ELEMENTRIS - DAS GEHEIMNIS DES ELEMENTARANGRIFFS
~ Sei vorsichtig, was du Leuten erzählst. Ein Freund heute, kann dein Feind morgen sein ~
Das Trommeln des Hammers auf den Tisch lässt Ruhe in den Raum einkehren. Nicht, dass viele Leute hier versammelt wären. Da sind eine handvoll Technologiefeen - oder zumindest diejenigen, die dieses Element auf einem sehr hohen Niveau beherrschen - , die den hohen Rat bilden und meine Familie. In einem Halbkreis aus Stühlen sitzen sie dort, die Anführer unserer Armee. Am Rednerpult deren Anführer, Tekno Mec, der erst vor einigen Wochen in diesem Raum dank seinem Vorgänger, seinem Vater, zu diesem Posten gekommen ist. Und gleichzeitig ist er der beste Freund, den ich seit Jahren habe.
Dies heute ist seine erste Gerichtsverhandlung und zu seinem Pech ist es gegen die Mutter seines besten Freundes gerichtet. Die Frage ist nur warum. Im einen Moment füllt sie Aufträge im Namen der Armee aus und im Zweiten wird sie in diesen Raum gedrängt.
"Angeklagte: Ella Farah. Position: Leiterin der Immigrationsverfahrens auf der Erde."
Bisher gab er sich gefasster, als er wahrscheinlich ist. Selbst wenn Technologiefeen dazu neigen stets emotionslos auszusehen, zeigen mir Teknos Augen, dass er es nicht ist. Seine andere Seite, die ihn zu der Feenart der Elementris macht, ist die Seite der weiteren elf existierenden Elemente. Anders als die elementaren Technologiefeen, kann Tekno als Elementris nicht nur andere Elemente bändigen, sondern auch Gefühle zeigen und irrationale Dinge tun. Auch ich, als Eiselementris, kann andere Gefühle spüren als nur den für Eisfeen charakteristischen Hass.
"Grund der Anklage: Geheimhaltung nicht nur wichtiger Informationen über eine weitere Fee, die sich unserer Armee anschließen könnte, sondern ebenfalls der Verweigerung der Nennung dieser Informationen. Ist dies korrekt?"
Meine Mutter, alias Ella Farah, steht in ihrer vollen Montur da. Sie trägt Uniform aus schwarzem Metall und feuerrotem Leder, die Haare sind, wie immer, in einer aufwendigen Flechtfrisur hochgesteckt. Damit verbringt sie gerne ihre Zeit, um sie entweder totzuschlagen, oder um sich zu beruhigen. Da sie vor dieser Gerichtsverhandlung in ihrem Zimmer eingesperrt war, vermute ich, dass Ersteres der Fall gewesen ist. Oder beides.
An ihrer Hose befinden sich noch Riemen, an denen ihre Dolche hängen sollten. Hätte man sie ihr nicht schon gestern Abend, bevor sie eingeschlossen worden ist, weggenommen.
Auch wenn ihre Haare in ihrem natürlichen Rotton glänzen, versteckt sie ihre Flügel. Sie ist zwar verwandelt und kann auf ihre gesamten verfügbaren Kräften zugreifen, doch sie zeigt das Flügelpaar nicht. Wahrscheinlich weil die Dinger umständlicher sind, als man denkt. Denn auch alle anderen im Raum tun es ihr gleich.
Mit vor der Brust verschränkten Armen schaut sie jede Fee des hohen Rates nacheinander an. Dabei ist ihre Miene nicht nur todernst, sondern so undurchdringlich wie eine Mauer aus Stein. Nicht einen Mucks gibt sie von sich, nicht eine Bewegung in ihrem Gesicht lässt erahnen, ob sie nun antwortet und wenn, dann was.
Ein Seufzen von Tekno unterbricht die Stille.
"Ella, wir können nicht fortfahren ehe wir eine Antwort haben. Und ich denke es liegt auch in deinem Interesse die Geduld des Rates nicht auf die Probe zu stellen, oder?"
Natürlich kennt er die Antwort bereits, jeder tut das. Ella würde vieles wagen, nur nicht den Zorn der Feen vor uns noch mehr auf sich zu laden. Denn das würde niemand.
Schließlich nickt sie, wenn auch widerwillig.
"Nun gut. Da wir davon ausgehen, dass du uns nicht belügst - andernfalls könnte das schlimme Konsequenzen, nicht nur für dich, sondern auch für deine Familie mit sich bringen - fahren wir nun fort. Der hohe Rat wird nun das Verhör beginnen. Nur die Angeklagte darf reden, es sei denn die Mitglieder des hohen Rates bitten andere Feen darum. Es wird keine Magie angewendet in diesem Raum, es sei denn ich bitte andere Feen darum. Bitte bleibt ruhig. Beleidigungen sind nicht erwünscht. Verstanden? Gut. Dann übergebe ich an den hohen Rat."
Die Feen stehen auf und schauen auf meine Mutter hinab, die ihre Blicke kühl erwidert.
"Ella, sagt uns, was veranlasst eine so treue Fee, wie ihr es wart, dazu uns den Rücken zu zu kehren und mit Feen zu arbeiten ohne sie Teil unserer Armee machen zu wollen. Wo ihr doch wisst, dass wir ihm bisher unterlegen sind. Ich gehe doch recht der Annahme, dass ihr nicht mit Dragoreons Leuten unter einer Decke steckt. Oder irre ich mich?"
Mit einem Ruck erhebe ich mich und bin froh, dass die Stühle hier gut befestigt sind. Sonst wäre er umgeflogen.
"Wie könnt ihr es wagen ihr so etwas zu unterstellen?"
Die Miene der älteren Feendame, die meine Mutter derart beschuldigt, ändert sich nicht im Geringsten. Nicht ein Muskel rührt sich.
"Und wie könnt ihr es wagen unaufgefordert zu sprechen? Ihr solltet lernen eure Wut zu zügeln, Eisfee."
Tatsächlich haben sich einige Eiskristalle auf meiner Haut selbständig gemacht und sind meine Arme entlang gewandert, bis ich sie wieder zurückziehe.
Zähneknirschend setze ich mich wieder hin und ignoriere die Blicke der anderen Feen. Auch Teknos, der mich so versucht zu besänftigen.
Mein Blick ist fixiert auf die Fee, die es wagt so etwas zu behaupten. Mit verschränkten Armen starre ich sie an. Wenn Blicke doch nur töten könnten...
"Nennt ihr mir doch einen Grund warum ich mit demjenigen zusammenarbeiten sollte, der mich von meiner Familie trennt, der mir so Vieles genommen hat, der meine Kinder bedroht? Ich schätze, dass euch bewusst ist, dass ich nicht lüge."
"Das war nicht die Frage, Ella."
Gordo, der wohl Unangenehmste aller Technologiefeen, stellt sich hin. Wahrscheinlich, um noch größer zu erscheinen, als er durch die Erhöhung schon ist.
"Wenn es euch nichts angeht, was dann? Ich habe dieses Geheimnis nicht so lange bewahrt, um es jetzt einfach preiszugeben."
Kämpferisch wie eh und je. Ganz gleich, was man versucht, ihr Wille ist nicht zu brechen.
"Ihr solltet besser nicht-"
Mit einem Handzeichen bringt Tekno ihn zum schweigen, was ihm offenbar missfällt.
"Ella, ich muss wohl nicht erwähnen was es für Konsequenzen haben könnte, solltet ihr nicht mit uns alliieren."
"Und genau das ist das Problem, General, ihr Technologie löst die Probleme, indem ihr euch euer Überlegenheit bedient. Warum sollte ich noch jemanden hier her bringen, nur damit sie von euch unterdrückt und als Marionette behandelt wird?"
"Was ist sie?"
Tekno geht gar nicht erst auf ihre Worte ein, was wohl besser für alle ist. Sonst würde das Ganze wohl nie enden.
"Eine Fee" , verkündet sie leicht schmunzelnd. Daraufhin starrt Tekno sie nur einen Augenblick lang an, ehe er zu seinem Leuten sieht. Das sieht Admiral Gordo natürlich als Aufruf, seinen Senf dazuzugeben.
"Was für eine Feenart? Spezifisch, wie nur möglich, falls es euch nichts ausmacht natürlich."
Entgegen so meinen Erwartungen antwortet sie ihm auch noch. Und da die Protokollanten nichts zu meckern haben, scheint es auch die Wahrheit zu sein.
"Eine Feuerelementris" , sagt sie hoch erhobenen Hauptes und mit fester Stimme.
"Doch glaubt nicht, dass ihr sie jemals finden könnt. Abgesehen davon, dass sie mittlerweile zu den stärksten Feen gehört, die ich kenne, versteckt sie sich schon seit Jahren erfolgreich auf der Erde und noch nie wurde sie von euch registriert. Obwohl ihr doch so viele Einsatztruppen habt."
Der ironische Unterton ist wohl niemandem entgangen. Selbst dem Hohen Rat nicht, der sich darum bemühen muss, sein Erstaunen und gleichzeitig sein Entrüsten über die offene Beleidigung zu verbergen.
Die ältere Fee von vorhin steht auf und läuft mit zügigen Schritten auf Tekno zu, um ihm etwas ins Ohr zu flüstern. Angeregt tuscheln sie, doch niemand scheint ein Wort zu verstehen.
Nach einer halben Ewigkeit nicken sich beide einander zu und die Frau, eine Offizierin schätze ich, kommt in meine Richtung.
"Freez Farah, Jay Farah, hiermit werdet ihr aufgefordert unsere Fragen zu beantworten und - "
"Sie haben keine Ahnung!", versucht uns unsere Mutter vor dem Rat zu verteidigen. Ich schüttele nur meinen Kopf in ihre Richtung. Weder Jay noch ich haben etwas zu verbergen.
"Und was?"
Obwohl ich als Elementris weitaus stärker bin als sie, die eine Unbestimmte ist, zeigt sie nicht einen Hauch von Angst. Das lässt ihr von Rationalität geprägtes Denken nicht zu.
"Und uns alles zu erzählen, was ihr über diese Fee wisst."
Ich kann beinahe schon sehen, wie es meiner Mutter in den Fingern juckt ihre Flammen loszulassen.
"Ich weiß gar nichts, ganz gleich was ihr fragt. Ich hatte doch mein ganzes Leben lang nichts mit Feuerfeen zu tun, wie bereits bekannt ist."
Ja, Ella, eine Feuerfee, ist meine Mutter, doch ich habe stets bei meinem Vater, einer Eisfee, gelebt. Unser Zuhause ist Aisu, die Stadt des Winters, gewesen, während Mom mit Jay in Fotia, der Feuerstadt am anderen Ende unseres Landes, gelebt hat.
Glücklicherweise klappt dieser Schachzug, denn ich lüge nicht, wie es die Protokollanten verkünden, und werde so in Ruhe gelassen.
Anders ergeht es meinem Bruder, der die volle Aufmerksamkeit des Rates bekommt.
Sofort wird er aufgefordert zu sprechen.
"Ich kenne auch keine Feuerfee, die es sein könnte. Ich - "
Ein schriller Piepton aus Richtung der Protokollanten unterbricht ihn und jetzt richten sich sie Blicke auf ihn. Mir wird mit einem Mal klar, was das bedeutet:
Er hat gelogen. Er weiß, um wen es sich handelt, und hat mir nichts gesagt. Er hat unseren Schwur gebrochen. Und er schwebt womöglich jetzt in Gefahr.
"Jay, wer?"
Stur schüttelt er den Kopf. Er wird nicht reden, ganz gleich, was die Technologie versuchen werden. Doch der Grund dafür ist mir unbekannt.
Hier und jetzt bräuchte ich einen Fotoapparat, um Gordos Gesichtsausdruck festzuhalten. Er gibt sich alle Mühe der Welt, um seinen Zorn zu verbergen, doch der rötliche Hautton verrät ihn. Noch klingt seine Stimme aber gefasst. Er kann sein Eiselement gut unterdrücken.
"Jay Farah, ihr solltet uns besser verraten, wo wir sie finden können, zumindest wenn ihr - "
"Ich weiß nicht wo sie ist. Ich weiß nichts von ihr außer den Geburtsnamen. Meine Mutter hat da wohl gute Arbeit geleistet."
Kein Piepsen. Er sagt die Wahrheit.
"Das sollte uns genügen, nicht?"
Während sich der nun etwas ruhigere Admiral bei Tekno Bestätigung sucht, lächeln sich mein Bruder und meine Mutter kurz an.
Ich war mir vorher nicht bewusst, dass ich so neugierig sein kann, aber ich will wissen, über wen wir hier reden. Umso erfreuter bin ich, als Mom nach einigem Zögern leicht nickt.
Ich spüre förmlich wie alle im Raum den Atem anhalten und gebannt auf Jay starren. Sie alle wollen wissen, wer diese Feuerfee ist. So sehr, dass die Spannung förmlich zu spüren ist. Man könnte selbst eine Stecknadel hören, die in Raum neben dran runterfällt.
"Firea Vulco"
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Elementris (wird überarbeitet)
Fantasy»Sie kommen näher und näher. Mit ihnen die Kälte und die Dunkelheit. Alles auf ihrem Weg wird verschlungen, begraben, zerstört. Mein Blick ist starr nach vorne gerichtet und doch bemerke ich die steigende Nervosität der Feen hinter mir. Der Eine, de...