ღ Escape ღ

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Kapitel 3


„Tae?", hörte ich die gedämpfte Stimme meiner Mutter und direkt danach ein Klopfen an meiner geschlossenen Tür. „Du musst was essen."
Schnaubend ignorierte ich sie einfach und starrte durch mein Zimmerfenster nach draußen. Erst als ich einen enttäuschten Laut von meiner Mutter hören konnte und sich ihre Schritte entfernten, entspannte ich mich ein wenig. Zwei Wochen lang herrschte nun schon völlige Funkstille zwischen uns und ich hatte nicht vor es so schnell zu ändern.
Ich vermisste Jungkook von Tag zu Tag mehr und es reichte mir nicht mehr, ihn nur in der Schule zu sehen. Er hielt sich immer noch von mir fern und zu gern hätte ich gewusst, was mein Vater zu ihm gesagt hatte.
Ich hatte immer noch Hausarrest und mittlerweile glaubte ich sogar daran, dass meine Eltern das bis zu meinem Schulabschluss durchziehen würden. Aus diesem Grund würde ich mich heute Nacht rausschleichen und hoffentlich Jungkook wiedersehen. 

Es war kurz vor Mitternacht, als ich aus meinem leichten Dämmerschlaf erwachte und aufstand. Ich hatte mich bereits vor ein paar Stunden angezogen und schlüpfte leise in meine Schuhe. Horchend drückte ich mein Ohr an die Tür und hielt unbewusst meinen Atem an.
Nach mehreren Minuten war ich mir sicher, dass meine Eltern schliefen und schloss meine Zimmertür auf. Der Schlüssel knirschte unnatürlich laut im Schloss und ich rechnete jede Sekunde damit, dass sie mich erwischten. Auf leisen Sohlen schlich ich durch den Flur und biss die Zähne zusammen, als es unter meinen Füßen laut knackte.
Angespannt horchte ich in Richtung Schlafzimmer und entspannte mich erst wieder, als ich das gedämpfte Schnarchen meines Vaters vernahm.
Erleichterung durchströmte mich, als ich endlich draußen vor der Tür stand und atmete genießend die frische, kühle Nachtluft ein. Mit schnellen Schritten und meinen Händen in den Hosentaschen, schlug ich den Weg Richtung Jungkook ein. 

Als ich wenig später vor seinem Haus stehen blieb, erinnerte ich mich an die vielen wunderschönen Momente zurück, die ich hier mit Jungkook verbracht hatte. Seine Eltern waren das komplette Gegenteil von meinen und akzeptierten und unterstützten ihren Sohn wo sie nur konnten. Ich beneidete ihn ein wenig und wünschte mir nichts mehr, als das meine Eltern genauso tolerant waren.
Unauffällig sah ich mich nochmal um und huschte dann in den kleinen Garten, um zu Jungkooks Fenster zu gelangen. Zu meiner Erleichterung lag sein Zimmer im Erdgeschoss und ich konnte ohne Probleme durch das Fenster in sein Zimmer gucken. Viel erkennen konnte ich natürlich nicht und ich begann gegen die Scheibe zu klopfen.
Inständig hoffte ich, dass Jungkook unser geheimes Klopfzeichen nicht vergessen hatte.
Mein Herz schlug mir bis zum Hals, als schließlich ein kleines Licht das Zimmer erhellte und Jungkook verschlafen zum Fenster stolperte.
Verwirrt sah er nach draußen und sein Gesicht verwandelte sich in pure Überraschung, als er mich erkannte. Ich konnte meine Freude nicht verbergen und trat unruhig von einem Bein aufs andere, bis er schließlich das Fenster öffnete.
„Was machst du hier?", flüsterte er ungläubig und half mir, als ich über die Fensterbank in sein Zimmer kletterte.
Wortlos schlang ich meine Arme um ihn und drückte meine Nase in seine Halsbeuge. Sofort stieg mir sein bekannter Duft in die Nase, den ich über alles liebte.
„Ich habe dich so sehr vermisst", nuschelte ich und löste mich so weit von Jungkook, um ihm ins Gesicht sehen zu können. Seine Hände lagen locker auf meiner Hüfte und er schien es immer noch nicht wirklich zu realisieren, dass ich tatsächlich hier war. 

„Es tut mir alles so unfassbar Leid, Kookie. Ich hätte einfach auf dich hören und meinen Eltern nichts davon erzählen sollen. Ich habe alles zwischen uns kaputt gemacht und ich hoffe, dass du mir verzeihen kannst", sagte ich ohne Luft zu holen und blinzelte mehrmals, wegen meiner aufkommenden Tränen.
Bevor ich weitersprechen konnte, zog Jungkook mich zu sich und küsste mich bestimmend. Abrupt war mein Kopf wie leergefegt und ich schloss langsam meine Augen, um den Kuss zu genießen. Meine Sorge war völlig unbegründet gewesen, denn Jungkook zeigte mir gerade, dass er mich immer noch liebte.
Erleichterung durchströmte mich und im nächsten Moment liefen die ersten Tränen über meine Wangen. Trotz des salzigen Geschmacks auf unseren Lippen küsste mich Jungkook weiterhin und löste sich erst von mir, als eine leichte Röte seine Wangen zierte.
„Ich liebe dich", hauchte er und eine wohlige Wärme breitete sich in mir aus. 

Eng umschlungen lagen wir wenig später in seinem Bett und ich legte beschützend einen Arm um ihn. „Ich dachte ich hätte dich verloren", flüsterte ich und verteilte kleine Küsse in seinem Nacken.
„Als dein Vater zu mir gekommen ist, dachte ich das auch", gab Jungkook zu und brummte genießend. „Aber ich habe mich an deine Worte erinnert. Dass du mich immer lieben würdest, egal was passiert."
„Ich danke dir für dein Vertrauen", murmelte ich und tastete nach seiner Hand, um unsere Finger miteinander zu verschränken. „Ich hasse meine Eltern."
Jungkook verspannte sich in meinen Armen und ich vernahm ein gedehntes Seufzen von ihm.
„Sie haben mir Hausarrest gegeben und mir mein Handy abgenommen. Sie wollten mich von dir fernhalten", sagte ich leise und erinnerte mich sofort an die schlimmsten zwei Wochen in meinem Leben. „Was hat mein Vater eigentlich zu dir gesagt?"

„Im Grunde genau das, was ich schon vermutet hatte. Sie geben mir die Schuld dafür, dass du so bist wie du bist", erwiderte Jungkook seufzend und drehte sich in meinen Armen. Seine Augen funkelten in der Dunkelheit und ich küsste ihn kurz auf seine wunderbar, weichen Lippen.
„Es tut mir Leid, dass du wegen mir so leiden musstest. Ich verspreche dir, ab sofort an deiner Seite zu bleiben", flüsterte ich und lehnte meine Stirn gegen seine.
„Was machen wir jetzt wegen deiner Eltern?"
Unsicher und zögernd kamen ihm diese Worte über die Lippen und für einen Moment wurde es still zwischen uns.
„Lass uns meine Eltern mit unserer Liebe konfrontieren", sagte ich fest entschlossen und küsste Jungkook.
Mein Entschluss lastete schwer auf uns und viel Schlaf bekamen wir diese Nacht nicht. Ich döste zwar immer wieder ein, doch erholsam war etwas anderes.

Abnormal ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt