Kapitel 5

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Hideki konnte nicht schlafen. Unruhig wälzte er sich auf der dünnen Matratze herum, zog seine Beine eng an den Körper und streckte sie wieder aus. Sein Herz schmerzte dauerhaft und bewirkte, dass ihm leicht übel wurde. Der Grund für seine Unruhe war ein gewisser Junge mit überdurchschnittlicher Schönheit. Und dieser wollte ihn nicht.

Niemand wollte ihn.

Seit Stunden hallte Sakuranos Stimme in seinem Kopf herum. "Du musst mich vergessen." Wie konnte er das sagen? Erst gestern hatte er Hideki angeboten, netter zu ihm zu sein und jetzt... Wie sollte er jemanden vergessen, der seinen ganzen Körper so vehement einnahm? Jemanden, der so atemberaubend schön war, dass sich seine Visage noch nach Stunden in Hidekis Gedächtnis brannte?

Silbernes Haar. Blaue Augen. Glatte Haut. Er war ohne jeden Makel.

Und doch... Sakurano war so gegensätzlich wie Tag und Nacht. Er zog Hideki an, dann stieß er ihn wieder ab. Erst ließ er Hidekis Herz schneller schlagen, dann zerbrach er es erneut. Er war so unnahbar und fest wie eine Mauer aus Eis, doch gleichzeitig war er so zerbrechlich und fragil....

Was hatte Hideki erwartet? Dass dieser Gott von einem Jungen ihn wahrhaftig mögen könnte? Wo doch schon jeder Durchschnittsmensch Hideki verschmähte?

Ihm wurde übel. Sehr übel sogar, und so schlich er sich durch das dunkle, heruntergekommene Haus, bis er eine Schüssel fand. Mühsam spuckte sein Körper das Wenige aus, das Hideki zu sich genommen hatte. Der schale Geschmack in seinem Mund blieb allerdings.

Eklig. So eklig. Er selbst war eklig, das musste es sein!

Schnell machte er sich daran, das Erbrochene auszuspülen. Das spärliche Licht des Mondes zeichnete seine Umrisse auf das wenige Wasser.

Dunkel, schwarz. Wie ein Schatten.

"Nichts ist umsonst", murmelte er. Was war ein mickriger Junge wie er schon wert? Nichts. Er war nichts wert. Niemals könnte er den Preis bezahlen, um Sakuranos Herz zu gewinnen. Niemals. Tränen brachen aus ihm hervor und rannen über sein Gesicht. Er musste ihn vergessen.



Sakurano wartete im Regen an der Brücke. Die Chance war gering, sehr gering, doch er kannte keinen anderen Weg, um Hideki wiederzusehen. Sein Herz schlug unerwartet schnell vor Nervosität. Ob er noch eine Chance hatte, seine Worte wieder gut zu machen? Immerhin war er alles andere als nett zu Hideki gewesen. Regentropfen durchtränkten sein Haar und seine viel zu dünne Kleidung. Dies war bereits der dritte Tag, den er wartend verbrachte. Ab morgen wäre seine Chance vorbei.

Er hörte Schritte. Hoffnungsvoll sah er auf, und da kam er. Klein und mit gesenktem Kopf lief Hideki über die Straße. Seine Schritte waren langsam und er wirkte... gebrochen. Ob ihm etwas passiert war?

Ja. Du bist passiert, schimpfte er sich selbst aus. Glückwunsch.

Hideki sah nicht auf, er schien Sakurano kaum zu bemerken. Doch mit jedem Schritt wurde er zögerlicher und wirkte immer verlorener. Als er in Hörweite war, wagte Sakurano einen Versuch. "Sei vorsichtig. Du könntest hinfallen", sagte er leise. Hideki blieb stehen und sah überrascht auf. Seine Augen wirkten so leer und leblos. "S-Sakurano?", fragte er ungläubig. "Was... Du..."

"Ich bin ein Idiot. Selbstsüchtig und gemein", unterbrach Sakurano ihn. Der Regen sammelte sich in Hidekis Haar und tropfte auf seine Nase. "Aber..." Sakuranos Herz schlug schneller. "Ich will mich entschuldigen."

Hideki sah ihn verwundert an. "Du willst..." Der kleine Junge umklammerte seine Ärmel und seine Schultern bebten. "Du hast doch gesagt, ich soll dich vergessen..." Sakurano antwortete leise: "Ich wollte dich nicht noch mehr verletzen." Hideki schluchzte. "Dann hör auf, die ganze Zeit mit mir zu spielen! Du verletzt mich damit doch noch viel mehr!" Saku senkte den Blick. "Es tut mir leid".

Nun hatte er alles noch schlimmer gemacht. Der kleine Junge schüttelte verzweifelt den Kopf. "Warum bist du hier? Ich... Ich bin doch n-nichts wert", stammelte er traurig. Sakuranos Herz schnürte sich zusammen. "Ich..." Er holte tief Luft.

"Du hast gesagt, wenn ich jemals einen Freund brauche, wärst du für mich da. Und... Ich brauche jemanden."

Er sah Hide an. "Ich brauche dich, Hideki. Aber... Dadurch werde ich dir noch mehr wehtun." Hides dunkle Augen sahen ihn unsicher an. "D-du brauchst mich? Wofür? Warum auf einmal?"

Sakus Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. "Weil du der einzige Mensch bist, der... nett zu mir ist." "Nett?" Hideki wich zurück. "Du hast mich andauernd abgestoßen! Woher soll ich wissen, dass ich dir morgen nicht schon wieder zu schäbig bin?" Sakurano sah traurig auf seine Hände. "Ich weiß. Du musst es auch nicht. Nur... Solltest du jemanden brauchen... Dann weißt du ja, wo du mich findest." Er wandte sich ab und ging langsam von der Brücke. Zum ersten Mal hatte er etwas gewollt und war abgewiesen worden. Es schmerzte unerwartet stark.

"Warte." Hidekis Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. Sakurano blieb stehen und drehte sich um. Der kleine Junge sah ihn schüchtern an. "Ich... will mit dir befreundet sein. So sehr, dass es mich fast zerreißt. Auch... wenn du mir noch mehr wehtun wirst... Ich will doch nur von dir anerkannt werden."

Saku schnappte nach Luft. "Du willst?" Hide nickte zaghaft. Sakurano kam ein paar Schritte auf ihn zu. "Ich will dich auch. Zumindest glaube ich das. Aber ich habe Angst davor, dich zu verderben." Er hob seine Hand und sah auf sie herab. "Ich bin nicht normal. Meine Welt könnte bleibende Schäden an dir hinterlassen. Willst du mich trotzdem... Kennen lernen?"

Hidekis Herz hüpfte auf und ab. "J-ja. Ich will. Wenn ich dir gut genug bin." Saku lächelte leicht. "Wäre ich denn sonst noch hier?", fragte er. Hideki musste ebenfalls lachen. "Nein", stellte er fest. "Also... Sind wir Freunde?" Sakurano nickte. "Ja." Er lachte verzweifelt. "Ich hatte noch nie einen Freund und weiß gar nicht, wie ich mich verhalten soll."

Hide lächelte. "Sei einfach du selbst." Sakuranos blaue Augen sahen ihn an. "Das willst du nicht, glaub mir." Hideki nickte trotzig. "Doch! Also hör auf, dich zu verstellen und sag mir offen, was du denkst." Sakurano errötete ganz leicht. "Was ich denke? Ich... Will dich wiedersehen. Und du bist viel zu gut für mich, das denke ich."

Hideki schnappte nach Luft. "Was?" Augenblicklich wurde er knallrot. "D-dann werde ich morgen Abend wiederkommen. Und den Tag darauf auch!" Saku nickte glücklich. "Vielen Dank, Hideki-chan. Wirklich." Hidekis Herz setzte ein paar Schläge aus. Hideki-chan?! "I-ich muss los. B-bis morgen!" Eilig wandte er sich ab und rannte los, rutschte auf dem schlammigen Boden aus und fiel hin. Sakurano lachte. "Ich habe dich gewarnt! Bis morgen, Hideki. Mein Freund." Er sah zu, wie der Junge aufstand und winkend ging. Beide fühlten sich so unglaublich erleichtert.



So, das war die erste Hälfte dieser Geschichte. Von nun an werden einige Wendungen passieren - bleibt gespannt!

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