte. Als wir mit dem Essen fertig waren und uns noch einige Zeit unterhielten fragte er: 'Dir habe ich doch gestern mein Trikot geschenkt, oder?' Ich nickte. 'Luna, richtig?' Er hat es sich gemerkt? 'Ja, richtig.' Ich lächelte ihn ein wenig an.

Und so begann ein Gespräch. Ich hasste Smalltalk zwar, aber bei ihm war es mir recht...anders wären wir wahrscheinlich nie ins Gespräch gekommen.

'Kann ich deine Nummer haben?' fragte er plötzlich. Ich wurde leicht rot und sagte: 'Ja, klar.' Er gab mir sein Handy, damit ich meine Nummer dort eintippen konnte.

Etwas später wollte ich gehen und Kai bot sich an, um mich zu begleiten. Ich sagte schüchtern zu, aber ich war froh drum, dass ich nicht alleine im Dunkeln nach Hause laufen musste. Immerhin war es inzwischen 0:15 Uhr und stockfinster. Er gab Julian zu verstehen, dass er gleich wieder komme und ich sagte meinem Bruder Tschüss.

Ich zeigte ihm wo es langging und wir liefen langsam los. 'Wie ist es eigentlich so, wenn man mit 19 schon so eine Karriere 'hinter' sich hat?' fragte ich um den Smalltalk zu beenden. 'Ehrlich gesagt realisiert man das gar nicht wirklich.' sagte er 'Außer, dass ich mir mehr Dinge leisten kann als andere in meinem Alter und ich schon mitten im Leben stehe.' Er lachte. 'Das kannst du laut sagen.' lachte ich. 'Wie alt bist du eigentlich?' 'Ich bin 18.'

Als wir an der Abbiegung zu der Straße in der ich wohnte standen sagte ich zu ihm: 'Ich denke, dass ich ab hier alleine heim finde. Meine Wohnung ist gleich da drüben.' Ich zeigte auf ein weißes, hohes Haus.

Eigentlich wollte ich nicht, dass er geht. Nicht nur, weil ich seine Anwesenheit sehr genoss, sondern auch, weil in meiner Straße sehr viele Räuber auf der Straße rumzogen. Ich wäre gefundenes Fressen für sie.

'Okay, dann schlaf gut.' antwortete er. Ich wusste nicht ob ich ihm irgendwie die Hand geben sollte oder ihn umarmen sollte, also endete es so, dass ich ihm 'Tschüss' sagte und winkte.

Ich ging im schnellen Schritt auf das Haus, in dem meine Wohnung war zu, da es mir echt unheimlich war. Und wie es kommen musste, kam ein großer, breit gebauter Typ auf mich zu, der stark nach Alkohol roch. Ich lief einfach weiter, aber er versuchte mich mit einem 'Hey' anzuhalten. Als ich dadurch noch schneller ging schrie er hörbar wütend nochmal: 'HEY!!' Diesmal blieb ich stehen und drehte mich um.

'Hast du Geld?'

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