Die Geschichte von Sunrise Avenue und mir begann an einem Valentinstag. Ich hatte meine beste Freundin Elly gefragt, ob sie mit zu einem Sunrise-Ave-Konzert kommen würde und sie kam natürlich mit. Zusammen mit meiner Mum fuhren wir nachmittags aufgeregt los zum Konzert, nachdem wir uns bei mir Zuhause noch fertig gemacht hatten.
Kurz vor Einlass stellten wir das Auto auf dem Parkplatz vor der Konzerthalle ab und stürmten zum Eingang, wo schon eine kleine Menschenmenge stand und ungeduldig wartete.
Wir ergatterten uns einen möglichst guten Stehplatz, die Vorbands traten auf und dann kam endlich er auf die Bühne!
Er. Samu Haber.
Die Band spielte Unholy Ground an und Elly und ich genossen diesen wunderschönen Abend sehr.
Nachdem die Jungs wieder verschwunden waren, kauften wir noch jeweils ein Poster und dann waren wir viel zu schnell wieder in meinem Zimmer. Elly schaute mir belustigt zu, während ich mitten in der Nacht auf meinem Bett stand und versuchte, das Poster so leise wie möglich an meiner Wand zu befestigen. Als es endlich hing, gab ich dem bedruckten Papier schnell einen flüchtigen Kuss. Elly verdrehte die Augen: "Lou, es ist nur ein Stück Papier!" - "Ich weiß!" seufzte ich. "Mir wäre es auch lieber, er wäre in echt da..." - "Träum weiter!" schnaubte Elly und bewarf mich mit einem Kissen.
Als wir dann im Bett lagen, dachte ich daran, wie schön der Abend gewesen war. Gedankenverloren starrte ich auf mein Handy. Samu lächelte mich vom Display aus an. "Schlaf gut." murmelte ich und schlief ein.
Ein paar Wochen nach dem Konzert erzählte Elly mir, dass im Radio ein Schulkonzert von Sunrise Avenue verlost wurde. Ich flippte natürlich sofort aus: Samu und die Jungs in unserer Schule?! Oh mein Gott!
Als ich nach der Schule endlich daheim war, schaltete ich sofort das Radio ein. Meine Eltern waren mit meinem kleinen Bruder unterwegs, sodass mich niemand stören konnte. Nach nur einer halben Stunde kam erneut die Meldung wegen des Konzerts. Ich setzte mich mucksmäuschenstill auf mein Bett und drehte das Radio lauter. Mit zitternden Fingern griff ich zu meinem Handy, sah sein Lächeln auf meinem Hintergrund und wählte eilig die Nummer. Zunächst gelangte ich in eine Warteschleife, aber gerade, als ich anfing, mir Sorgen um meine Handyrechnung zu machen, hörte ich plötzlich meine eigene Stimme im Radio neben mir! Ich war durch Zufall ausgewählt worden und erzählte dem Moderator, der wissen wollte, warum ich die Finnen unbedingt an meiner Schule spielen sehen wollte, von dem Konzert und dass es meine Lieblingsband war.
Nachdem ich aufgelegt hatte, schwebte ich im Siebten Himmel. Samu Haber würde an unsere Schule kommen!!!
Ich konnte es noch gar nicht richtig begreifen.
Die letzten Schultage vor dem Konzert vergingen sehr langsam. Ich verhaute erst eine Mathe-, dann eine Physik- und letztendlich auch noch eine Geschichtsklassenarbeit. Aber wie sollte man vernünftig lernen und sich vorbereiten, wenn in ein paar Wochen Samu Haber samt Band hier auftauchen würde?!
Das Konzert sollte am Montag der letzten Schulwoche vor den Pfingstferien stattfinden. Am Morgen besagten Tages wünschte meine Mum mir viel Spaß und als ich mich mit Elly am Bahnhof traf, stand ich kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Das hier war so viel cooler als alles, was ich bisher erlebt hatte! "Bereit für deinen Schatzi?" fragte Elly mich grinsend, doch ich streckte ihr nur schnell die Zunge raus. Ich wusste ja, dass sie auch aufgeregt war, auch wenn sie es nicht zugeben wollte. Seite an Seite rannten wir zur Aula, wo gerade alles aufgebaut wurde. Es durften nur die Schüler und Schülerinnen aus unseren beiden Klassen kommen; der Rest hatte ab der 4. Stunde Unterricht.
Die Aula war noch recht leer; unsere Mitschüler waren noch nicht da, nur ein paar Techniker huschten gehetzt umher, um die Scheinwerfer richtig einzustellen und die Verstärker auf die Bühne zu schleppen. Eine junge Frau stellte gerade die letzte Stuhlreihe auf. Ich drückte Ellys Hand und zerrte sie hinter mir her in Richtung Bühne. "Fall' nicht in Ohnmacht!" riet sie mir lächelnd. Vor lauter Aufregung hüpfte ich strahlend auf der Stelle herum. Der Moderator vom Radio nahm in der letzten Stuhlreihe Platz, um nachher über das Konzert berichten zu können. "Sie sind gerade angekommen!" rief plötzlich ein fremder junger Mann von der Tür aus. "Kommt, wir müssen das Schlagzeug hoch holen." Die anderen Männer stöhnten auf und trotteten ihm dann im Gänsemarsch hinterher nach unten. Fast gleichzeitig stürzten Elly und ich ans Fenster und tatsächlich: mitten auf dem Lehrerparkplatz stand der Sunrise-Avenue-Bus! Davor standen ein paar Leute herum und einer von ihnen starrte angestrengt zu uns hoch. "Samuuuuu!" quietschte ich los und krallte meine Fingernägel in Ellys Arm. "Oh mein Gott, er kommt gleich hoch!" flüsterte ich aufgeregt. Meine beste Freundin grinste ebenfalls los. "Das wir das noch erleben..." scherzte sie. "Ja, ihn einmal richtig sehen und mit ihm reden..." sagte ich sehnsüchtig. Da wurde die Tür der Aula aufgerissen und wir fuhren beide herum, weil wir dachten, die Jungs würden endlich hochkommen, aber es waren nur die Typen von vorhin, die Samis Schlagzeug auf die Bühne schleppten. Mikros wurden aufgestellt und alle liefen geschäftig durcheinander. Niemand schien uns zu beachten und so blieben wir solange am Fenster stehen, bis unsere Mitschüler die Aula stürmten. Elly und ich retteten uns schnell in die vorderste Stuhlreihe. Allmählich schien alles zu passen und das Licht wurde gedimmt. Die Scheinwerfer wurden auf das Schlagzeug, sowie auf die Mikros ausgerichtet und plötzlich wurde es ganz still in der Aula. Elly strahlte mich an und ich musste einfach zurückgrinsen. "Ganz ruhig, Lou!" flüsterte Elly mir zu und biss sich auf die Lippe, damit sie nicht gleich wieder loskreischte vor Freude.
Fast hätten wir dann verpasst, wie Sunrise Avenue die Aula betrat.
Als erster ging Sami den Gang entlang, dicht gefolgt von Raul und Riku und...Samu! Mein Herzschlag setzte für einen Moment aus, als ich ihn sah. Er trug ein dunkelgraues Tanktop und es sah einfach nur gut aus. Dazu eine schwarze Röhrenjeans und diese coolen Schuhe, die Elly so abnormal liebte. "Oh Gott, die Schuhe!" flüsterte meine beste Freundin mir da auch schon zu und wenn ich nicht damit beschäftigt gewesen wäre, Samu anzustarren, hätte ich ihr einen vielsagenden Blick zugeworfen. Als ob nur seine Schuhe toll wären!
Er war mittlerweile auf der Bühne angelangt und grinste dieses unverkennbare Samu-Lächeln. Es kam mir so vor, als gälte es nur mir. Langsam strich er sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und dann trat er vor, umklammerte das Mikrofon und Sami fing an zu spielen. Schon nach den ersten Takten fieberten Elly und ich vollkommen mit. Der Boden vibrierte von dem Beat und dann erklang seine Stimme. Ich hörte ihn singen und es war, als würde er es nur für mich tun. Als er nach Fairytale Gone Bad und Letters in the sand dann Forever yours sang, wurde es mir so warm ums Herz, wie noch nie. In meinem Bauch kribbelte es wie verrückt und ich konnte mich gar nicht an ihm satt sehen: wie er sich lässig eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht strich und Riku kurz darauf eine Wasserflasche an den Mund hielt, während dieser tapfer weiter Gitarre spielte; egal, was er in den nächsten Stunden tat, es war einfach perfekt! Es schien mir als würde er jedes Mal, wenn er Forever yours sang, nur zu mir sprechen. Natürlich war mir klar, dass das nur Wunschdenken war und es auch immer bleiben würde, aber es tat trotzdem gut.
Mit Happiness beendeten Sunrise Avenue das Konzert. Alle unsere Mitschüler applaudierten und jubelten, aber sie waren längst nicht so begeistert wie Elly und ich.
Dann wurden die anderen wieder hinausgeschickt, damit sie in den Unterricht gehen konnten und auch der Radiomoderator machte sich aus dem Staub. Ich saß da wie gelähmt und konnte es nicht fassen. Das sollte es jetzt also gewesen sein..."Hey." meinte Elly tröstend. "Das nächste Konzert kommt bestimmt!" Ich nickte, aber trotzdem war ich traurig, dass ich Samu nun ein paar Monate nicht mehr sehen würde und nicht einmal mit ihm gesprochen hatte. "Glaubst du, wir kriegen noch Autogramme?" erkundigte Elly sich, aber die Finnen waren nirgendwo mehr zu entdecken. Enttäuscht setzte ich mich wieder auf einen Stuhl und vergrub mein Gesicht in den Händen. Ich merkte nicht mal mehr, wie sich die Aula allmählich vollständig leerte. Ich konnte die Tränen nicht mehr länger zurückhalten. Es war vorbei verdammt!
"Hey, nicht weinen, schönes Mädchen." sagte plötzlich eine vertraute und doch fremde Stimme in gebrochenem Deutsch hinter mir und zeitgleich legte sich eine warme Hand auf meinen Rücken. Erschrocken drehte ich mich um -und erstarrte! Da saß er, keinen Meter von mir entfernt und schaute mich aus blauen Augen an. "Samu..." flüsterte ich ungläubig und wischte mir die Tränen weg. "Hi." sagte er und schaute mich schief lächelnd an. "Lou?" fragte er und in seiner Stimme schwang Unsicherheit mit. Oh Gott, woher kennst du meinen Namen?! Mein Blick wanderte zu Elly, die ein paar Meter entfernt stand und mich anlächelte. "Wie fandest du das Konzert?" wollte Samu wissen und nahm seine Hand weg. "It was really amazing." bekam ich stotternd hervor. "Samuuuu?" Plötzlich kam auch noch Riku angelaufen. Auch er begrüßte uns freundlich und fragte dann, wo die Toiletten seien. Elly stand auf und meinte, sie würde es ihm zeigen. Erst als die beiden um die Ecke verschwunden waren, realisierte ich, dass ich gerade mit Samu alleine hier saß. "Hast du was zu schreiben?" fragte er mich plötzlich und lächelte schon wieder so unverschämt süß. Seine Anwesenheit schüchterte mich so dermaßen ein, dass ich nur ein leichtes Kopfschütteln zustande brachte. "Wait a minute!" rief Samu und sprang auf, um aus der Aula zu sprinten. Mein Herz schlug mir bis zum Hals, während ich so da saß und darauf wartete, dass Samu Haber (ich konnte es immer noch nicht glauben...) zu mir zurückkommen würde.
Als er wieder kam, war er mit einem Flyer und einem Edding bewaffnet und als er mir zuckersüß lächelnd den Flyer übergab, erkannte ich, was es war: darauf war ein Foto der Band zu sehen und darunter standen die Tourtermine der Sommertour. Und quer über das Blatt Papier stand etwas mit Edding geschrieben.
Eine Handynummer.