PROLOG

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Ein regnerischer Tag... Damit muss ich wohl leben. Mit einem Blick auf meine Armbanduhr stelle ich fest, dass es bereits 7 Uhr ist. Ich muss los, wenn ich pünktlich bei ihr sein will. Traurig lässt mein Blick von den Tropfen, die an der Terrassentür ein Wettrennen zu machen scheinen, ab. Ich kippe den letzten Schluck meines inzwischen kalten Kaffees hinunter und schnappe mir meine Jacke und meinen Laptop.

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Ich blicke über ihre Schulter hinweg auf die große Uhr an der Wand, nachdem ich nun endlich auf dem Sofa sitze. Der Raum ist kühl und leer. Eine sichtlich alte Tapete schält sich von den Wänden und das braunhaarige Mädchen mit den großen Wellen sitzt mir gegenüber, während sie mich aufmerksam mustert. Als würde sie jede Regung, jedes Zucken meiner Wimper bemerken wollen.

Sie guckt mich mit großen Augen an. Ich sehe ihren Blick: Leicht verunsichert, etwas Angst und jede Menge innerliche Stärke. Ich habe keine Ahnung was sie durchgemacht hat, aber bald werde ich es herausfinden. Ihre Beschreibung am Telefon war sehr vage.

Möchten Sie etwas trinken?",
fragt sie, während ich meinen Laptop auf dem Schoß aufklappe und mein Textverarbeitungsprogramm öffne. Ich lehne dankend ab.

Ich bin nicht das erste Mal bei einer Person mit einer Story. Das ist mehr oder weniger mein Job. Eigentlich sollte ich als Autorin ja in meinem Kämmerchen sitzen und Romane schreiben. Das kann ich echt gut, Schreiben und so... Aber nach 30 Jahren verliert man an Kreativität. Eine Autorin ohne Ideen gilt in unserem Geschäft als Pleite. Was bleibt mir anderes, als auf Geschichten-Jagd zu gehen? Ich kann jetzt schon kaum mehr von dem Geld, das ich verdiene, leben. Ich atme einmal tief durch. Mal gucken was diese junge Frau auf Lager hat...

Wie alt sind Sie, wenn ich fragen darf? Sie sehen sehr jung aus."

Ich bin jetzt 17.",
antwortet sie ausdruckslos.

Kein Lächeln, kein zögern. Nichts was mehr über sie Preis gibt als notwendig.

Ah. Dachte ich's mir doch! Wie lange leben Sie jetzt schon in der Stadt?"

Fast ein Jahr schon."

Echt? Ein Jahr erst? Wo waren Sie denn vorher?"

Ein Dorf. Mitten im Nirgendwo. Kein Strom, kein Internet."

Wow! Das ist beeindruckend Haben Sie sich inzwischen schon gut an das Stadtleben gewöhnt?"

Ja Ich komme klar, denke ich."

Ist bestimmt ne riesige Umstellung gewesen..."

Sie nickt.

Gut, fangen wir an Ich bin ja nicht zum Smalltalk hier. Also, Amanda... Uhm... Mason?"

Sie nickt erneut. Stilles Ding... Naja. Jetzt muss sie sprechen!

Frau Mason, wie beginnt Ihre Geschichte? Wie hat alles angefangen?"

Wie alles angefangen hat...",
sie lächelt gedankenverloren vor sich hin, bevor ihre strahlend grünen Augen meinen Blick suchen,
Das haben mich in letzter Zeit echt viele gefragt... Ich war damals 10 Jahre alt..."

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Into the EyeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt