Von da an sahen sie sich fast täglich. Ihre Treffen beschränkten sich meist auf die Abendstunden und dauerten nicht lange, aber beide genossen die gemeinsame Zeit. Meistens aßen sie nur zusammen oder redeten über belangloses Zeug, doch es tat ihnen gut.
Der jeweils andere bildete einen Zufluchtsort für ihre Seelen. Wenn sie sich nicht sehen konnten, litten beide auf ihre Art. Hideki verzog sich in sein Zimmer und dachte still und heimlich an Sakurano, während dieser des Öfteren einkaufen ging oder sonstiges tat, um sich abzulenken. Trotzdem erfuhr Hideki so gut wie nichts über Sakuranos Beruf, seine Vorzüge oder sein Privatleben. Um genau zu sein, sagte Sakurano ihm kaum etwas. Er war ein begnadeter Zuhörer.
Der Winter zog vorüber und der Frühling kehrte in die japanische Kleinstadt zurück. Zartes Gras spross hier und da empor und die Temperaturen wurden angenehmer.
Im Frühling wurde jedes Jahr ein großes Fest mit Verkaufsständen, Essen und viel Programm veranstaltet, zu dem alle sozialen Schichten geladen waren. Es fand in den Vierteln der Oberschicht statt. Von Hidekis Zuhause war es ein weiter Weg bis dorthin, doch diesen nahm er liebend gerne in Kauf. Dieses Jahr würde er jedoch nicht beruflich dorthin gehen. Sakurano hatte ihn eingeladen. Ihn! Sie würden gemeinsam auf das Fest gehen. Er hatte das feinste angezogen, das er besaß - einen schwarzen Yukata mit dezenten weißen Mustern. Es war nichts Besonderes oder teureres, aber etwas anderes hatte er nicht. Außerdem mochte er den schlichten Stoff.
Nach mehreren Stunden Fußmarsch erreichte Hideki die Feststraße. Lautes Reden der Menschen schlug ihm entgegen. Geruch von Essen, das Licht der Lampions in den Bäumen. Mit klopfendem Herzen betrat er den Festbereich. Wo war sein schöner Freund? Sie hatten keinen genauen Treffpunkt ausgemacht.
Kurz darauf war er von Menschen umrundet. Männer, Frauen, Kinder. Edle Kimonos, einfache Yukatas, festlicher Schmuck neben einfachen Haarbändern. An diesem Abend fielen die unsichtbaren Barrieren zwischen den Ständen. Doch das war Hideki egal. Er brauchte keinen einzigen der Verkaufsstände und auch die anderen Menschen waren ihm egal. Er brauchte nur einen einzigen Menschen zum Glücklichsein. Und der war nicht da.
Verzweifelt lief Hideki durch die Menschenmengen und suchte nach dem auffällig weißen Haar und dem sanften Leuchten, das Saku meistens umgab. Wo war er bloß? Sein Herz zog sich eng zusammen. Sie hatten doch gemeinsam dieses Fest genießen wollen...
"Hideki" Sofort fuhr er herum und endlich sah er ihn. Sakurano kam durch die Menschenmassen auf ihn zugeeilt. Freudig kam Hideki ihm entgegen. "Sakurano! Da bist du ja endlich!" Zutiefst erleichtert hielt er mit etwas Abstand vor Saku an. Wie gut der Junge doch schon wieder aussah!
Wenn auch etwas ungewohnt: Anders als sonst trug sein Freund heute keine durchsichtigen Stoffe, sondern war in einen edlen rot-goldenen Yukata gehüllt, dessen aufwändige Muster mit Perlen verziert waren. Um die Schultern hatte er sich einen weißen Mantel gelegt und sein Haar zierte eine traditionelle Fuchsmaske. Die Lichter um ihn herum schienen durch seine Anwesenheit nur noch heller zu leuchten.
"Wow", hauchte Hideki und kam sich sofort minderwertig vor. Sakurano drehte sich galant im Kreis. "Gefällt es dir?", fragte er schmunzelnd. Hide nickte wie betäubt. "So etwas kannst du dir leisten?" "Ach, das war ein Geschenk", wehrte Sakurano ab. Ein Geschenk? Wer verschenkte denn solche Kleidung?!
"Du musstest doch hoffentlich nicht allzu lange warten, oder?", fragte er Hideki. Dieser schüttelte den Kopf. "Nicht sehr lange. Aber ich bin so froh, dass du endlich da bist!" Sakus Blick trübte sich ein wenig. "Ging es dir schon wieder schlecht?" Zaghaft nickte Hideki. Es war verrückt - kaum verließ sein Freund ihn für einen halben Tag, spielte Hides Körper verrückt und bekam sich erst dann wieder ein, wenn sie sich wiedersahen. Sakurano seufzte. "Egal. Komm, wir wollen den Abend doch nutzen, oder? Ich bezahle auch für dich." Hide sah ihn ungläubig an. "Schon wieder? Das musst du doch nicht." "Nichts ist umsonst, Hide-chan. Und du wirst früher oder später bezahlen, glaub mir." Saku zwinkerte und verschwand in der Masse. Eilig folgte Hide ihm. "Was willst du denn haben?", wurde er von Sakurano gefragt. "I-ich weiß nicht... Was gibt es denn alles?"
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Elysion
Romance"Er wusste nicht, was es war, noch hatte er es jemals zuvor gespürt, doch irgendetwas zog ihn in diese Richtung. Es wäre ja ohnehin kein großer Umweg, er würde über die Brücke gehen und dann..." Eine japanische Kleinstadt im 16. Jahrhundert. In eine...