Vermisst

58 8 4
                                    

7

Ouch! Ich verzog mein Gesicht. Was, wo, wie....? Ich sah mich um, schüchtern, wie an meinem ersten Tag. Na klar, ich war in meinem Raum, der Ventilator surrte, *suuuumm* *suuuuum* *suummm* *summ summ* *suuuuum* und immer weiter, weiter, weiter!!

Ich hörte ein Geräusch, fuhr herum, er saß auf einem Stuhl neben dem Bett. Ich wollte meinen Kopf abtasten, meine Wangen brannten, mein Hinterkopf fühlte sch zertrümmert an und ich spürte eine Flüssigkeit auf meiner Stirn. Blut? Doch meine Hände und Füße waren wie angewurzelt, ich konnte sie nicht bewegen. Vorsichtig hob ich meinen Kopf, ich war mit Stricken an das Bett gefesselt! Nein, nein, nicht jetzt, ich bin doch noch ein Kind! Wollte er es tun? War hier irgendwo eine Kamera?

Er nahm eine Fernbedienung aus seiner Hosentasche, vor mir stand ein Fernsehgerät, moderner als das in der Wohnung. Er drückte wie wild herum und sagte:"Sieh es dir an, wage ja nicht, wegzusehen". Panik packte mich von allen Seiten, nicht noch ein Video!! Das Bild flackerte, dann sah ich eine Nachrichtensprecherin. "Die zwölf Jahre alte Clara Warschbach ist seit Montag dem 12.Januar verschwunden. Sie ging wie jeden Tag ganz normal in die Schule, doch als sie mittags nicht nach Hause kam, informierte ihre Mutter Christine Warschbach die Schule."  Meine Mutter! Ich sah sie, zum ersten Mal. Tränen, so viele Tränen liefen meine Wangen hinunter und tropften auf meine Jacke. Halt, wann hatte ich mich umgezogen? Hatte er etwa...? "Frau Warschbach, was haben Sie getan, als Clara nicht nach Hause gekommen ist?" - "Ich...ich habe die Schule angerufen, die...die haben gesagt, Clara sei nicht zum Unterricht erschienen....ich...ich habe die Polizei informiert" Meine Mutter brach zusammen, schluchzte, an die Schulter meines Vaters gelehnt... "Die Polizei hat bereits Großsuchaktionen eingeleitet, doch sie sind seit Tagen erfolgslos. Die Behörden vermuten, dass es sich wieder um einen Entfühungsfall handelt, wie bei der ebefalls zwölfjährigen Elena N. Bei Hinweisen melden Sie sich bitte bei der Polizei Münster."

"Sie werden dich nicht finden, nur ich weiß, wo du bist." grinste er. "Wenn ich nicht da bin, schweigst du! Du sprichst nicht, du singst nicht, du tanzt nicht! Verstanden?" Ich nickte, so weit es mir die Fesseln erlaubten. "So, nun zu den wichtigen Dingen..." Er kam auf mich zu, seine Hände legten sich um meine Taille und er begann, meine Jacke aufzuknöpfen, darunter trug ich noch immer die Wäsche. "Diese Wäsche heben wir uns auf, für den Dreh" meinte er und band mich jedoch los. Dann ging er. Die Tür fiel scheppernd zu, dann war ich wieder allein, mit dem surrenden Ventilator, den schweigenden Wänden und der Angst...

Let me goWo Geschichten leben. Entdecke jetzt