~ Das Leben ist zu kurz, um langweilige Kleidung zu tragen ~
Die ganze Woche habe ich diesem einen Tag entgegen gefiebert und nun ist er da: Der Tag, an dem ich mit Ella ein Kleid kaufen gehe.
Ja, möglicherweise ist es etwas kurzfristig ein Tag vorher. Und möglicherweise besteht die Gefahr, dass ich nichts finde. Aber möglicherweise ist mir das auch egaler als so manch Anderen.
Denn mir ist lediglich die Zeit wichtig, die ich mit Ella, meiner 'neuen' Mom verbringe. Es fühlt sich immer noch falsch an sie so zu nennen. Als würde ich Verrat an meiner leiblichen Mutter ausüben. Aber ein Teil von mir weiß, dass meine Mutter niemanden als Ella als Ersatz für sie akzeptiert hätte. Und dieser Teil überwiegt heute und lässt mich strahlen, ungeduldig herumzappeln und vor Vorfreude platzen.
Auf Catrins Frage hin, was mit mir los sei, habe ich auch nach Schulschluss nicht geantwortet. Dazu muss man sagen, dass sie den halben Tag ohnehin an Troy, ihrem Traumtypen, geklebt hat. Ich erinnere mich noch gut daran, wie sie mir kreischend verkündet hat, dass er sie zum Ball ausführen will.
Noch bevor die Schlüssel ganz in der Haustür stecken, springe ich vom Sofa auf und sprinte durch den ganzen Raum, um Ella in Empfang zu nehmen. Dass sie sich meine Reaktion ganz genau vorstellen kann, wird mir durch ihr breites Grinsen bewusst. Doch lachen muss sie erst dann, als ich in Windeseile meine Schuhe, meine beiden Jacken und allerlei Accessoires wie Schal, Mütze und Handschuhe anziehe. So ganz weiß ich aber nicht ob das daran liegt, dass ich es sehr eilig habe, oder weil ich aussehe wie ein aufgeblasenen Sumoringer. Vermutlich ein wenig von Beidem.
Noch bevor ich den Mund öffnen und eine sarkastische Bemerkung abgeben kann, wandelt sich Ellas Belustigung in besorgniserregende Ernsthaftigkeit.
"Was auch immer passieren sollte, wem auch immer wir begegnen sollten... Ich bin für dich nichts weiter als die Sekretärin deiner verreisten Eltern, die dich nicht alleine rauslassen darf. Verstanden?"
Etwas perplex nicke ich langsam. Als wäre nichts gewesen, erhellt sich ihre Miene wieder.
"So, ich habe eine Liste mit alles Läden gemacht, die wir plündern können. Gut möglich, dass ich den ein oder anderen Verkäufer auch kenne."
Verschwörerisch lächelt mich Ella an als ich sie regelrecht zum Auto schiebe. Was auch immer ihr Beruf auf der Erde ist, an Geld mangelt es ihr ganz bestimmt nicht. Zumindest ist das alles andere als eine Schrottkarte, das vor der Haustür parkt.
Während ich das Fahrzeug bewundere, merke ich nicht, wie es nun Ella ist, die mich vor sich her ins Innere schiebt. Wäre ich einer der Menschenjungs würde ich wohl ehrfürchtig die Luft einziehen und über jeden Zentimeter streichen.
"Woher hast du denn dieses coole Teil her? Und wie kannst du es dir leisten?"
Sie scheint mich zu ignorieren, schlägt meine Tür zu als ich sitze und geht zum Fahrersitz. Erst als alles verriegelt ist, dreht sie sich zu mir.
"Offiziell bist du die Tochter zweier Menschen, die eine große Firma weltweit leiten. Und denke gehört das Auto."
Ob der Sportwagen noch als gewöhnliches Auto zählt ist fragwürdig.
" Inoffiziell habe ich Kontakte, die sich in Konten von irgendwelchen Milliardären hacken. Und ein paar dieser Sümmchen bekomme ich, um hier zu leben."
Sie meint mit diesen 'Kontakten' zweifellos Feen mit dem Technologieelement. Denn nur sie schaffen es in die Technologie der Menschen unbemerkt einzudringen und herumzuwühlen. Nur ob sie auch vor unseren Feinden unbemerkt bleiben können?
"Sonst wäre ich an einen Vollzeitjob gebunden, um über die Runden zu kommen und hätte keine Zeit zu trainieren."
Vermutlich erwartet man von mir, dass ich empört bin und sie zurechtweise. Dass es so etwas wie eine Moral gibt, die das Stehlen verbietet. Aber ich verstehe sie und sage nichts weiter als: "Aha". Immerhin könnte ich ohne dieses Geld kein Dach über dem Kopf haben.Eine Autofahrt, eine Parkplatzsuche und eine halbe Stunde später stehe ich inmitten der irischen Hauptstadt. Es herrscht reges Treiben, ganz anders als bei uns auf dem Land. Aber es ist eine willkommene Abwechslung und hoch atme tief durch. Sauge so die ganze Atmosphäre auf.
Es ist ein Ort, der nie zur Ruhe kommt. Ich erkenne Bahnen, Busse, Menschen, Autos...All das rauscht an mir vorbei und gibt mir das Gefühl nicht alleine zu sein. Zuhause zu sein.
"Ich habe mich im Laufe der Woche schlau gemacht. Zehn Minuten entfernt von hier gibt es einen Laden, der perfekt für dich ist. Importware aus Asien und dem weiten Orient. Das heißt, dass du garantiert alle Blicke auf dich lenken wirst."
Kichernd laufe ich neben ihr her und schüttele bloß den Kopf. Seit wann will sie mich denn mit jemandem verkuppeln?
Doch davon lasse ich mich nicht weiter beirren. Wie eine Menschenmutter und ihre Menschentochter schweift unser Gespräch in Richtung Jungs, auch wenn ich versuche das Gespräch wieder zu den Kleidern zu lenken.
"Glaubst du auch es gibt etwas dickeres? Ich meine, dort ist es ziemlich warm, da laufen sie sicher bauchfrei oder mit einem Sari durch die Gegend."
Fast seufze ich sehnsüchtig auf. Wie gerne ich jetzt in der heißen Sonne liegen würde...
"Die Wüste mag tagsüber ein Ofen sein, aber Nachts ganz sicher nicht. Wenn wir einen dicken, schweren Stoff suchen, dann werden wir sicherlich dort fündig."
Ich glaube aus ihrer Stimme herauszuhören, dass das nicht der einzige Grund ist, warum wir diesen einen Laden aufsuchen, obwohl auf unserem Weg auch andere Geschäfte auftauchen, die Abendkleider verkaufen. Doch vielleicht weiß sie es besser - immerhin war sie selbst als Schneiderin tätig - und was zu mir passt.
Also lasse ich mich wortlos von ihr in irgendwelche Richtungen durch irgendwelche Straßen mitziehen. Ich war noch nicht so oft in Dublin, tatsächlich nur zwei Mal. Doch dieses Mal kann ich mich nicht auf die lebhafte Stadt mit ihrem einzigartigen Stil aus der irischen Kultur und der Moderne konzentrieren. Unwillkürlich gegen meine Gedanken durcheinander und geben keine Ruhe.
Abgesehen von der ständigen Sorge, dass ich oder jemand, der mir wichtig ist, jemals verletzt wird, gibt es eine Vielzahl an Personen, über die ich nachdenke.
Zum Einen Ella, die schon die ganze Zeit, seit wir das Haus verlassen haben, seltsam vorsichtig ist. Natürlich könnten jederzeit Dragoreons Schergen auf uns lauern. Aber alle paar Sekunden die Gegend abzusichern ist selbst für ihre Verhältnisse zu viel. Und es macht mich verdammt nervös.
Außerdem noch Eric. Der Kerl, der Schuld daran ist, dass Cathrin sich von mir innerhalb der letzten Tage distanziert hat. Und für den ich unwillkürlich so etwas, wie eine verdrehte Art der Freundschaft entwickele. Mein Kopf rät mir, mich von ihm fernzuhalten. Leute, die urplötzlich Zeit mit jemandem verbringen wollen, sind mir sehr suspekt. Andererseits ist er ganz anders, als alle Menschen, denen ich je begegnet bin. Er scheint ganz genau zu wissen, wie er mich mit seinen Worten zum Lachen bringt. Scheint zu wissen, was er tun soll, damit es mir besser geht. Er scheint mich wie ein offenes Buch lesen zu können und sich dementsprechend zu verhalten. Würde er nicht in meiner Abwesenheit so viel lachen, hätte ich ihn schon längst als Technologiefee abgestempelt. Denn ich bin es nicht gewohnt, das man hinter meine Fassade blickt, dass man mich nach nur so kurzer Zeit so gut kennt. Es ist auf eine eigene Art und Weise gruselig und erfreulich zugleich.
Wäre da nicht die Sache mit Cathrin und meinem Leben als Gejagte, hätte ich behauptet, dass ich ein perfektes Leben führe.
Nur leider ist es nicht so und ich muss mich mit mir feindlich gesinnten Dragoreons und Cathrins herumschlagen. Wobei mir Letztere mehr zu schaffen gibt.
Eric bringt eine Seite an meiner Freundin zum Vorschein, die ich an ihr gar nicht kenne. Ich wusste ja noch nicht einmal, dass sie so eine Seite überhaupt hat. Feindselig, kühl und gereizt.
Nicht, dass ich nicht auch oft so wäre. Aber niemals vor ihr.
Beide zwingen mich zu entscheiden und ich kann das nicht. Ja, möglicherweise kenne ich Cathrin länger. Aber Eric entwickelt sich auch zu einem guten Freund. Kann ich nicht auch mehrere Freunde haben, wie so viele andere Menschen auch? Warum musste ich mir auch die aussuchen, die sich nicht ausstehen können?
"Erde an Fiona, was grübelst du heute so viel?"
Nachdem ich wieder in der Realität angekommen bin und mich zu Ella drehe, bin ich kurz davor sie zu fragen, was sie denn heute so paranoid sei. Aber ich verkneife es mir und Zucker lediglich mit den Schultern. Jetzt noch zu diskutieren würde mich zu viele Nerven kosten, von denen ich ohnehin nicht viel heute habe. Vielleicht morgen, nehme ich mir vor.
Wir sind angehalten, das fällt mir erst jetzt auf. Unscheinbar in einer kleinen Gasse versteckt sich das kleine Geschäft, das trotzdem nicht weniger einladend aussieht.
Ellas Blick nach zu urteilen, entgehen ihr meine leuchtenden Augen nicht. Ja, der Laden gefällt mir jetzt schon.
Im Schaufenster, das winterlich geschmückt ist mit den ganzen Eiskristallen und Glitzer, reihen sich eine Vielzahl von mit goldenen Fäden durchzogenen, prachtvollen Kleidern aneinander. Das goldene Licht lässt alles noch mehr funkeln. Sofort schmilzt mein Mädchenherz beim Anblick des Glitzerns und Funkelnd.
Noch vor Ella stürme ich in den Laden und weiß gar nicht, wo ich hinschauen soll.
"Guten Tag, was kann ich für sie tun?" , ertönt eine freundliche Stimme mit einem ausländischen Akzent. Eine dunkelhäutige ältere Dame in einer Bluse, die einer Discokugel Konkurrenz macht, erscheint zwischen den Kleiderständern. Ihre Haut ist mit Altersfalten übersät, aber bei ihrem herzlichen Lächeln wird Einem ganz warm ums Herz. Fast erinnert sie mich an meine Nachbarin.
"Sie sucht ein langes Abendkleid. Haben Sie etwas Rotes? Mit langen Ärmeln? Etwas, in dem sie wie eine feurige Schönheit aussieht?"
Bei den Worten meiner Adoptivmutter verstehe ich die Augen. Natürlich wissen nur wir beide, dass 'feurig' wortwörtlich zu verstehen ist. Die Verkäuferin hingegen nickt eifrig und schiebt uns regelrecht in die hinteren Reihen.
"Hier lang, hier lang! Dort, dort!"
Schmunzelnd rauscht sie an uns vorbei und durchwühlt alles. Dabei landen einige der schönen Exemplare leider auch auf dem Boden, wo sie sich stapeln.
Einige Regale und Ständer später hält uns die kleine Dame ein Kleid hin, von dem ich nicht einmal zu träumen gewagt hätte.
"Anziehen, anziehen!" , drängt sie mich und zeigt mir eine Umkleide.
"Los, los!"
Damit zieht sie den Vorgang zu und führt mit Ella Smalltalk. Drinnen hingegen hänge ich das Kleid erst einmal an einen Haken und bewundere es in aller Ruhe.
Es ist in einem wunderschönen, dunklen Rotton gehalten, über dem sich mehrere dünne Tüllschichten legen. Am Saum der obersten Schicht ist das Kleid in einem goldenen Ton gehalten, dass nach oben hin verblasst, was ein wunderbares Ombre erschafft. An der Taille ist ein schmaler Stoffgürtel genäht, der sich hinten zubinden lässt.
Ohne groß weiter zu staunen, beeile ich mich das Kleid anzuziehen und endlich den weichen Stoff an mir zu spüren und sehen.
"Ella?" , rufe ich mit dem Rücken zum Vorhang. Ich kann es nicht alleine schließen.
Ich spüre ihre weichen und warmen Hände am Stoff hantieren, bis sie noch einiges gerade rückt und mich umdreht. Ich will gerade etwas zu Ellas sprachlosem Gesicht sagen, als ich von der Verkäuferin gepackt und zu einem Spiegel gezerrt werde. Und das binnen weniger Wimpernschläge.
Ob die Ärmel das sind, was ich unter lang verstehe, darüber lässt sich noch streiten. Sie reichen bis zu meinen Handgelenken, ja. Aber das Kleid ist schulterfrei. Naja, fast. Immerhin ist jeweils eine halbe Schulter verdeckt. Doch frieren werde ich so sicher.
Dennoch weiß ich, dass es das Richtige ist. Andere mögen ja mehr auf Schlichtheit und schöne Modelle achten. Oder auf gar nichts. Aber ich liebe den ganzen Schnickschnack, das Funkeln und alles drum und dran. Liegt vermutlich an meiner Liebe zum Funkeln des Lichts.
Außerdem schmeicheln die Farben meiner Haut, auch wenn nur noch etwas von der goldenen Farbe sichtbar ist. Ich muss dringend wieder in die Sommersonne. Mein nächstes Reiseziel sollte definitiv auf Australien oder Afrika liegen. Oder wo auch immer während dem europäischen Winter Sommerwetter herrscht.
"Es ist wundervoll!" , quiekt Ella freudig in die Hände klatschend in Richtung der Verkäuferin. Diese lacht genauso fröhlich und stimmt meiner Adoptivmutter nickend zu.
"Ja, ja. Sehr schön an ihr. Schönes Mädchen, schönes Kleid. Perfekt."
Während wir drei das Kleid betrachten und strahlen, mache ich mich daran mich wie eine Märchenprinzessin zu drehen und zuzusehen, wie der Stoff sich wallt. Oh ja, ich bin definitiv ein kleines Mädchen, denke ich mir breit lächelnd.
Mit einem letzten Blick zu Ella verschwinde ich wieder in die Kabine, wo ich mich in aller Ruhe betrachten kann. Ohne es zu beabsichtigen, finde ich mich mit meinen Gedanken bei Eric wieder. Was er wohl davon hält? Ob ihm das Kleid auch gefällt? Ob ich ihm gefallen werde?
Noch im selben Moment verbiete ich mir jegliche Gedanken an den Kerl, der mich morgen ausführen soll, bevor ich völlig durcheinander gerate.
Schnell ist das Kleid ausgezogen (Möglicherweise möchte ich mich beeilen Zuhause anzukommen, um es gleich wieder anzuziehen), bezahlt und im Kofferraum verstaut.
"Danke!"
Ich werfe mich Ella fast schon an den Hals und drücke sie fest an mich.
"Danke Mom" , füge ich etwas leiser hinzu. Ich werde mich nicht vollkommen daran gewöhnen sie so zu nennen. Aber sie hat es verdient als Solche gesehen zu werden, deswegen werde ich mein Bestes geben sie als meine Mutter zu akzeptieren.
Sie ist diejenige, die die Umarmung unterbricht und mich ins Auto schiebt, um endlich loszufahren. Diesmal aber gewaltfreier, als noch vor ein paar Stunden.
Ich nehme mir vor irgendwann danach zu fragen, was mit ihr los gewesen ist. Denn immer wenn ich daran denke, stellen sich mir die Nackenhaare auf. Ella ist nie so vorsichtig, wenn es keinen bestimmten Grund dazu gibt. Und ich wäre nicht nervös, wenn sie mir die Wahrheit erzählen würde. Dass sie mir aber etwas, eine mögliche Bedrohung, verschweigt, macht mir zugegebenermaßen Angst. Angst, über die ich keine Kontrolle habe. Und das ist das Schlimmste, das einer Feuerfee passieren kann.AN:
Huhu :)
Ja, ich melde mich auch Mal. Aber nur, um zu sagen, dass ich versuche die Kapitel etwas länger zu gestalten. Nach einigem Überlegen was 'Elementris' angeht, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass ich vorerst versuchen will, alles in ein Buch zu packen. Da die Kapitelanzahl auf Wattpad allerdings beschränkt ist und die Story noch gar nicht richtig angefangen hat, (kleiner Spoiler am Rande :D) wird das ohne längere Kapitel nichts.
Lange Rede kurzer Sinn:
Die Kapitel werden länger und ich werde dementsprechend auch länger zum Schreiben brauchen. Zumal ich auch nicht jeden Tag dazu komme >_< Ich versuche trotzdem mein Bestes und hoffe, dass ihr trotzdem warten könnt :)
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Elementris (wird überarbeitet)
Fantasy»Sie kommen näher und näher. Mit ihnen die Kälte und die Dunkelheit. Alles auf ihrem Weg wird verschlungen, begraben, zerstört. Mein Blick ist starr nach vorne gerichtet und doch bemerke ich die steigende Nervosität der Feen hinter mir. Der Eine, de...