Mit einem Hochgefühl führte ich Cole hinaus. Meine Heimat war etwas, worauf ich wirklich stolz war.
"Meinen Gemüsegarten kennst du ja wohl schon, da du hier an besagte Tasse gelangt bist." grinste ich ihn an. Er verdrehte gespielt die Augen und nickte. "Und..." ich betrachtete meine Pflänzchen etwas genauer. "...ich könnte schwören, an den Erdbeerpflanzen hingen gestern noch reife und schmackhafte Erdbeeren." Ich sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. Cole wandte den Blick ab und nuschelte etwas vor sich hin das klang wie "Sie waren wirklich lecker..." Ich lachte ausgelassen. "Ist schon in Ordnung, dafür sind sie ja da. Nur leider verpasst du jetzt den Kuchen den ich daraus gemacht hätte." Seine Augen weiteten sich. "Kuchen? Verdammt." Ich kicherte und führte ihn weiter in den Wald hinein. Staunend sah er sich um. "So viel Leben..." Ich lächelte in mich hinein. Die Vögel unterhielten sich lautstark und eine sanfte Briese wehte uns um die Ohren. Eichhörnchen huschten umher und betrachteten Cole argwöhnisch.
Ich liebte den Geruch des Waldes. Barfuß lief ich gekonnt über den steinigen Boden. Ich kannte mich hier aus wie in meiner Westentasche.
Plötzlich knackte etwas im Unterholz. Cole versteifte sich sofort. Wir erblickten ein Reh mit ihrem Jungen das uns verschreckt entgegen starrte. Das Kitz versteckte sich hinter seiner Mutter.
Lächelnd lies ich Cole's Hand los. Langsam näherte ich mich den beiden, blieb auf halber Strecke stehen, sank auf die Knie und streckte meine Hand nach ihnen aus. Das Reh sah mich kurz an, die braunen Augen spiegelten Unsicherheit wieder, bis es mich erkannte und langsam auf mich zu kam. Sanft drückte sie ihre Schnauze in meine Hand und ihr Kitz schnüffelte interessiert an mir. Mein Lächeln vertiefte sich und ich kraulte sie hinter den Ohren. "Hast du mich doch noch erkannt." Ich wandte mich zu Cole um der mich mit unergründlicher Miene anstarrte. "Komm her." sagte ich und streckte meine Hand zu ihm aus. Zögerlich kam er meiner Aufforderung nach. Das Reh sah ihn missbilligend an und ich streichelte ihr beruhigend über das rotbraune Fell.
Er kniete sich neben uns, ich nahm seine Hand und legte sie neben meine auf den Hals des Rehs. Langsam strich er über ihr Fell. Sie stupste ihn mit ihrer Schnauze auf seine Stirn und trat den Rückzug an. So schnell sie gekommen waren, verschwanden sie wieder im hohen Gras.
"Wie?" fragte er nur. Ich erhob mich und gemeinsam setzten wir unseren Weg fort. "Ich fand sie als Kitz, halb tot. Ich habe mich um sie gekümmert und groß gezogen." Er antwortete nicht. Gedankenverloren liefen wir eine Weile neben einander her. "Ich fühle wie sehr du mit diesem Ort verbunden bist. Er macht dich glücklich." Cole lächelte mich an, plötzlich verdunkelten sich seine Augen. "Leider ist alles vergänglich." Ich bliebt stehen und strich mit den Fingern über seine Wange. "Ich weis. Doch dafür kommt immer etwas neues nach. Das Leben findet immer einen Weg." Er lächelte mich an und strich über meine Hand. "So jung und doch schon so weise." Ich zwickte ihm spielerisch in die Seite. "Woher willst du wissen wie alt ich bin?" Er zuckte mit den Schultern, legte seinen Arm an meinen Rücken und lief weiter. "Intuition?" "Gut, wie alt bin ich deiner Meinung? Und sag ja nichts falsches, bei Frauen sollte man in der Hinsicht nicht scherzen." kicherte ich und forderte ich ihn heraus. Seine Mundwinkel zuckten. "60?" Ich verzog keine Miene. "Und wie alt bist du Cole?" Er verdrehte die Augen. "Etwa ... 110?" schätze er. Ich stutzte und wäre fast gestolpert. Natürlich war das für unsere Art kein Alter, doch damit hatte ich nicht gerechnet. "Alles in Ordnung?" fragte er leicht verwundert. "Ja. Ja klar. Ich dachte nur gerade daran was du schon alles mit erlebt hast." Cole sah mich fragen an. "Meine Schätzung bezüglich deines Alters war nicht richtig, oder?" Ich schüttelte den Kopf. "Nun spann mich nicht so auf die Folter. Sag schon." Ich lächelte ihn an. "Ich bin vor zwei Wochen 30 Jahre alt geworden." Seine Augen weiteten sich kurz. "Oh. Nun ja... Alles gute nachträglich." Er wandte den Blick ab. "In der Menschenwelt könnte ich dein Großvater sein." Ich lachte herzhaft. "Keine Sorge, du bist ein sexy Opa." Er knuffte mich in die Seite. Schnell erstarb mein lachen. "Stört es dich? Dass ich so jung bin?" "Nichts an dir stört mich." erwiderte er, seine Finger strichen meiner Hüfte entlang. Die Ernsthaftigkeit in seiner Stimme lies mich erschaudern und sein Kompliment färbte meine Wangen wieder leicht rot. Schweigend gingen wir weiter. Bald hörte man Wasser rauschen. Neugierig beschleunigte Cole seine Schritte. Das Rauschen wurde lauter, man konnte schon jetzt erkennen, dass es sich um eine große Menge Wasser handelte.
Wir gelangten an eine Lichtung, ein Fluss rauschte an uns vorbei und viel mindestens zehn Meter zu einem Wasserfall in die Tiefe. Cole lies meine Hand los und ging bis zum Rand der Klippe, während ich stehen blieb und ihn betrachtete.
Bewundernd sah er hinunter. Ich wusste auch ohne hin zu sehen, wie wunderschön die Aussicht hier war. Der Himmel hatte ein klares Blau angenommen, keine Wolke war zu sehen. Weit hinten in der Ferne zeichneten sich Berge am Horizont ab. Die Sonne brach sich im Wasserfall und bildete einen Regenbogen. Endlose grüne Weiten.
Doch die schöne Aussicht reichte nicht an Cole heran. Er sah sich erstaunt um. In seinen klaren grünen Augen spiegelte sich pure Freude. Feine Wassertropfen fielen in seine schwarzen Haare. Es war, als wäre diese Welt nur für ihn gemacht, so perfekt passte er hier her.
"Wunderschön." flüsterte ich. "Ja, finde ich auch." sagte er und sah sich weiter um. Ich lächelte und ging zu ihm.
Der Wind des Wasserfalls zerzauste seine Haare. Er streckte die Arme zu beiden Seiten aus und schloss die Augen. Ich wusste genau was er fühlte. Freiheit.
Leicht legte ich von hinten meine Arme um seine Mitte und lehnte mich an ihn. Er drehte sich in meiner Umarmung um und zog mich an seine Brust. Er küsste mich hauchzart auf die Schläfe. Glücklich schloss ich die Augen. Der perfekte Moment.
"Was ist das?" fragte er und deutete auf etwas hinter mir. Leicht verärgert darüber, dass er den Moment beendet hatte drehte ich mich um. Er meinte die drei Bäume, die direkt nebeneinander nahe der Klippe standen. Sie waren noch jung, doch strahlten schon jetzt viel Kraft aus. Sie bildeten einen starken Kontrast zu der sonstigen Natur, da sie weit abseits aller anderen Bäume in perfektem Abstand zueinander direkt an der Klippe standen. "Sie wurden eindeutig gepflanzt." Ich lehnte mich zurück und spürte seinen starken Körper an meinem Rücken.
"Ja, von mir." Mit einem Seufzer ging ich den Bäumen entgegen. Der Wind wehte meine langen Haare nach hinten. Je weiter ich kam, desto trauriger wurde ich. Cole folgte mir leise. Er bemerkte meine Gefühlsschwankung. Liebevoll strich ich über die raue Rinde des ersten Baumes. "Was bedeuten sie für dich?" fragte er. Ich schloss traurig die Augen und versucht die aufkommenden Bilder zu verdrängen. "Vor vielen Jahren, wurde mein Dorf überfallen." Meine Lippen zitterten und ich musste tief einatmen. Cole blieb still. "Ich war damals erst 15 Jahre alt. Die Bäume sind Denkmäler für drei Leute die ich liebte, die ihr Leben in diesem verfluchten Krieg gelassen haben um mich zu retten." Ich schluchzte. "Ich konnte ihre Körper nicht finden." Nun konnte ich meine Tränen nicht mehr zurück halten. Wie so oft lies ich ihnen unter den drei Bäumen freien Lauf. Ich legte meine Stirn gegen die raue Rinde.
Plötzlich spürte ich Cole's Hand auf meinem Rücken. Ich drehte mich um und sah ihn mit Tränen verschleiertem Blick entgegen. "Wer waren sie?" fragte er mit gebrochener Stimme. Ich presste die Augenlider zusammen und unterdrückte einen aufsteigenden Schluchzer. "Meine Mutter, mein Vater und mein Bruder. Jonas. Nichts würde ich lieber hören, als den Klang seines Lachens." Er zog mich in seine Arme und vergrub sein Gesicht an meinem Scheitel. Wie eine ertrinkende klammerte ich mich an ihn und lies meinen Tränen weiter freien Lauf. Es tat unendlich gut meinen Schmerz zu teilen.
Cole strich über die Narbe die sich über meinen Arm zog. "Ist das dort passiert?" fragte er. Ich nickte an seiner Brust, holte tief Luft und lächelte ihn an. Sein Gesicht war Wut verzerrt. "Ich pflanzte sie hier, an der Klippe. Es gibt keine bessere Art um sie zu ehren. Hier können sie frei sein. Und ohne Angst." Sein Blick wurde weicher und er strich mir die Tränen von der Wange. "Es ist wie du gesagt hast Cole. Die Vergangenheit macht uns zu dem, was wir heute sind." Er lächelte. Seinen grünen Augen betrachteten mich wie einen kostbaren Diamanten. "So jung und doch so weise."
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Forever
FantasyDer Krieg ist lange vorbei, doch noch immer lebt die schöne Drachenwandlerin Ava zurückgezogen in ihrem Wald. Zu tief sitzt der Schmerz und der Verlust, der jener Krieg bei ihr hinterließ. Sie liebt die Natur und die Ruhe, weis jedoch nicht, wie ei...